Auf Einladung des Kirchenkreises referierte gestern der Islamwissenschaftler, Professor Mouhanad Khorchide, in der Petrusgemeinde
BARSINGHAUSEN (red). Einen höchst informativen und vor allem unterhaltsamen Vortrag über islamische Theologie erlebten am Donnerstag, 25. Februar, viele Gäste in der Petrusgemeinde. Der Professor für islamische Religionspädagogik, Mouhanad Khorchide aus Münster, war als Referent vom Bücherhaus Am Thie und dem Kirchenkreis Ronnenberg eingeladen worden. Khorchide ist Autor mehrerer Bücher, zuletzt ist „Gott glaubt an den Menschen“ erschienen. „Woher weiß man, dass Gott uns vertraut?“, fragte er und entwickelte von dort aus seine Gedanken. So habe Gott den Menschen nach der Schöpfungsgeschichte im Koran als „Kalifen“, als Stellvertreter Gottes geschaffen. Anders als die skeptischen Engel vertraute Gott den Menschen und haucht ihm seinen Geist ein. „Damit wurde den Menschen Göttliches eingehaucht und schon von Geburt an haben wir eine Sehnsucht nach der Transzendenz“, erklärte er. Nachdem Adam – anders als Eva in der biblischen Tradition – vom Baum der Erkenntnis aß, vergibt Gott ihnen und lässt sie auf der Erde weiterwirken. „Es gibt keine Sanktionen, keinen Sündenfall. Der Mensch sollte von Anfang an auf der Erde wirken, im Bewusstsein der eigenen Freiheit“, sagte der Theologe. Gott greife demnach auch nicht direkt ein, sondern wirke durch den Menschen. „Damit verwirklicht der Mensch als Medium die Intentionen Gottes“. Gott als der Absolute brauche die Menschen als Gegenüber, um seine Liebe und Barmherzigkeit zu zeigen. Religiöse Rituale, wie zum Beispiel das Fasten im Ramadan, dienten nicht dazu, Gott zu verherrlichen, sondern seien für die Menschen da. „So nimmt sich der Mensch eine Auszeit, reflektiert sich selbst. Gott ist kein Buchhalter, der abhakt, wie oft und intensiv jemand betet“, betonte er. Gott hat sich auf die Menschen eingelassen und sich im Koran offenbart. „Wo ich Liebe und Barmherzigkeit begegne, da begegne ich Gott“. In der Diskussion ging Khorchide auch auf die Frage nach der Gewalt im Islam ein. Er plädierte dafür, den Koran im historischen Kontext zu lesen und nicht auf die heutige Zeit im Wortlaut zu übertragen. So wolle ja auch keiner ernsthaft, auf das Auto zu verzichten, nur weil dieses im Koran noch nicht als Transportmittel bekannt gewesen sei. Auch in der Bibel gäbe es Texte, die nur aus dem historischen Kontext zu lesen seien. „Indonesien ist der Staat mit der höchsten muslimischen Bevölkerung. Wäre der Islam gewalttätig, müsste es dort auch am meisten Gewalt geben. Das Problem sind eher fehlende Demokratien oder politische Maßnahmen“, erklärte er. Zu fragen sei auch, welche Werte die westliche Welt vermittle. „Wir brauchen auch eine Wertedebatte in der Außenpolitik, in der es um die Wahrung von Menschenrechten geht. Wir machen es uns zu einfach, wenn wir Waffengeschäfte mit Ländern unterstützen, die nicht als Demokratien zu bezeichnen sind“, meinte er.
Die Veranstaltung fand im Rahmen des Jahresthemas „Interreligiöser Dialog“ im Kirchenkreis Ronnenberg statt. Pastorin Bettina Westermann-Buße begrüßte in Vertretung von Superintendentin Antje Marklein mehr als 100 Gäste in der Petrusgemeinde. Sie freute sich über die große Resonanz auf die Einladung. „Wir wollen mit den anderen ins Gespräch kommen und nicht über den anderen. Das trägt zum Verständnis bei und hilft auch, Vorurteile zu überwinden und ist damit ein Schritt zum Frieden“, sagte sie. Auch im Islam werde über Theologie gestritten. Sie sei bei der Lektüre des neuen Buches von Mouhanad Khorchide berührt von einigen Gedanken gewesen. „So weit ist es nicht weg“, meinte sie mit Blick auf die eigene Profession. Die Eintrittsgelder zur Veranstaltung sollen einem Projekt für Geflüchtete zugutekommen.
Fotos und Text: Freitag