Zur Befragung der Politiker konnte der Stadtmarketingverein „Unser Barsinghausen“ rund 80 interessierte Bürger im Zechensaal begrüßen
BARSINGHAUSEN (ta). So richtig an Fahrt hat der Bürgermeisterwahlkampf in Barsinghausen noch nicht aufgenommen. Beim ersten direkten Aufeinandertreffen aller Kandidaten herrschte eine sachliche und sehr höfliche Atmosphäre. Auf Einladung des Stadtmarketingvereins „Unser Barsinghausen“ stellten die Politiker sich und ihre Konzepte für Barsinghausens Zukunft vor. Zusammen mit rund 80 Besuchern konnte der Vereinsvorsitzende und Moderator, Hendrik Mordfeld, Nadin Quest von den Grünen, Wolfgang Pardey (parteilos), Henning Schünhof (SPD), Roland Zieseniß (CDU) sowie Alfons Holtgreve (UWG) auf dem Podium begrüßen. Gerade weil es in dieser Zeit Politiker nicht leicht hätten und nicht selten angefeindet würden, sei es schön, dass sich in Barsinghausen gleich fünf Kandidaten um das Amt des Verwaltungschefs bewerben würden. Außerdem komme der Kommunalpolitik eine besondere Rolle zu, denn hier seien die Handelnden am nächsten an den Bürgern dran, leitete Mordfeld den Gesprächsabend ein.
Schon im Vorfeld waren die Kandidaten über die Fragen aus drei Themenblöcken in Kenntnis gesetzt worden. Los ging es mit dem Wirtschaftsstandort Barsinghausen und der Wirtschaftspolitik. Dazu wollte Mordfeld auch wissen, wie der vergleichsweise hohe Gewerbesteuersatz in Barsinghausen einzuschätzen sei. Henning Schünhof erklärte, nicht zuletzt die Corona-Krise habe gezeigt, welcher Stellenwert einer funktionierenden Wirtschaft zukomme. Für die Zukunft gelte es, die heimischen Betriebe zu stärken und neue hinzu zu gewinnen und dies sollte am besten über einen Wirtschaftsrat, in Kooperation mit der Region Hannover und mit einem hauptamtlichen Wirtschaftsförderer geschehen. Zudem sollte die städtische Homepage stärker auf die Fragen und Bedürfnisse der Unternehmen hin ausgerichtet werden. Eine Änderung bei der Höhe der Gewerbesteuer sei aber in naher Zukunft eher unrealistisch. Wolfgang Pardey betonte, die Stadt brauche die Einnahmen aus der Gewerbesteuer, um beispielsweise Schulen und andere Projekte finanzieren zu können. Gerade die Corona-Krise zeige, dass die Höhe der Gewerbesteuer gerechtfertigt sei. Dass künftig eine volle Kraft im Rathaus für die Wirtschaftsförderung zuständig sein solle, begrüßte Pardey. Auch Nadin Quest unterstrich, dass eine starke lokale Wirtschaft hinsichtlich der Steuereinnahmen gebraucht werde. Für die nächsten Jahrzehnte müsse sich Barsinghausen stärker vernetzen und mit innovativen Konzepten am eigenen Wirtschaftsstandort arbeiten. Gebraucht würden eine Förderung von Start-Up-Unternehmen und nachhaltige Ansiedlungskriterien. Eine Prognose, in welche Richtung sich die Gewerbesteuer entwickeln werde, vermied Quest. Der Wirtschaftsstandort Barsinghausen müsse ausgebaut werden, meinte Roland Zieseniß, denn ohne Arbeit könnten die Menschen nicht vernünftig leben. Man müsse die örtlichen Firmen stärken, neue Betriebe ansiedeln und zusätzliche Gewerbegebiete schaffen. Auch daher sei die Einrichtung einer vollwertigen Stelle für die Wirtschaftsförderung so wichtig. Die Innenstadt sei grundsätzlich nicht schlecht aufgestellt, sollte aber um einen „Frequenzbringer“ und einen Vollsortimenter bei Volkers Hof/Breite Straße aufgewertet werden. Und zum Bereich beim ehemaligen Bühre-Gelände sagte Zieseniß, auch hier könnte ein Geschäft für die Nahversorgung angesiedelt werden. Auf eine Zusatzfrage zur Parkplatz-Situation in der Innenstadt antworteten die Kandidaten wie folgt. „Muss jeder mit dem Auto in die Innenstadt kommen“, entgegnete Quest mit einer Gegenfrage. Zieseniß sagte, die Schaffung neuer Stellflächen sei bei Volkers Hof und auf dem jetzigen Gelände der Bert-Brecht-Schule möglich. Schünhof erklärte, es würden keine zusätzlichen Parkplätze benötigt, vielmehr sollten Alternativen zum Autoverkehr, wie Busse und