BARSINGHAUSEN (red).
„Sonntagmorgen 8 Uhr. Ich stehe am Hauptbahnhof in Hannover und kaufe mir ein Frühstücksbrötchen. Essen darf ich es noch nicht. Auch nicht im Zug – wegen Corona. Kurz vor 9 Uhr erreiche ich Barsinghausen. Mein Ziel ist die Klosterkirche. Außer mir steigt niemand aus. Endlich Frischluft! Der Magen knurrt auch schon und fordert sein Frühstück, das schon seit fast einer Stunde duftend in meiner Tasche liegt. Doch schon nach dem Überqueren des Zebrastreifens werde ich auf die Maskenpflicht hingewiesen. Jedenfalls theoretisch, aber dazu später mehr… Also Maske wieder auf, doch kein Frühstück. Schade! Ich schlendere die Bahnhofstraße entlang bis zum Dönermann an der Ecke. Weit und breit ist niemand außer mir unterwegs. Barsinghausen schläft noch sonntags um kurz vor 9 Uhr. Dann biege ich in die Straße Volkers Hof, endlich wieder frei atmen und freie Sicht! Mit beschlagenen Brillengläsern konnte ich bis hierhin noch nicht viel sehen von Barsinghausen. Mein hungriger Magen freut sich nun auf das Frühstück! Aber ich muss schnell essen, denn: Als ich links Richtung Fußgängerzone einbiegen will, weisen mich 2 kleine blaue Schilder auf die Maskenpflicht hin. Ich halte mich dran, überquere den großen Platz, dann kann ich die Maske wieder absetzen. Ich gehe weiter den Berg hoch bis zur Klosterkirche. Dort wieder Maske auf beim Betreten der Kirche. Das kenne ich schon…
Soweit, so gut. Aber es kam dann doch etwas anders als geschildert: Als Hannoveranerin wusste ich natürlich nichts von der Maskenpflicht in Barsinghausen. Woher auch? Von Fußgängerzonen hatte ich schon gehört in den letzten Tagen, aber die ist weit weg vom Bahnhof. Und in Hannover gelten anscheinend andere Regeln als in Barsinghausen. Dort soll der Bürger das Risiko selbst einschätzen und auf vollen und engen Bürgersteigen zur Maske greifen. Eine vernünftige Lösung. Genau das habe ich an diesem Morgen auch getan: weit und breit ist kein weiterer Passant unterwegs. Während ich also nichtsahnend die Bahnhofsstraße entlangschlendere und genüsslich mein Frühstücksbrötchen kaue, halten mich 2 Polizisten mit ihrem Auto an. Sie fahren Streife auf der Jagd nach Coronasündern und Maskenverweigerern. Zu letzteren gehöre ich nicht. Ich gehöre zur Risikogruppe und weise auch schon das ein oder andere mal meine Mitmenschen in Bus und Bahn auf das korrekte Tragen der Maske hin. Seit meinem Besuch in Barsinghausen gehöre ich nun zu ersteren, den Coronasündern. Wie heißt es so schön? Unwissenheit schützt vor Strafe nicht? Die etwa 150 Euro Strafgeld für diese Ordnungswidrigkeit finde ich dennoch unangemessen! Seit Montag gilt die neue Regelung, noch nicht mal eine Woche ist das her und schon wird der Bürger empfindlich zur Kasse gebeten, ob Barsinghäuser oder nicht. Der Polizeibeamte sagte mir, es wären „mindestens 7 Schilder“ auf dem Weg gewesen vom Bahnhof bis zur Bahnhofstraße Höhe Soziales Kaufhaus, wo er mich stoppte. Ich habe keins gesehen, daher wage ich nicht zu widersprechen. Aber auf dem Rückweg schaue ich es mir ganz genau an: ein umgekipptes Schild hinterm Bahnhof neben dem Zebrastreifen, das ich nur erahnen kann, weil es verdeckt ist und fast auf dem Boden liegt. Dann ein zweites hinter der ersten Ampelkreuzung, wo ich auf die Straße und den Bordstein geachtet und danach in mein Brötchen gebissen habe. Das ganze dann noch auf einem Baustellenpoller, der ständig irgendwo herumsteht und deshalb wenig beachtet wird, weil er zum allgemeinen Straßenbild gehört. Das blaue Hinweisschild darauf ist so klein und unscheinbar, dass man schon sehr genau hinschauen muss. Das war’s. Von wegen 7 Schilder! Wie stellt die Stadt Barsinghausen sich das vor? Dass Besucher vor ihrer Reise erstmal die städtischen Internetseiten durchforsten? Sich die dort genannten Straßennamen mit Maskenpflicht notieren und diese dann erstmal via Google maps recherchieren? