Jubiläen der Städtepartnerschaften: Politiker unterstreichen Bedeutung der europäischen Wertegemeinschaft

Heute fand in der KGS-Goetheschule eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Mont-Saint-Aignan, Brzeg Dolny und Kovel sowie mit den Europaabgeordneten, Gesine Meißner und Bernd Lange, statt

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BARSINGHAUSEN (ta). Im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten anlässlich der 50-jährigen Städtepartnerschaft Barsinghausens mit der französischen Stadt Mont-Saint-Aignan und der 15-jährigen Partnerschaft mit dem polnischen Brzeg Dolny stand heute eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aus den einzelnen Städten und mit zwei Europaabgeordneten auf dem Programm. Rund 100 Interessierte fanden den Weg in die Aula der KGS-Goetheschule, um zu hören, was die Politiker über die derzeitige Situation Europas zu sagen hatten. Moderator Jürgen Gansäuer, ehemaliger niedersächsischer Landtagspräsident, verwies darauf, dass Europa in den vergangenen 1000 Jahren noch nie eine dermaßen lange Phase des Friedens erlebt habe, wie nach dem 2. Weltkrieg. Außerdem erinnerte er an Karl den Großen, dem gemeinsamen Stammvater von Franzosen und Deutschen, und daran, dass ein geeintes Europa keine Erfindung der Neuzeit sei. Hinsichtlich der neuen Regierung in Polen äußerte Gansäuer aber auch Erstaunen darüber, dass Deutschlands östlicher Nachbar dabei sei, einen Teil der gewonnenen Freiheiten wieder preis zu geben. Sorge bereite ihm zudem, dass sich die Tonlage der polnischen Regierung gegenüber Deutschland verändert habe. Mont-Saint-Aignans Bürgermeisterin Catherine Flavigny unterstrich, Frankreich und Deutschland funktionierten wie ein Ehepaar, dass Hand in Hand für den Bau den zukünftigen Europas vorangehen müsse. Als große Schwierigkeiten ordnete sie die Flüchtlingsfrage und die Radikalisierung von Jugendlichen ein. Der Staat habe die Aufgabe, Flüchtlinge aufzunehmen, während die Bürgermeister für die Integration zuständig seien. Auch Barsinghausens Bürgermeister Marc Lahmann stufte die Partnerschaft mit Mont-Saint-Aignan als gelungen ein. Erfreulich sei, dass sich insbesondere viele junge Menschen, zum Beispiel in den Schulen, beteiligten. Das spiegele die gewachsene Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich und anderen Ländern wieder. Der ehemalige Bürgermeister von Brzeg Dolny, Marek Skorupa, erinnerte an die langsame Annäherung von Deutschland und Polen, wichtige Stationen seien der Kniefall Willy Brandts und die Solidarnosc-Bewegung gewesen. 1989 hätten die Polen dann ihr Recht auf Freiheit gewonnen, es folgten die Aussöhnung mit Deutschland, der Wiederaufbau der Städte und Dörfer und 2004 die Aufnahme in die EU. Hinsichtlich der jetzigen polnischen Regierung sagte Skorupa, das Land sei in einen westlich geprägten Teil und in einen weniger fortschrittlichen und von Frustration, Arbeitslosigkeit und Nationalismus geprägten östlichen Teil gespalten. Momentan sei der eher nationalistische Teil an der Regierung, wenngleich die Mehrheit der Polen in einem Europa der Zusammenarbeit sein wolle. Skorupa erinnerte aber auch daran, dass auch in Frankreich und Deutschland die Fremdenfeindlichkeit derzeit anwachse und dass Polen eine Millionen Ukrainer aufgenommen habe. Die Ratsvorsitzende von Barsinghausens ukrainischer Partnerstadt Kovel, Vera Fedosjuk, erklärte, die jüngere Geschichte des eigenen Landes habe eigentlich erst mit dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums begonnen. Dann habe es einen Wechsel zwischen westlich und östlich orientierten Strömungen gegeben, aber nun habe die Ukraine entschieden, den Weg in Richtung Europa zu gehen. Der jetzige Bürgerkrieg sei dann durch die Einmischung Russlands verursacht worden. Die FDP-Europaabgeordnete, Gesine Meißner, betonte, sie hoffe, dass die Europäische Union weiter halten werde. Wichtig hierbei seien das gemeinsame Wertegerüst und die Städtepartnerschaften. Europa sei derzeit in Gefahr, aber es lohne sich, zu kämpfen. Was ihr Angst mache, seien die nationalistischen Strömungen innerhalb der Mitgliedsländer. Es müsse darüber hinaus geschafft werden, die nach Europa kommenden Flüchtlinge besser zu verteilen, dazu müsse auch Polen seinen Beitrag leisten, so Meißner. Der SPD-Europaabgeordnete, Bernd Lange, plädierte ebenso für die europäische Zusammenarbeit und erteilte den nationalistischen Brillen eine klare Absage. Auf der Kippe stehe derzeit die Selbstverwirklichung in Freiheit und Demokratie. Mit Blick auf die Bedeutung der Städtepartnerschaften sagte Lange, Europa könne nur im gegenseitigen Austausch bestehen.

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Foto: ta