Bürgermeisterkandidaten stehen der FDP und den Bürgern Rede und Antwort

Keiner will flächendeckend Tempo 30 einführen und alle plädieren für mehr Bürgernähe

BARSINGHAUSEN (ta). Der FDP-Stadtverband hatte die Bürgermeisterkandidaten und rund 50 interessierte Bürger gestern zu Gast im Zechensaal. Durch den Talkabend führte der Parteivorsitzende, Norbert Wiegand, wobei auch Fragen aus dem Publikum vorgesehen waren. Los ging es aber mit einer ganzen Reihe von Themen, die von den Liberalen vorgegeben waren und zu denen die Kandidaten Stellung nehmen sollten. 1. Wie sollten sich die Stadtwerke Barsinghausen künftig entwickeln? – Dazu sagte Grünen-Kandidatin Nadin Quest, die Stadtwerke sollten durchaus neue Geschäftsfelder erschließen und natürlich ihre Eigenständigkeit bewahren. Auch seien die Stadtwerke dafür geeignet, die E-Mobilität mit neuen Ideen voranzubringen. Die Eigenständigkeit der Stadtwerke werde von niemand in Frage gestellt, betonte Roland Zieseniß (CDU), zudem müsse aber auch die Wirtschaftlichkeit der Gesellschaft gewährleitet sein. Tätig werden könnten die Stadtwerke eventuell auch als Energieerzeuger durch den Betrieb von Windenergieanlagen mit Bürgerbeteiligung. Henning Schünhof (SPD) erklärte, da das defizitäre Deisterbad von den Stadtwerken betrieben werde, sei es mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit unumgänglich, dass die Stadt diese Verluste ausgleiche. Außerdem seien die Stadtwerke bestens geeignet, die E-Mobilität und die Solarenergie in Barsinghausen voranzubringen. Der parteilose Kandidat, Wolfgang Pardey, sagte, die Stadtwerke hätten mit den bestehenden Geschäftsfeldern schon gut zu tun, weiterhin möglich wäre aber ein Engagement im Bereich der Stromgewinnung. 2. Wie kann in Barsinghausen neuer Wohnraum geschaffen werden? – Schünhof plädierte dafür, vorhandene Wohnbaugebiete weiter zu verdichten. Darüber hinaus komme die Stadt aber nicht umhin, auch den Bau von Geschosswohnbauten zu fördern, um erschwinglichen Wohnraum zu realisieren. Pardey sagte, für zusätzlichen Wohnraum sollte man bestehende Siedlungslücken und keine Freiflächen nutzen. Beispielsweise in der Nordstadt sei auch Modulbauweise möglich. Zieseniß erklärte, man müsse sowohl in den Ortsteilen als auch in der Kernstadt bedarfsgerechte Angebote für die Menschen schaffen. Für bezahlbaren Wohnraum habe der Rat ja schon eine Quote festgelegt. Er sprach sich auch für die Ausweisung neuer Wohnbaugebiete, wie am Bullerbach, bei der Bert-Brecht-Schule oder auch in Kirchdorf aus. Quest sah insbesondere bei den Themen bezahlbares Wohnen und sozialer Wohnungsbau Handlungsbedarf – hier sei die Quote das richtige Instrument. Darüber hinaus sollte aber auch das klimaschonende Bauen beachtet werden.

