Erstaunlich, wie viele schöne und ortsbildprägende Bäume es in Barsinghausen gibt“

Gestern Abend hat der NABU-Stadtverband in der Stadtsparkasse die Ausstellung „Mein Freund – der Baum“ mit Fotografien von Elke Steinhoff und Wilhelm Böhm eröffnet

V.li.: Die NABU-Fotografen, Wilhelm Böhm und Elke Steinhoff, eröffnen zusammen mit Stadtsparkassendirektor Reinhard Meyer die Ausstellung.

BARSINGHAUSEN (red/ta). Wenn sie da sind, nimmt man ihre Präsenz als gegeben und selbstverständlich hin. Aber wo sie fehlen, werden sie schmerzlich vermisst. Gestern Abend hat der NABU Barsinghausen in der Hauptgeschäftsstelle der Stadtsparkasse eine Ausstellung mit 145 Fotografien von Bäumen eröffnet. Zusammen mit Stadtsparkassendirektor Reinhard Meyer konnten die NABU-Vorsitzende, Elke Steinhoff, und Naturschützer Wilhelm Böhm eine ganze Reihe interessierter Gäste begrüßen. Es sei schon erstaunlich, wie viele schöne und ortsbildprägende Bäume es in den Ortsteilen von Barsinghausen gebe, meinte Steinhoff, die die Fotostrecke zusammen mit Böhm erstellt hatte. In ihrer Rede sagte sie: „Wo wollen wir leben: in grünen Oasen oder in Steinwüsten? Jetzt, 2018, widmen wir uns den Bäumen, auch ein wichtiges Thema zum Erhalt der Artenvielfalt und für ein gutes Leben und Wohnen in und mit der Natur. Bäume sind für unser Überleben auf dem Planet Erde ökologisch unverzichtbar. Sie sind überaus wertvoll und zumeist wunderschön. Bäume schaffen Räume, Oasen, Lieblingsplätze. Bäume gliedern, gestalten, schmücken, verzieren, mildern ab, sie gleichen aus. Für das Stadtklima sind Stadtbäume unerlässlich. Bäume verwandeln Kohlendioxid in Sauerstoff um, sie reinigen und filtern die Luft, sie halten Staub- und Schadstoffe fern, Bäume wirken temperaturausgleichend, in der Sommerhitze kühlen sie die Luft, im Winter mildern sie scharfe Ostwinde ab und bilden Wärmeinseln, sie erhöhen die Luftfeuchtigkeit, Bäume dämpfen den Lärm und halten Immissionen fern, Bäume an Straßen wirken verkehrsberuhigend, sie mindern die Geschwindigkeit und sorgen für mehr Sicherheit. Bäume sind Staubsauger, Schallschlucker, Luftbefeuchter, Sauerstoffliefereanten.

