Energiekrise, Mobilität und Tariflöhne: Landtagskandidaten stellen ihre Konzepte vor

Podiumsdiskussion: Rund 80 Interessierte folgten der Einladung der Gewerkschaften / Beim Thema Atomkraft lagen die Positionen teilweise weit auseinander

V.li.: Sebastian Dietrich (FDP), Dirk Tegtmeyer (LINKE), Gerold Papsch (CDU), Claudia Schüßler (SPD) und Jan Pfalzer (Grüne)

BARSINGHAUSEN (ta). Auf Einladung des DGB-Orts- und Kreisverbands sowie der angegliederten Gewerkschaften stellten gestern Abend in der Kulturfabrik Krawatte fünf Kandidaten für die am 9. Oktober anstehende Landtagswahl ihre Konzepte, Ideen und politischen Positionen zu aktuellen Themen vor. Rund 80 interessierte Besucher verfolgten die Podiumsdiskussion sowie die Statements und spendeten mal mehr und mal weniger Applaus. Moderator und DGB-Kreisverbandsvorsitzender Reinhard Nold stellte den Vertretern der Parteien Fragen zu verschiedenen Themenblöcken – anschließend wurden auch noch Anliegen und Fragen aus dem Publikum beantwortet.

Für die SPD erklärte Claudia Schüßler, die seit 2017 im Landtag vertreten ist, es habe sie sehr gefreut, dass es in der Region Hannover für Hannovers Umlandkommunen mit den Fördergeldern zur Belebung der Innenstädte geklappt habe. Auf diesen Erfolg habe die eigene Fraktion hingearbeitet. Zum drängenden Thema Energieversorgung sagte sie, die Diskussion zur Stärkung der erneuerbaren Energien habe es schon in den 80er Jahren gegeben. „Mit dem Verbrennen von fossilen Energieträgern kommen wir nicht weiter“, betonte Schüler, die die aktuelle Debatte über längere Laufzeiten von Atomkraftwerken als Scheindebatte bezeichnete. Zur drohenden Schließung des Federal Mogul-Werks in Barsinghausen sagte Schüßler, dieses Szenario wäre schlimm für die Beschäftigten. Unternehmen hätten die Pflicht, über neue Produkte nachzudenken, um Werke zu erhalten. Beim Thema Mobilität bekräftigte Schüßler die Zustimmung der SPD für ein 365-Euro-Azubi-Ticket für den ÖPNV. Darüber hinaus sollten auch Demand-Busse in der Region gefördert werden, erste Versuche in einzelnen Kommunen seien erfolgreich verlaufen. Auf die Frage nach tariflichen Vereinbarungen beim Entgelt von Arbeitnehmern unterstrich die Landtagsabgeordnete, die SPD stehe natürlich zu Tarifverträgen. Aufträge der öffentlichen Hand könnten auch verstärkt an das Vorhandensein solcher Verträge gekoppelt werden.

Gerold Papsch von der CDU bewirbt sich zum ersten Mal um ein Mandat im Landtag. Vor dem Hintergrund der jetzigen Krise brauche man die Energiewende, müsse in erneuerbare Energien investieren und zudem sei die eigene Partei dafür, jetzt drei deutsche Atommeiler weiterlaufen zu lassen, denn Putin werde den Gashahn wohl komplett zudrehen. Niedersachsen als Autoland müsse mit Blick auf die Arbeitsplätze Spitzenreiter in der Wasserstofftechnik werden. Ein vergünstigtes Azubi-Ticket für Bus und Bahn werde aus seiner Sicht kommen. Die lokalen Betriebe seien auf mobile Fachkräfte angewiesen, zudem sollte man bestehende ÖPNV-Verbindungen weiter verbessern. Für gute Arbeit müsse es guten Lohn geben, betonte Papsch. Tarifverträge seien auch für kleinere Betriebe von Bedeutung.

Jan Pfalzer, Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen, warf der CDU vor, jahrelang beim Thema Energieversorgung „gepennt“ zu haben. Fotovoltaikanlagen seien sehr rasch in großer Zahl möglich – entscheidend seien hier die richtigen Fördermaßnahmen. Auch die Industrie in Deutschland und die Anforderungen an die Beschäftigten würden einem Wandel unterliegen, daher müssten verstärkt Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Beschäftigte und Fachkräfte stattfinden. Zum Thema Mobilität sagte Pfalzer, hier seien ein Azubi-Ticket und Verbesserungen im ÖPNV im ländlichen Raum nötig. Unter anderem müsse in „Ringverbindungen“ zwischen den Kommunen investiert werden. Die Tarifbindung bezeichnete der Grünen-Politiker als wichtig, entsprechende tarifliche Verträge sollten auch auf kleine und mittelständische Betriebe ausgeweitet werden. Dem Absinken der Reallöhne könnten nur funktionierende Tarifverträge entgegenwirken.

FDP-Kandidat Sebastian Dietrich bezeichnete die Unterrichtsversorgung in Schulen als Desaster und sprach sich hinsichtlich der Energiekrise wie die CDU für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken aus. Außerdem sprach er sich für die Realisierung von Gas-Fracking in Niedersachsen aus. Atomkraft und Fracking seien nötig, denn die Energiefrage entwickle sich zunehmend zu einer Preisfrage. Im Bereich Mobilität sollte man nicht nur auf Elektroautos setzen, sondern auch die Wasserstofftechnik voranbringen. Das Azubi-Ticket wolle die FDP fördern und sich zudem für Investitionen in die ÖPNV-Infrastruktur einsetzen. Arbeit müsse sich für die Menschen lohnen. Viele Betriebe, zum Beispiel im Handel, würden schon jetzt mehr bezahlen, als dies die Tarifverträge vorsähen, denn in vielen Bereichen würden verstärkt Arbeitnehmer gesucht.

Der Kandidat der LINKEN, Dirk Tegtmeyer, forderte eine Reformierung der kommunalen Finanzen und stufte den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken als zu risikoreich ein. Deshalb müsse die Energiewende jetzt noch schneller vorangetrieben werden. Zur drohenden Schließung bei Federal Mogul sagte er, noch könne man mit Verbrennermotoren Geld verdienen. Im Mobilitätssektor müsse die ÖPNV-Struktur verbessert werden, sonst würden die Leute verstärkt mit dem Auto fahren. Generell fordere die Linke eine stärkere Bindung an Tarifverträge. Löhne und Renten in Deutschland müssten steigen, betonte Tegtmeyer.

Fotos: ta