„Abschiebungen in das Kriegsland Afghanistan sind mit den Menschenrechten unvereinbar“

Vor dem Hintergrund der veränderten Asylrechtslage hatte der Verein „Horizonte“ afghanische Zufluchtsuchende in Barsinghausen zu einem Gesprächsabend eingeladen

GROßGOLTERN (red). Sechs afghanische Familien mit ihren Kindern und vier weitere afghanische Männer waren zum gemeinsamen Essen, zum Kennenlernen, zum Austausch von Informationen und zur Diskussion über aktuelle Fragen des Asyls auf Einladung des Barsinghäuser Menschenrechtsvereins „Horizonte“ gekommen. Monika Höning, Frank Roth und Jutta Volz betreuten die Gäste. Sie wurden dabei maßgeblich unterstützt von Rona Popal, die übersetzte und die auch vielfältige Kontakte zu diesen Flüchtlingen durch ihre Tätigkeit im Barsinghäuser FreiwilligenZentrum und durch die von ihr persönlich betreuten Familien hat.

Vier Frauen und zwei Männer bereiteten das leckere Mahl mit Reis auf afghanisch, Hühnchenfleisch und Gemüse für die insgesamt 25 Personen vor. In der großen Runde wurde gegessen und erzählt,während die Kinder bald vielerlei Anregungen im großen separaten Spielzimmer fanden.

In der ausführlichen Vorstellungsrunde wurden die Flucht-Schicksale dieser Menschen deutlich: Todesdrohungen der Taliban, wenn man ihnen nicht zuarbeitet; Todesandrohung wegen einer selbstbestimmten Liebe; Zerstörung der Häuser mit kompletten Verlust des eigenen Besitzes, Zerstörung des Dorfes und wiederholte Flucht vor den Todesschwadronen in verschiedene Gegenden von Afghanistan; Todesdrohung wegen Arbeit bei der US-Army oder den deutschen Streitkräften, … Dann die entbehrungsreichen Wochen der Flucht ins Ungewisse: Anfangs tägliches Hungerleiden und vielfältiger Tod um sie herum, den brutalen Schleppern ausgeliefert, Irrwege in Europa, viele Grenzen überwunden, schließlich und endlich Deutschland erreicht. Und dann erhielten sie vielfältige Unterstützung, für die sie sich ausdrücklich bedanken. Sie sind froh, in Freiheit und Sicherheit leben zu können. Aber andererseits warten sie dann für viele Monate mit täglichen Zweifeln, voller Bangen und voller Hoffnung auf die Entscheidungen der Ausländerbehörden. Für diejenigen, die erst kurz in Deutschland sind, gabe es dann per Film einen kurzen Überblick zur Verfahrensweise mit Anhörung/Interview, Anerkennung, Ablehnung, Abschiebung. Genug Gesprächsstoff – viele brachten ihre Erfahrungen ein. Einhellige Meinung der Versammelten war: Die Abschiebung in dieses Kriegsland mit bereits 11.500 zivilen Opfern in 2016 ist mit den Menschenrechten unvereinbar. 1,5 Millionen Binnenflüchtlinge irren im Land umher, eine Einteilung in „sichere“ und „unsichere“ Gebiete ist schlicht unmöglich. Auch eine der anwesenden Familien hat solche Irrfahrten in Afghanistan selbst erleiden müssen. Und: Die humanitäre Krise wird sich noch verschlimmern, weil z.B. von den 2,5 Millionen afghanischer Flüchtlinge in Pakistan im vergangenen Jahr 600.000 zwangsweise zurückgeschickt wurden und weitere Flüchtlingsmassen folgen sollen. Trotz allem Leid konnten sich alle an diesen gemeinsamen Stunden erfreuen. Sie verabredeten sich, zusammen mit Unterstützung des Vereins „Horizonte“, das afghanische Neujahrsfest „Nouruz“ am 20.März im Seminarhaus Goltern zu feiern.

Foto: privat