Krieg im Nahen Osten ist Thema im Historisch-Politischen Colloquium

Die Feinde in Palästina verstehen?

Auch Wilhelm Wortmann gehörte als Kenner des Nahen Ostens zu den Referenten.

BARSINGHAUSEN (hhn). In einem sehr gut besuchten Gespräch im von Prof. Hans-Heinrich Nolte geleiteten Historisch-Politischen Colloquium wurden die von der Hamas begangenen Gräuel bei dem Überfall vom 7. Oktober einhellig verurteilt. Um die Kontrahenten zu verstehen, fragte Wilhelm Wortmann im einleitenden „Impuls“ nach den Motiven der Hamas – allgemein die Vernichtung Israels, die Islamisierung Palästinas , Widerstand gegen Besatzung und Ghettoisierung sowie die Verhinderung der Anerkennung Israels durch arabische Staaten. Der Westen hat an Glaubwürdigkeit verloren, da er die Zweistaatenlösung nicht durchgesetzt hat und die Besatzung der Westbank nicht beendet wurde. Astrid Wortmann ging auf die Ziele Israels ein – auch hier das Ziel der staatlichen Einheit „zwischen Fluss und Meer“ , aber ohne demokratische Mitbestimmung der nichtjüdischen Einwohner. Bernhard Klinghammer berichtete, vor allem nach den von Livia Rokach neu analysierten Erinnerungen des ehemaligen Ministerpräsidenten Israels Moshe Scharet, über die Frühzeit der Gründung des Staates Israel.

In der aktiven Diskussion wurde bedauert, dass die religiösen Motive beider Seiten nur kurz angesprochen wurden. Warum die Hamas für die von ihnen begangenen Gräuel eine breite Öffentlichkeit organisiert hat, wurde ausführlich diskutiert, die israelische Kriegführung im Gaza-Streifen breit dargestellt. Zum Verstehen der beiden Feinde trugen die Impulse der Vortragenden und die Diskussionen also vielfältig bei. Was sind die Aussichten? Ob ein Kompromiss, wie ihn Rabin und Arafat einmal ausgehandelt hatten, noch realisierbar ist, wurde eher bezweifelt, auch wenn der liberale Teil der Weltöffentlichkeit für ihn wirbt. Das Votum von Angela Merkel, die Erhaltung Israels sei Teil deutscher Staatsraison, wurde  skeptisch gesehen – eine demokratische Regierung kann keine allgemein gültige „Staatsraison“  festlegen, über die vielmehr jede politische Generation jeweils neu entscheiden muss. Dass Deutschland durch die antijüdische Politik ab 1933 und besonders durch den 1941 bis 1945 staatlich organisierten Genozid von Deutschen gegen die jüdische Bevölkerung ganz Europas der Existenz Israels in besonderer Weise verpflichtet ist, war in dem Gespräch aber unstrittig.

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