3. Wie stehen die Kandidaten zu Stein- bzw. Schottergärten? – Hier müsse zuerst aufgeklärt werden, so Roland Zieseniß, andererseits gäbe es in Niedersachsen bereits Regeln, nach denen Schottergärten unzulässig seien. Die Versiegelung von zusätzlichen Flächen sei generell ein Problem, lasse sich aber bei neuen Gewerbegebieten auch nicht gänzlich vermeiden. Dass sich eine Versiegelung von Flächen bei Gewerbeansiedlungen nicht vermeiden lasse, betonte auch Henning Schünhof. Bei Privatgärten sollte man einen zulässigen Prozentteil von sogenannten Schotterbereichen festlegen, Verbote seien aber nicht das richtige Mittel. „Absolut fürchterlich“ findet Nadin Quest sogenannte Schottergärten, solche Gärten sollten möglichst untersagt werden. Das Verbieten derartiger Gärten oder das Festlegen eines Grünflächenanteils seien mögliche Mittel, an erster Stelle sollte aber die Überzeugungsarbeit stehen, so Wolfgang Pardey. 4. In welche Richtung sollte sich der ÖPNV in Barsinghausen entwickeln? Dazu sagte Quest, man müsse genau schauen, an welchen Stellen Verbesserungsbedarf bestehe. Der bestehende Stadtbus sei wichtig für Barsinghausen, möglich wäre hier aber der Einsatz von On-Demand-Bussen. Außerdem sollten mehr Elektro-Busse auf den Straßen verkehren. Zieseniß gab zu bedenken, dass die Region Hannover und nicht der Bürgermeister von Barsinghausen den ÖPNV gestalte. In den letzten Jahren sei die S-Bahn-Verbindung besser und das Bussystem schlechter geworden. Er sei dafür, das Bus-On-Demand-System auch nach Barsinghausen zu holen. Als „ausbaufähig“ stufte Schünhof den ÖPNV ein. Für den Stadtbus sollte eine neue Linienführung erarbeitet werden, zudem wäre das On-Demand-System ein denkbare Lösung. Der Stadtbus sei gut, so Pardey, sollte aber auch die Gewerbegebiete mit den Geschäften einbinden. Teilweise würde in manchen Bereichen und auf manchen Strecken auch der Einsatz von kleineren Bussen ausreichen. 5. Auf die Frage, ob in Barsinghausen flächendeckend Tempo 30 eingeführt werden sollte, antwortete keiner der Kandidaten mit Ja. 6. Wie muss es mit der Digitalisierung weitergehen? – Dazu Nadin Quest: Die Förderprogramme für die Schulen seien da, aber eben auch mit viel Bürokratie verbunden. Seitens der Stadt sollten in Zukunft sehr viel mehr Online-Angebote vorgehalten werden. Zieseniß meinte, der digitale Ausbau im Schulbereich müsse beschleunigt werden und das schnelle Internet in alle Ortsteile und Gewerbegebiete gebracht werden. Darüber hinaus sei die Digitalisierung im Rathaus auf den Weg gebracht worden. Auch für Schünhof ist die Digitalisierung der Schulen vorrangig. Dörfer dürften bei der Internetversorgung nicht abgehängt werden, hier gäbe es noch „blinde Flecken“. Zudem sollte das digitale Arbeiten im Rathaus verbessert werden. Jedes Kind braucht einen Laptop, das Hauptproblem bei der Digitalisierung seien die Schulen, betonte auch Pardey.