Bäume sind Kunstwerke und natürlich wirkende Therapeuten. Sie beruhigen, laden ein, beleben, bringen Farbe, heben die Stimmung und machen glücklich. Jeder, der schon einmal mit sorgenschwerem Kopf unter Bäumen spazierengegangen ist, kennt das belebende Gefühl frischen Grüns und fühlt sich hinterher besser. Nachweislich fördert der Anblick von Bäumen die Genesung Kranker gegenüber einem monotonen Anblick auf kahle Mauern und Wände. Wege und Dächer unter hohen, alten Bäumen sind ein Sinnbild von Schutz, Wärme und Behaglichkeit. Kampf gegen Hausbäume – Bäume als Ärgernis, Hindernis, Ursache von Arbeit: Oftmals aber beobachten wir heute einen Kampf gegen Hausbäume, sie werden als Ärgernis und Hindernis angesehen. Bäume stören bei Bebauungen, sie machen Arbeit bei der Pflege und beim Laubharken, sie haben einen  Schatten. Als Resultat freigesägter Grundstücke erleben wir nackte Häuser, kahle Grundstücke, leere und ausgeräumte Grundstücke. Auch baumfreie Straßen oder Wege sind wenig einladend, hier fühlt man sich verloren, schutzlos und unwohl. Der Mensch sucht und braucht Abwechslung und belebende Strukturen. Das Gehen und Fahren unter Bäumen bringt eine wohltuende, angenehme Stimmung. Abstellplätze für Krüppelgrün im Koniferenland: Früher erwartete man von Bäumen, dass sie in stolze Höhen wachsen sollten. Heute zahlt man jeden Preis für Krüppel- und Pinschergrün. Diese Bonsais wachsen geknickt, gebeugt, gekrümmt, gestaucht, kriechend, krauchend, und vermeintlich pflegeleicht erfordern sie doch oft ständige Rückschnitte. Besonders Nadelgehölze wirken, starr, steif, leblos und sehen zu allen Jahreszeiten gleich aus. Minigehölze, winzige Immergrüne, deren Heimat ferne Länder und ganz andere Klimazonen sind, wachsen hier bei uns nur mit viel Gift und Spezialdünger. Für die Natur sind sie wertlos. Keine Biene, kein Schmetterling, kein Vogel kann mit diesen Koniferen leben. Oftmals müssen diese Pflanzen auch noch mit Folien und Schottersteinen am Boden zurecht  kommen. Auch das Bodenleben ist hier total zerstört: kein Platz für Regenwürmer, Käfer oder Schmetterlinge. Die vielfältige Farbigkeit der Fahreszeiten fehlt völlig. In Neubaugebieten findet man viele dieser seelenlosen Vorgärten ohne richtige Bäume. Grautöne herrschen vor, passend zu den modernen Wohnsilos und Schwarz-Weiß-Kartons. Warum hat dieser Modetrend nur so viele Anhänger gefunden? Viele dieser Neubaugebiete wirken stereotyp, phantasielos, einheitlich – hier will man schnell vorbei und weg. Die Straßen, Wege und Zufahrten sind oftmals eher Pisten und Abstellplätze geworden: versiegelt, asphaltiert oder zugeschottert, dabei abwaschbar, pflegeleicht, steril und pieksauber. Manchmal sind sie aber auch nur Stellplätze für Fahrzeuge oder Müllcontainer. Leider werden aber auch immer mehr traditionelle schöne , grüne Vorgärten mit Hausbäumen in Schotterwüsten umgebaut, private und öffentliche „Grünstreifen“  verwandeln sich zunehmend in „Graustreifen“ mit Minipflanzen oder Gräsern. In alten Dörfern, um Kirchen herum, auf Bauernhöfen, Gütern und auf großen Grundstücken findet man noch am ehesten das alte, vertraute Idyll, phantasievolle Architektur und die Vielfalt der Häuser, Gärten, Wege und Plätze mit Vögeln, Schmetterlingen und Bienen. Aber auch die „Grünflächen“ der Gewerbegebiete werden zunehmend „pflegeleicht“ ausgebaut:  auch sie wirken oftmals hässlich, trostlos, staubig, laut, giftig, tot und ohne Leben. Gesunde Arbeitsplätze, in denen man gerne schafft, sehen anders aus. Jeder, Privatleute wie die öffentliche Hand, trägt Verantwortung für seinen Besitz, für unser Stadt- und Dorfbild, und jeder hat die Möglichkeit mitzuwirken, Bäume zu schützen, zu erhalten, neu zu pflanzen: Eigentum verpflichtet. Aber auch Bürger/Innen ohne Grundbesitz können sich engagieren, in Privatinitativen, bei Umweltverbänden. Oder sie rufen mal bei Politikern oder der Verwaltung an, wenn sie etwas ändern wollen. Man kann auch selbst mal  Hand anlegen, einen Baum spenden oder öffentliches Grün pflegen oder mitbetreuen. Nach den letzten Stürmen sorgten sich viele Menschen um ihre Sicherheit, Bäume wirkten plötzlich bedrohlich und gefährlich, wenn sie im Kronenbbereich auseinander brachen oder umstürzten. Vorsorglich sollen nun viele Bäume gefällt werden, bevor Schäden passieren. Dabei geht natürlich die Verkehrssicherheit vor, das ist klar. Aber man sollte objektiv prüfen, ob ein Baum wirklich gefährlich ist oder ob er nicht doch noch standfest  ist. Nicht mehr standfeste Bäume kann man auch mal zurückschneiden, das geht gut bei Buchen, Weiden, Linden und Ahornbäumen. Oder nicht haltbare Bäume kann man als Torso oder Totholz stehen lassen, als natürliches Insektenhotel. Werden alte Häuser abgerissen, Grundstücke neu vergeben und zur Bebauung freigegeben, so wird oftmals die Fläche rigoros und rücksichtslos freigesägt, damit absolute Planungsfreiheit herrscht. In der Rehrbrinkstraße z.B. entsteht  neu auf einem alten Gartengrundstück das Projekt „Wohnen im Rehrbrinkpark“. Kurz zuvor aber wurden erstmal alle 4 Großbäume im Randbereich(!!!) abgeholzt. Von „Park“ kann keine Rede mehr sein. Allzu leicht und häufig also werden Bäume heute zu gering geschätzt, Grünflächen wie Spielplätze oder nicht genutzte Flächen werden gerade in Barsinghausen leichtfertig aufgegeben, Bäume, selbst im Randbereich, werden gefällt mit dem Ziel: Parkplätze zu schaffen. Der NABU reicht regelmäßig Stellungnahmen ein zu Bebauungsplänen, oder bei der Umwidmung von Spielplätzen zu Baugrundstücken oder Parkflächen. Wir bitten dabei um die Aufnahme und den Schutz des vorhandenen Baumbestands, leider fast immer vergeblich. Die meistens stereotype Antwort der Verwaltung, bestehend aus ständig gleichen Satzbausteinen, lautet dabei regelmäßig: Auf den Baumbestand können wir keine Rücksicht nehmen. So werden aus grünen Oasen in der Stadt versiegelte, immer gleich aussehende Parkplätze, ein Jammer. Der NABU möchte Mut machen zum Gegenlenken, zum Baumschutz und Baumerhalt. Wir wünschen uns auch eine Baumschutzsatzung, um willkürliche und unnötige Fällungen zu verhindern. Wir wünschen uns mehr Wertschätzung für Bäume, die viele Jahrzehnte alt sind, die vielleicht sogar einen ortsbildprägenden Charakter, also eine lange Geschichte haben. Damit wir in einem gesunden Wohnumfeld leben und arbeiten können, mit Bäumen als gute, vertraute Nachbarn und Freunde. Der NABU wird sich dafür stark machen und hofft auf Verstärkung aus der Bürgerschaft, der Verwaltung und der Politik“, so Steinhoff. Die Ausstellung „Mein Freund – der Baum“ kann noch bis Ende Mai in der Stadtsparkasse besucht werden.

Foto: ta