In der heutigen Welt Vergangenheit? – Historisch-Politisches Colloquium präsentierte Geschichten zu „Frauen- und Kinderhandel“

BARSINGHAUSEN (hhn).

Im Historisch-Politischem Colloquium, das wie immer in der Volkshochschule tagte, ging es diesmal um ein Buch zum Handel mit Frauen und Kindern in der Geschichte. Die Autorin Dr. Barbara Schlüter hat mit ihren Romanen über Hannover am Ende des 19. Jahrhunderts eine Serie vorgelegt, in der die promovierte Historikerin unterhaltsam in die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte sowie oft einfach die Geschichte der (mehr oder minder feinen) Gesellschaft einführt. Dr. Schlüter stammt aus Linden und war Assistentin am Historischen Seminar der Universität Hannover, wo sie die ersten Hochschulveranstaltungen zur Geschichte von Frauen angeboten hat. Die waren damals von Studentinnen und Studenten überlaufen, und ihr Buch „Rhetorik für Frauen“ – 1987 zuerst erschienen – hat viele Neuauflagen erlebt. Seit 2012 erscheint die Serie zu Hannover um die Heldin Elsa.

In ihrem letzten, 2024 im Elvea-Verlag erschienenen Roman „Verschacherte Leben“ setzt Frau Schlüter die Reihe zur Geschichte ihrer Heimatstadt fort und berichtet über Frauen- und Kinderhandel am Ende des 19. Jahrhunderts in der Form des Romans. Sie gab auch einen Einblick in ihre Arbeit bei den Recherchen für das Buch. Unter anderem wurden diese durch die Online-Edition der Reichstagsprotokolle erleichtert, (z.B. mit der von August Bebel angestoßenen Debatte zu Transporten osteuropäischer Frauen in überseeische Bordelle über deutsche Häfen) aber auch durch weitere Quelleneditionen erleichtert worden ist.

In Rückfragen und Diskussionen ging es zum einen um die Tricks, mit denen die Schlepper des 19. Jahrhunderts meist junge Mädchen dazu brachten, ihnen auf Reisen nach Südamerika oder Kairo zu folgen, wo sie in der Regel in Bordellen landeten. Nicht zuletzt ging es dann um die Lage der Kinder. Die unehelichen hatten kein Erbrecht – sie haben es übrigens erst 2011 (rückwirkend ab 2009) erhalten – und wurden oft wie Haussklaven gehalten. Aber auch die ehelichen konnten verkauft werden, wenn den Familien die Last zu groß zu werden schien – oder sie wurden „in den Wald“ geschickt, wie Hänsel und Gretel. Bei Frau Schlüter keine Märchen, sondern gut recherchierte Geschichten – und in der heutigen Welt  Vergangenheit?