7. E-Mobilität: Hier gäbe es viel viel zu tun, betonte Pardey. Die E-Mobilität sei unweigerlich im Kommen, stelle aber seiner Meinung nach nur eine Übergangslösung hin zu Wasserstoffantrieben dar. Man sollte den Umstieg der Bürger auf E-Mobilität ermöglichen und genau schauen, was wo gebraucht werde, so Quest. Neuerdings sei das Aufladen von E-Fahrzeugen ja auch mit einem Produkt der Stadtwerke möglich. Die E-Mobilität sei das erklärte Ziel der Bundesregierung, „aber wir hinken hinterher“, so Schünhof. In Barsinghausen sollte das Netz von E-Ladesäulen ausgebaut werden, darüber hinaus hätten Eigenheimbesitzer auch die Möglichkeit, ihre Fahrzeuge zuhause mit Strom zu betanken. Die E-Mobilität sei eine Brückentechnologie, jetzt müsse man schauen, wo die E-Ladesäulen gebraucht würden, sagte Zieseniß. Generell müsse man aber auch überlegen, wo denn der ganze Strom für viele E-Autos herkommen solle. 8. Wie bringt man die Wirtschaft und damit auch die städtischen Finanzen voran? – Es sei ganz klar, dass Barsinghausen bei der Gewerbesteuer die Einnahmen erhöhen müsse, so Zieseniß, gleichzeitig müsse es aber auch darum gehen, vor Ort zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, denn so ließen sich die Wege zur Arbeit verkürzen. Man müsse also neue, innovative Unternehmen gewinnen, den Bestand an Firmen schützen und fördern und darüber hinaus auch Raum für Start-Ups schaffen. Das heimische Wirtschaftsaufkommen sei vor allem hinsichtlich der Gewerbesteuer noch steigerungsfähig, daher sollten zukunftsträchtige Unternehmen nach Barsinghausen geholt werden, unterstrich Quest. Dabei sollten Start-Ups und auch eher unkonventionelle Geschäfte berücksichtigt werden. Wirtschaftlich gehe vor Ort noch mehr, denn man wolle ja auch die Wünsche der Bürger, wie den Erhalt der Bäder, auch künftig erfüllen, sagte Wolfgang Pardey. Über den neuen Wirtschaftsförderer müssten direkte Gespräche mit potentiellen Firmen geführt und Klinken geputzt werden. Barsinghausen sei aber auch eine Tourismus-Stadt, daher sollte bei der Ansiedlung von neuen Gewerben auch die Natur im Auge behalten werden. Henning Schünhof erinnerte daran, dass es in Barsinghausen auch Industriebrachen gäbe, diese vorhandenen Flächen sollten ebenfalls für Neuansiedlungen genutzt werden. Die Stadt sollte allerdings nicht zu viele Logistiker ansiedeln, denn hier gebe es in der Regel eher wenig Arbeitsplätze und auch der Ertrag bei der Gewerbesteuer sei eher gering. Eine Ansiedlung, wie von VW in Bad Nenndorf, würde auch Barsinghausen gut zu Gesicht stehen, so Schünhof, der außerdem betonte, zur Steigerung der Attraktivität der Innenstadt gelte es alle zur Verfügung stehenden Fördertöpfe zu nutzen. 9. Sind (große/hohe) Windkraftanlagen eine Gefahr für das Grundwasser? Roland Zieseniß betonte, die Stadt sei nun einmal verpflichtet Vorranggebiete für Windkraft auszuweisen. Aber mit Blick auf den Grundwasserschutz und die zu geringen Abstände zur Wohnbebauung wolle man keinen Windpark zwischen Egestorf und Langreder. Pardey erklärte, die Wasserversorgung in Barsinghausen werde durch den Neubau des Wasserwerks gesichert, negative Auswirkungen auf das Grundwasser durch den Bau von Windenergieanlagen vermochte er nicht zu erkennen. Dazu Schünhof: Die Größe von Windkraftanlagen könne durchaus Auswirkungen auf den Grundwasserkörper haben. Für die Entwicklung der Windenergie seien intelligente Lösungen und die Beteiligung der Bürger nötig. Nadin Quest sprach sich für den Bau von Windenergieanlagen aus – eine Beeinflussung des Grundwassers sei nicht erkennbar. 10. Was wäre für die Kandidaten die wichtigste Aufgabe, wenn er oder sie zum Bürgermeister oder zur Bürgermeisterin gewählt werden würde? – Roland Zieseniß dazu: Dringendstes Problem sei die Schaffung von genügend Plätzen in der Kinderbetreuung. Außerdem wolle er sich die Abläufe im Rathaus genau anschauen. Wolfgang Pardey erklärte, ihm gehe es um eine kollegiale Zusammenarbeit und Bürgernähe. „Und ich muss lernen.“ Henning Schünhof will den Menschen zuhören und Lösungen für die Bürger finden. Die Verwaltung und damit auch der Bürgermeister seien Dienstleister. Nadin Quest will die Mitarbeiter in der Verwaltung mitnehmen und motivieren, „damit es funktioniert.“.

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