Henrike Wahl übernimmt als neue Äbtissin im Barsinghäuser Kloster

BARSINGHAUSEN (red).

Die Puzzleteile aus verschiedenen Lebensstationen und spirituellen Erfahrungen fügen sich für Dr. Henrike Wahl nun zusammen: Seit 1. März ist sie die neue Äbtissin im Kloster Barsinghausen. „Als ich im Juni letzten Jahres von der Stellenausschreibung erfuhr, dachte ich zunächst, ‚das ist viel zu hoch‘, doch dann habe ich eine große Anziehung gespürt und mich an verschiedene Schlüsselmomente erinnert“, sagt die 47-Jährige im Gespräch im Konventssaal. Unter anderem waren da die Erfahrungen aus neun Monaten klösterlichem Mitleben in Wülfinghausen im Jahr 2019, oder ein Workcamp in Frankreich, in dem sie als 17-Jährige bei Ausgrabungen an einer alten Klosteranlage half oder die tiefen spirituellen Erfahrungen schon als Konfirmandin. „Als ich 2017 erstmals für drei Tage in Wülfinghausen war und dort über die Klosterschwelle trat, ‚da ist etwas passiert mit mir‘. Ich falle also nicht mit nichts ins Amt der Äbtissin“, fügt sie hinzu. Das große Interesse an Theologie führte auch dazu, dass die Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie aus Nürnberg seit 2019 berufsbegleitend eben dieses Fach studierte. Das pausiere nun aber aufgrund der neuen Aufgaben in Barsinghausen. Beim Abschied aus Nürnberg – unter anderem war die passionierte Musikerin dort auch im Kirchenvorstand aktiv – flossen zwar viele Tränen, aber nun freue sie sich sehr auf das Leben am Deister und mitten in der Stadt. Viele Aufgaben und Ideen warten auf sie. So besteht der Wunsch auch der Klosterkammer Hannover, dass „Frauen zum Mitmachen in einer klösterlichen Gemeinschaft“ eingeladen werden, sagt der Klosterkammerpräsident Hans-Christian Biallas. Außerdem wird Äbtissin Wahl Mitglied im Kirchenvorstand der Mariengemeinde sein und dort die Klosterkammer vertreten. Gebetszeiten und gottesdienstliche Angebote des Konvents – aufgrund der Corona-Pandemie ausgesetzt – sind auch ein geistlicher Rahmen für Gäste im Haus Inspiratio, das im Kloster mehrwöchige Kurse für kirchliche Mitarbeitende anbietet.

Zurzeit bilden zwei Frauen – die neue Äbtissin und die Altäbtissin Barbara Silbe – den Klosterkonvent. „Das ist eine wichtige Aufgabe. Ich möchte das Kloster mit aller Kraft öffnen und die Türen offenhalten und auf diesen wunderbaren Ort hinweisen und hoffen und beten, dass es anderen Frauen auch so geht“, betont Henrike Wahl. Gleichzeitig möchte sie Gäste aller Altersstufen, also auch Kinder, Jugendliche oder Erwachsene jeden Alters einladen. So denke sie daran, freie Wohnungen im Kloster für Gäste auf Zeit renovieren zu lassen, die dann zum Beispiel in den Sommerferien eine Einkehrzeit hier erleben und auch gern wiederkommen. Sie macht deutlich: „Mein Auftrag ist nicht, Therapien anzubieten. Den Arztkittel habe ich in Nürnberg gelassen. Aber, was ich in meinem Beruf, in der Begleitung von Kindern und Angehörigen auf der Kinderkrebsstation zum Beispiel gelernt habe, nehme ich natürlich mit in meine Arbeit hier vor Ort. Ich bin ein gutes Gegenüber für Menschen in Krisen und das werden die Menschen spüren“, sagt sie und freut sich auf eine gute und vertiefte Zusammenarbeit mit dem Haus Inspiratio und auch mit einer „tollen“ Mariengemeinde, in der sie im Kirchenvorstand mitarbeiten wird. Insgesamt wünsche sie sich, dass das Kloster in die Stadt „ausstrahlt“ und dass sich die Barsinghäuser und Barsinghäuserinnen bewegen lassen, „einmal öfter in die Klosterkirche“ zu gehen.

Fotos und Text: Freitag