gute Radwege, vorgehalten werden. Und Pardey betonte, sollte die Ansiedlung eines Vollsortimenters bei Volkers Hof realisiert werden, müssten da natürlich neue Parkplätze geschaffen werden. Wie kann man die Ortsteile stärken und wie entwickeln sich diese in den nächsten 20 Jahren, lautete der nächste Themenschwerpunkt. Zieseniß sagte, man müsse das Beste aus Barsinghausen rausholen, Wohnflächen für verschiedene Ansprüche und Altersklassen schaffen und möglichst Geschäfte für die Nahversorgung in den Ortsteilen vorhalten. Der ÖPNV müsse weiter ausgebaut werden, genügend Kita-Plätze geschaffen werden und vielleicht auch ein städtisches Wohnbauunternehmen gegründet werden, so Zieseniß, der zudem der Einführung eines Tempolimits (30 km/h) in den Ortsteilen nicht abgeneigt ist, um für mehr Verkehrssicherheit zu sorgen. Quest meinte, man müsse in Barsinghausen den Sanierungsstau beheben, zügig die neue Wilhelm-Stedler-Schule bauen und den Charme der Ortsteile mit ihren sehr aktiven Feuerwehren erhalten und stärken. Flankierend sollten Zukunftsworkshops stattfinden, ein richtiges Jugendparlament ins Leben gerufen und Institutionen, wie der Seniorenrat, einbezogen werden. Im Bereich von Kitas und Schulen sei Tempo 30 einzuhalten und es müssten mehr Geschwindigkeitsmesstafeln eingesetzt werden. Zur Nordstadt sagte Quest, dass Viertel könne mit Förderprogrammen zur Sanierung von alten Häuser attraktiver gestaltet werden. Pardey wiederum brachte für die Zukunft einen kostenfreien ÖPNV ins Spiel, denn so könne man die Autos aus den Städten bekommen. Daneben sollten Dorfgemeinschaftshäuser gestärkt beziehungsweise angestrebt werden, eine ärztliche Versorgung auch auf den Dörfern ermöglicht und ein Jugendcafé in der Innenstadt geschaffen werden. Damit Autofahrer vorsichtiger und langsamer durch die Ortschaften führen, würde sich das Konzept von grünen Ortseinfahrten anbieten, so Pardey. Schünhof plädierte für eine dezentrale Infrastruktur im Bereich der Kindergärten und Schulen, welche natürlich auch vernünftig ausgestattet sein müssten. Um diese Ziele zu erreichen, wolle er das Thema als Bürgermeister zur Chefsache machen und einen Lenkungskreis bilden. Ferner sollten die Feuerwehren als „Säulen des Ehrenamts“ gestärkt sowie Ehrenamtliche generell besser eingebunden werden, um die Ortsteile attraktiv zu erhalten. Schünhof erinnerte auch daran, dass die Geschwindigkeitsmesstafeln auf Initiative der SPD hin zum Einsatz gekommen seien. Er sprach sich ferner für die Ausweitung von Tempo-30-Zonen und mehr Querungshilfen aus. Welche Spielräume brauche ein Bürgermeister, um erfolgreich gestalten zu können, lautete die abschließende Frage. Generell sollte ein Bürgermeister neutral sein, so Pardey, und wenn dieser im Rat keine Mehrheit hinter sich habe, so müsse man eben über Kompromisse zu Entscheidungen kommen. Darüber hinaus benötige die Stadt zusätzliches Personal und sollte auch das eigene Ausbilden weiter forcieren. Zieseniß betonte, der Rat und der Bürgermeister sollten Partner sein und vertrauensvoll miteinander agieren. Zudem müsse der Verwaltungschef aber auch ein neutraler Ansprechpartner sein und Zusagen auch einhalten. Zum Personalmangel im Rathaus sagte Zieseniß, das sei ein Problem. Man müsse in der Ausbildung von neuen Kräften neue Wege gehen, um Menschen für die Stadt zu gewinnen. Der Bürgermeister sei kein Kanzler, sondern solle Ratsbeschlüsse umsetzen, unterstrich Schünhof. Es sei klar, dass die Stadt neues Personal benötige, aber in der jetzigen Situation müsse man erst einmal schauen, was man mit der geringen Personalstärke erreichen könne. Und Nadin Quest war sich sicher, dass eine Bürgermeisterin ohne Ratsmehrheit keinesfalls zum Scheitern verurteilt sei. Vielmehr müsse man über Vertrauen zu Lösungen kommen und natürlich müsse auch für mehr Personal in der Verwaltung gesorgt werden.
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