„Eine radikale Reform des Verfassungsschutzes ist nötig“

Auf Einladung von „Barsinghausen ist bunt“ referierte Horst Lahmann, Fachbereichsleiter des Landesamtes zur Prävention gegen Rechtsextremismus

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Horst Lahmann vom Amt für Verfassungsschutz (li.) und Wilfried Gaum von „Barsinghausen ist bunt“

BARSINGHAUSEN (ta). Über die Unterscheidung von Links- und Rechtsextremismus referierte gestern Abend Politologe Horst Lahmann vom Niedersächsischen Verfassungsschutz in der Mariengemeinde. Rund 30 Interessierte waren der Einladung des Bündnisses für demokratische Miteinander – gegen Rechtsextremismus „Barsinghausen ist bunt“ gefolgt und stellten im Anschluss an den Vortrag kritische Fragen.

Extremismus sei kein statischer Begriff, sondern werde von der jeweiligen gesellschaftlichen Mitte definiert. Die Demokratie brauche einen Selbstschutz, der sei im Grundgesetz verankert. Während der Rechtsextremismus einen eigenen Forschungsstand darstelle, lägen vergleichbare Studien zum Linksextremismus kaum vor, gleichwohl werde eine Gleichsetzung von Links- und Rechtsextremismus von der Wissenschaft mehrheitlich als problematisch angesehen. Deutliche Unterscheidungen der beiden Extremismusformen seien in den Gleichheits- und Freiheitsbegriffen festzustellen, so Lahmann. Parteiverbote würden dann wirksam, wenn eine aktive kämpferische Haltung mit dem Ziel, die freiheitlich-demokratische abschaffen zu wollen, gegeben sei. Zum NPD-Verbotsverfahren sagte Lahmann, hier seien inzwischen genügend Material und Argumente für die Bewertung durch das Bundesverfassungsgericht gesammelt worden. Sorge bereite ihm aber nach wie vor, dass Rechtsextreme Jugendliche gezielt anzuwerben versuchten. Barsinghausen sei trotz eines NPD-Stützpunktes aber kein ausgesprochenes Zentrum des Rechtsextremismus, sagte Lahmann. Als Lehre aus dem NSU-Skandal, den der Verfassungsschützer als größten politischen Gau der Bundesrepublik bezeichnete, müsse eine radikale Reform der Behörde her. Die jetzigen Erkenntnisse zum Rechtsextremismus würden im Landespräventionsrat und in einer Wanderausstellung umgesetzt.

Zu einem kritischen Einwurf aus dem Publikum, dass der Verfassungsschutz den NSU finanziert und viel zu spät als Gefahr begriffen habe, räumte Lahmann arge Fehlanalysen ein: „Hier ist viel schief gelaufen.“

 

Foto: ta