Ist der CDU-Vorstoß für mehr Wohnbebauung nicht kostendeckend und bloß dem Wahlkampf geschuldet?

Genau das vermuten Nadine und Lars Mittendorf in einem offenen Brief an den CDU-Landtagsabgeordneten und Ratsmitglied Max Matthiesen

BARSINGHAUSEN (red). „Sehr geehrter Dr. Matthiesen,

mit Erstaunen verfolgen wir den plötzlichen Aktivismus der CDU-Fraktion zur zügigen Ausweisung neuer Baugebiete in Barsinghausen. Wir vermuten einen Zusammenhang mit der bis zum 31.12.2019 befristeten Änderung des Paragrafen 13b des Baugesetzbuches. Diese sieht vor, dass eine Umweltprüfung bei der Siedlungsentwicklung an Ortsrändern ebenso ausgesetzt wird wie der Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft. Damit entfällt insbesondere die Notwendigkeit, für sensible Außenbereiche mit Freiflächen geeignete Ausgleichsflächen zu schaffen. Des Weiteren kann ein Flächennutzungsplan im Nachgang zum Bebauungsplan geändert werden. Die normalerweise notwendige Prüfung, ob die Bebauung von Außenbereichsflächen verträglich und alternativlos ist, entfällt ebenso wie eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden. Mit Ihrem Antrag vom 08.08.2017 “Zügige Ausweisung von neuen Baugebieten für den Wohnungsbau in Barsinghausen” wollen Sie erreichen, dass auf freien Flächen möglichst viele Menschen, am besten in Geschossbauweise, untergebracht werden, vorrangig gegenüber der Astrid-Lindgren-Schule in Kirchdorf. Wir verstehen nicht, dass Sie, entgegen gängiger Expertenmeinung, die Versiegelung von freien Flächen und die Ansiedlung möglichst vieler Menschen für die beste Lösung zur Zukunftssicherung der Stadt Barsinghausen halten. Dadurch erreichen Sie nur, dass die Ortskerne weiter geschwächt und die Siedlungsränder zu Lasten der Zentren entwickelt werden. Dieses Vorgehen steht zudem in fundamentalem Widerspruch zu den aktuellen Zielen der „Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie – Neuauflage 2016” der Bundesregierung, die den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2030 auf unter 30 Hektar pro Tag reduzieren will. Die Verwaltung der Stadt Barsinghausen hat diese Problematik erkannt und in der Bauausschuss-Sitzung am 14.06.2017 in einer ausführlichen Präsentation thematisiert. Darin wurde u. a. auch darauf hingewiesen, dass derzeit bereits 480 baureife Grundstücke vorhanden sind. Des Weiteren darf bezweifelt werden, dass die von Ihnen erhofften Einnahmen durch die Ansiedlung neuer Bürger, die langfristigen Kosten für die neu zu schaffende Infrastruktur decken werden. Am Ende werden alle Bürger dafür bezahlen müssen. Auch diese Problematik hat die Verwaltung der Stadt Barsinghausen erkannt, denn in der Beschlussvorlage vom 18.08.2017 “Konzept zur Beteiligung Dritter an Infrastrukturkosten für Kinderbetreuungseinrichtungen” wird vorgeschlagen, Planungsbegünstigte an den Kosten der sozialen Infrastruktur zu beteiligen. Uns ist klar, dass Sie in Wahlkampfzeiten gerne jeden Cent der Förderprogramme aus Brüssel, Berlin und Hannover für sozialen Wohnungsbau annehmen und investieren möchten. Das erklärt Ihren plötzlichen Aktivismus. Vielleicht wäre es aber doch besser, in Ruhe und nachhaltig zu planen und auf die Empfehlungen von Städtebauexperten zu hören, um dann den kommenden Generationen eine lebenswerte Stadt am Deister zu hinterlassen.

Mit freundlichen Grüßen
Nadine + Lars Mittendorf“ – Barsinghausen

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