Jäger und Bodenspezialist: Der Maulwurf ist das Wildtier 2020

REGION/NIEDERSACHSEN (red).

Um auf die positiven Auswirkungen aufmerksam zu machen, die der Maulwurf in naturnahen Gärten hat, kürte die Deutsche Wildtier-Stiftung den Bodenbewohnter zum „Wildtier des Jahres 2020“. Zugegeben – über die Maulwurfshügel auf dem Rasen muss man hinwegsehen. Dann aber kann man als Blumen- und Gemüsegärtner das kleine Säugetier nur willkommen heißen. Denn der bodenbewohnende Maulwurf gräbt den Boden um und durchlüftet ihn und seine unterirdischen Röhren wirken wie ein Drainagesystem. Und weil auf seinem Speisezettel vor allem Insekten, Spinnen, Schnecken, Engerlinge und andere Insektenlarven stehen, bietet seine Anwesenheit im Garten einen effektiven und natürlichen Schutz des liebe- und mühevoll angebauten Gemüses. Nebenbei vertreibt er aus seinem Revier auch noch konsequent die Wühlmäuse, die ebenfalls bevorzugt Möhren und anderes Wurzelgemüse benagen. Übrigens ist die aufgewühlte Erde, die der Maulwurf aufwirft, zum Gärtnern optimal: unkraut- und wurzelfrei. Ein guter Boden für die Anzucht von Pflanzen!

Baumeister im Untergrund: Man sollte sich also über die Hügel im Garten nicht ärgern, sondern lieber einmal versuchen nachzuvollziehen, was sich „ein Stockwerk tiefer“ so abspielt: Die Erdhügel sind der Aushub, die anfallen, wenn der Maulwurf Gänge, Schlaf-, Nest- und Vorratskammern gräbt. Mit dem Rüssel schiebt er dabei das Erdmaterial an die Oberfläche, wirft den „Bauschutt“ quasi vor seine eigene Haustür und wird so seinem Namen gerecht. Dieser geht auf den alten Begriff „Molte“ zurück, was mit der Schnauze nichts zu tun hat, sondern einfach „Erde“ bedeutet. Der Maulwurf könnte also auch „Erdwerfer“ heißen. Aber Moment mal – Vorratskammern? Ja, der Maulwurf legt regelrechte Vorratskammern an. Darin sammelt er z.B. Regenwürmer, denen er zuvor das vordere Ende abgebissen hat. Damit stellt er sicher, dass sie – zumindest eine Zeit lang – noch weiterleben, also frisch bleiben, aber sich nicht mehr davonmachen können. Clever – und, nach menschlichen Maßstäben, auch ein wenig grausam. Dabei entspricht die Tagesration an Insekten, Regenwürmern und anderen Kleintieren ungefähr seinem eigenen Körpergewicht, also bis zu 100 Gramm. Pro Jahr vertilgt ein einziger Maulwurf locker bis zu 37 Kilogramm Futtertiere.

Wie eine Spinne im Netz: Die Jagdtechnik des Maulwurfs lohnt einen zweiten Blick: Obwohl der Maulwurf, entgegen der landläufigen Meinung, nicht vollständig blind ist, verlässt er sich bei der Nahrungssuche vor allem auf seinen hervorragenden Tast- und Geruchssinn sowie auf sein ausgezeichnetes Gehör. Wie eine Spinne im Netz, die in ihrem Netz auf Beute wartet, agiert der Maulwurf im Untergrund: So macht eine Insektenlarve, die in einen Maulwurfsgang fällt, für seine empfindlichen Ohren ein lautes Geräusch, woraufhin er blitzschnell sein bis zu 200 Meter langes Tunnelsystem durcheilt, um seine Beute zu verspeisen. Seine Rüsselnase ist mit dem „Eimerschen Organ“ ausgestattet, das elektrische Reize wahrnimmt, die bei Muskelbewegungen von Beutetieren entstehen. Zusätzlich hilft der Schwanz als „Blindenstock“: Die Schwanzlänge entspricht dem Tunnelradius und wird zum Abtasten der Gänge eingesetzt.

Lebensweise und Sozialverhalten: Mit seinem walzenförmigen Körper schiebt sich der Maulwurf wie ein Bohrer durch die Erde. Sein Fell besitzt keinen Strich. Deshalb kann der Maulwurf in engen Erdreichgängen auch rückwärts laufen. Und wenn der Maulwurf im Gang doch mal seine Richtung ändern will? Dann helfen ihm seine akrobatischen Fähigkeiten: Er schlägt einen eleganten Purzelbaum und schon kann er in die gewünschte Richtung weiterlaufen. Um trotz des geringen Sauerstoffgehalts in den unterirdischen Gängen nicht stets nach Luft ringen zu müssen, hat sein Blut einen sehr hohen Hämoglobingehalt, der die ausreichende Sauerstoffversorgung sichert. So ist der Maulwurf physiologisch perfekt an seine Lebensweise angepasst! Wie die meisten Insektenfresser ist der Maulwurf Einzelgänger und duldet keine Artgenossen in seinem Revier. Einmal im Jahr pflanzt sich der Bodenbewohner fort, die Jungen kommen im Frühjahr zur Welt. Ein Wurf besteht aus ein bis neun unbehaart und hilflosen Jungtieren. Maulwürfe halten keinen Winterschlaf. Wenn es kühler wird und es Bodenfrost gibt, ziehen sich die Tiere in tiefere Erdschichten zurück. Der Europäische Maulwurf ist in seinem Bestand nicht bedroht. Er ist aber ausdrücklich per Gesetz geschützt. Es ist also verboten ihn auch nur zu stören, geschweige denn zu töten.

Foto: Martin Schröder