Holocaust-Gedenktag: Sozialwissenschaftler klärt über die Spuren jüdischen Lebens im Calenberger Land auf

Rund 60 Interessierte verfolgen im Rahmen einer Veranstaltung der Siegfried-Lehmann-Stiftung den Vortrag von Peter Hertel

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Der Vorsitzende des Kuratoriums der Siegfried-Lehmann-Stiftung, Klaus-D. Richter (re.) und Stadtarchivar Eckard Steigerwald (li.) begrüßen den Referenten, Peter Hertel.

BARSINGHAUSEN (ta). Anlässlich des Holocaust-Gedenktages hatte die Siegfried-Lehmann-Stiftung zu einem Vortragsabend in das Gemeindehaus der Mariengemeinde eingeladen. Am Beispiel der Barsinghäuser Familie von Carl Seligmann referierte der Ronnenberger Theologe und Sozialwissenschaftler, Peter Hertel, über das jüdische Leben im Calenberger Land. Seit über 40 Jahren beschäftigt sich Hertel schon mit dem Thema Judentum, für das er lange Zeit im NDR-Hörfunk zuständig war.

IMG_5805Wie im übrigen Deutschland wurden Menschen jüdischen Glaubens im Calenberger Land auch in den Jahrhunderten vor dem Nazi-Terror diskriminiert und unterdrückt. Nahezu alle Berufe blieben ihnen schon im 18. und 19. Jahrhundert verwehrt, deshalb wurden sie größtenteils Kaufleute oder Schlachter. Ende des 18. Jahrhunderts heiratete der Hoken- und Viehhändler Samuel Seligmann die Gehrdener Jüdin Betty Abraham und erhielt einen Schutzbrief für Ronnenberg. Sie begründeten eine weitverzweigte Familie im Calenberger Land. Carl Seligmann heiratete 1897 in Barsinghausen die Sattlerstochter Alwine Levy und baute mit ihr eine gut gehende Schlachterei auf. Den folgenden Repressalien des 3. Reichs konnten aber auch die Seligmanns nicht standhalten, sie mussten zunächst ihr Geschäft aufgeben und verloren die Existenzgrundlage. Drei Kindern gelang die Flucht ins Ausland, während Carl Seligmann mit seiner zweiten Frau Fanny Nussbaum nach Hannover ziehen musste. Es folgte die Deportation nach Riga, wo sie unter Zwangsarbeit und Hunger litten. Von Carls acht Geschwistern kamen drei Brüder im Holocaust ums Leben. „Die Briefe der Familie aus dieser Zeit sind ein einzigartiges Zeugnis über die Verfolgung und Vernichtung der Juden“, betonte Hertel. Im Barsinghausen-Buch wurde auch die Geschichte der Familie Seligmann aufgeführt.

IMG_5802Foto: ta