KIRCHENKREIS (red).
Bewusst nimmt der Kirchenkreis Ronnenberg mit dem Reformationsempfang am Vorabend des 31. Oktober gesellschaftspolitisch aktuelle und auch brisante Themen auf. „Angesichts der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten haben wir in diesem Jahr den früheren Friedensbeauftragten der EKD, Renke Brahms, eingeladen, um über den Frieden zu reden. Denn das scheint angesichts von Aufrüstung und Abschreckung wichtiger denn je zu sein“, meinte Superintendentin Antje Marklein in ihrer Begrüßung. Rund 100 Gäste in der Michaeliskirche hörten den Impulsvortrag des Pastors, der an das Motto der Friedensbewegung der DDR, „Schwerter zu Pflugscharen“ anknüpfte.
„Diese Friedensvision der Bibel ist nicht erfüllt, aber es motiviert Menschen, Partei zu ergreifen für die Schwachen. Es ist eine große Vision, die aber auch in der Wirklichkeit dazu geführt hat, dass enorme Mengen an Atomwaffen abgerüstet wurden und dass zum Beispiel Kindersoldaten befreit wurden und den Frieden wieder gelernt haben. Das ist nicht naiv, aber ein hartes Stück Arbeit auf dem Weg des Friedens“, machte Renke Brahms deutlich. Er ging auf die Idee des „gerechten Friedens“ ein, die derzeit wieder in der politischen Debatte steht und die von der EKD in ihrer Denkschrift im Jahr 2007 dokumentiert wurde. „In der Denkschrift werden vier Grundgedanken festgehalten. Frieden und Gerechtigkeit gehören demnach zusammen. Armut und Hunger sind immer auch Konflikttreiber. Auch Frieden und Recht gehören zusammen. Und Frieden bedeutet im ‚Shalom‘ ein umfassendes Wohlergehen in der Gesellschaft. Dazu gehören Freiheit und Vielfalt und der Abbau von Gewalt. Und viertens hat immer die zivile Friedenslösung Vorrang vor dem Einsatz von Polizei und Militär“, erklärte er. Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine unterstrich er das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine. „Waffen können ethisch gerechtfertigt sein. Der Schutz des Lebens darf nicht wertlos gegenüber den Stärkeren sein. Aber das Ziel müssen immer auch Verhandlungen sein“. Renke Brahms plädierte dafür, dass zivile Friedensfachkräfte weiterhin gefördert werden. Und dass darüber debattiert werde, wofür Geld ausgegeben werde. So sei es kontraproduktiv, wenn die Mittel für Freiwilligendienste wie geplant um ein Drittel gekürzt würden. „Wir müssen beraten, wie wir ein resiliente Gesellschaft werden. Dazu gehört auch Demokratieförderung für den Erhalt des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Und wir reden dabei nicht über ‚Kriegstüchtigkeit‘, wie zuletzt der Bundesverteidigungsminister“, betonte er und warb für eine differenzierte Debatte jenseits von Fake News und populistischen Schwarz-Weiß-Denken. In der anschließenden Diskussion mit den Gästen wurde die große Weite des Themas deutlich. Bewusst hatte der Referent angesichts der Komplexität den Blick auf den Nah-Ost-Konflikt außen vorgelassen, auch wenn dies in einer Frage angesprochen wurde.
Viel Beifall erhielt die Margarethenkantorei aus Gehrden unter Leitung von Kirchenkreiskantor Christian Windhorst mit „ihrem Gesang, in die Herzen hinein“, wie Superintendentin Antje Marklein sagte. Sie lud anschließend im Namen des Kirchenkreisvorstandes die Gäste zu Gesprächen und einem Imbiss ins Gemeindehaus der Michaelisgemeinde ein.
Fotos und Text: Freitag