Es ist Balzzeit: Liebeswerbung mit dem Presslufthammer

REGION (red).

Der Buntspecht ist Niedersachsens häufigste Spechtart. – Foto: Peter Trentz/www.naturgucker.de

Wer derzeit im Wald spazieren geht, sollte nicht nur die Augen, sondern auch die Ohren offen halten, denn die Balzzeit der Spechte ist in vollem Gange: Vor allem Bunt- und Schwarzspecht markieren jetzt akustisch ihr Revier. Im Gegensatz zu Singvögeln, die oft mit abwechslungsreichem und melodiösem Gesang um eine Partnerin buhlen, ist der Balzruf der Spechte eintönig. Oft wird nur eine Silbe wiederholt, zum Beispiel das „Ki-ki-ki-ki“ des Kleinspechts. Neben dem Balzruf verfügen Spechte noch über eine andere, weithin hörbare Lautäußerung: Das Trommeln. „Hier bin ich“ signalisiert diese Revieranzeige. Sie dient einerseits der Brautwerbung, ist aber zugleich den männlichen Rivalen eine Warnung, dass dieses Territorium bereits besetzt ist. Die Trommelplätze der Spechte befinden sich dabei normalerweise nicht weit von der Bruthöhle entfernt. Am häufigsten hört man in unseren Wäldern das Trommeln des Buntspechts, denn er ist in Niedersachsen flächendeckend verbreitet.

Eingebauter Stoßdämpfer: Faszinierend ist die beim Trommeln angewandte Technik: Mit rund 20 Schlägen pro Sekunde hackt ein Specht mit seinem Schnabel auf den Resonanzkörper ein. Jeder Schlag entspricht einem Aufprall mit rund 25 Kilometern pro Stunde. Die dabei wirkenden Bremskräfte sind gut hundert Mal so stark wie bei landenden Astronauten. Dennoch bekommt der Specht vom Trommeln keine Kopfschmerzen. Denn der Spechtschnabel ist so gebaut, dass die Kraft des Schlages abgefangen wird und die Knochenhülle des Gehirns ist stärker als bei anderen Vögeln. Außerdem befindet sich zwischen Schnabel und Schädel so etwas wie ein Stoßdämpfer: Beide Teile sind federnd verbunden, und dabei wird die Stoßenergie in Drehenergie umgewandelt. Schwarz- und Buntspecht suchen sich für ihre Balztrommelei gerne hohle Stämme. Im urbanen Raum wurden auch schon Buntspechte beobachtet, die Nistkästen oder gar Sirenen als Schallverstärker für ihre Brautwerbung wählten – Hauptsache ein guter Resonanzboden! Insbesondere im dichten Wald und für Arten, die wie der Schwarzspecht große Reviere besetzen, ist es notwendig, dass der Klang über eine große Entfernung zu hören ist. So trägt das Trommeln des Schwarzspechts bis zu drei Kilometer weit – es erinnert ein wenig an das Geräusch eines Presslufthammers.

Jeder Specht trommelt anders: Erfahrene Ornithologen können die heimischen Spechtarten am Trommeln unterscheiden. Denn die Trommelwirbel differieren in Rhythmus, Länge, Schlagzahl der Wirbel und der Lautstärke. So klingen etwa die knurrenden, oft unterbrochenen, sehr langen Trommelwirbel des Kleinspechtes ganz anders als die kurzen Wirbel des Buntspechts. Allerdings lassen sich nicht alle Spechtarten auf diese Weise identifizieren, da zum Beispiel Mittelspecht und Grünspecht nur selten trommeln. Den Grünspecht erkennt man viel leichter an seinem charakteristischen, lachenden Ruf, der Mittelspecht wiederum lässt sich anhand seines markanten Quäkens bestimmen. Übrigens trommeln auch weibliche Spechte – allerdings seltener und leiser als ihre männlichen Artgenossen. Nach einer ausgiebigen Balzzeit beginnt die Brutsaison der Spechte ab April: Dann werden die kunstvoll in die Bäume gehämmerten Bruthöhlen zu Kinderstuben. Oft finden diese Höhlen auch ‚Nachmieter‘ wie Meisen, Stare oder Fledermäuse.

Foto: Peter Trentz/www.naturgucker.de