BARSINGHAUSEN (red).
„Mit soviel Resonanz haben wir nicht gerechnet“ meint Michael Frank, einer der Fotografen kurz vor der Eröffnung. Der Saal in der Kulturfabrik Krawatte ist voll, die vorhandenen Stühle reichen bei weitem nicht aus, um allen einen Sitzplatz zu bieten. Die Ausstellung, die das Ende des Werks zur Ventilherstellung von Tenneco dokumentiert, lockt viele Kolleginnen und Kollegen in die Krawatte und es ist deutlich zu spüren, dass sich alle auf ein Wiedersehen freuen, haben sie doch viele Kämpfe und eine gemeinsame Vergangenheit hinter sich.
Die sehr emotionalen und persönlichen Redebeiträge trafen die Stimmung im Saal und wurden mit viel Beifall honoriert. Ingo Arlt von der IG Metall Hannover erinnert sich, dass sein Vater bei Teves gearbeitet hat, in dem Werk, das schließlich Ende 2022 geschlossen wurde. „So wird die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft sehr persönlich!“
Pia Pachauer, ehemalige IG Metall-Sekretärin und Betriebsbetreuerin des Werks, betont die besondere Bedeutung der kampfbereiten und -erprobten Belegschaft, und erinnert an die gemeinsamen Sommer- und Kinderfeste. Mit Tränen in den Augen erinnert sie sich an die letzte Belegschaftsversammlung, bei der das Ende des Werks schon in der Luft lag.
Sie bedankt sich bei den Fotografinnen Dörte Apel, Karin Briefs sowie den Fotografen Michael Dunst, Jürgen Sakschewski, Günter Schölzel und Michael Frank dafür, dass sie mit ihren Fotos an diesen Kampf und das Werk erinnern.
Özkan Turan, Betriebsratsvorsitzender von Tenneco, erinnert alle nochmal an die gemeinsam durchgestandenen Kämpfe und die letzte Niederlage gegen diesen „Turbokapitalismus, in dem Investmentfirmen völlig losgelöst von den realen Werken über die Zukunft allein nach Profiterwartungen entscheiden, die gegenwärtig bei ca. 15 % des Umsatzes liegen“. Und gleichzeitig bleiben, so Turan, viele Freundschaften und sogar Ehen, die über die gemeinsame Arbeit im Werk entstanden seien. „Und die kann uns niemand nehmen“, stellt er am Ende fest.
Begleitet von den Klängen der Gruppe „Spätlese“ machten dann viele die Runde und betrachteten die tollen Fotos von Menschen und Maschinen aus dem Werk. „Ja, ganz genau, das ist das soziokulturelle Zentrum, in dem sich die Kolleginnen und Kollegen von vor Ort treffen und sich bei einer Fotoausstellung an gemeinsame Kämpfe erinnern“, meint Bärbel Cronau-Kretzschmar am Ende der Veranstaltung. Die ganze Zeit nutzten viele die Gelegenheit für ein Pläuschen nach so vielen Monaten, in denen man sich nicht gesehen hatte. Und schon sind drei Stunden um und keiner hat’s gemerkt, so kurzweilig war die Eröffnung.
Fotos: privat / Text: Michael Pöllath