BARSINGHAUSEN (red).
Es war ein ganz besonderes Konzert, das am Freitag zur Finissage der Ausstellung „Dann war auf einmal Schluss“ über die Schließung des Tenneco-Werks in Barsinghausen stattfand. „Die Grenzgänger“ waren der Einladung des Kulturvereins Krawatte gefolgt und präsentierten Stücke aus ihrem 35-jährigen Bühnenprogramm. Es waren Lieder, die zum Thema der Werksschließung und zum Appell an die „soziale Verantwortung“ passten, und somit der bemerkenswerten Fotoausstellung einen würdigen Abschluss bereiteten.
Die Grenzgänger sammeln Volkslieder quer durch Stile und Jahrhunderte und tragen viele Lieder aus dem Fundus politischen Liedgutes vor, das sich mit Demokratie und Freiheit beschäftigt. Darunter sind viele kämpferische aber auch melancholische Lieder aus dem ersten Weltkrieg und den 20-iger Jahren, welche die 4 Musiker*innen völlig neu interpretieren und virtuos vortragen. Manches erkannte das begeisterte Publikum gleich wieder, manches war aber auch überraschend neu wie z.B. die Vertonung eines Gedichts von Karl Marx. Bezeichnenderweise beendeten die Grenzgänger ihr Konzert mit der „Ode an die Freude“, wobei sie da schon längst die Herzen der Zuhörer*innen erobert hatten. Denn einige der Lieder könnten heute wieder gut auf den Straßen gesungen werden, um gegen die Wiedererstarkung faschistischen Gedankengutes aufzubegehren. Und spätestens mit dem Brechtlied „Und weil der Mensch ein Mensch ist…“ erkannte jeder wie aktuell diese Lieder sind, und wie hochpolitisch diese geschichtliche Zeitreise der Grenzgänger ist.
Mit viel Applaus und stehenden Ovationen dankten die Konzertbesucher*innen dem Liedermacher Michael Zachcial für seine interessanten geschichtlichen Einordnungen vor jedem Stück und der Band für das wundervolle musikalische Zusammenspiel und damit für einen unvergesslichen Abend. Ein Satz auf der Internetseite der Grenzgänger beschreibt ihre Motivation sehr gut: Welche Kultur braucht es in diesen Zeiten? Erinnern wir uns in Liedern und Gedichten an wichtige Stationen unserer Geschichte und wagen es, neue Utopien zu denken und zu träumen. Wer diesen Abend verpasst hat, kann sich ihre Lieder im Internet anhören, auf einen Auftritt Ende Juni in Hannover warten oder sich auf ein weiteres Konzert in der Kulturfabrik Krawatte freuen. Sie werden wiederkommen, soviel steht auf jeden Fall fest.
Text: Kulturverein Krawatte / Fotos: Sabine Freitag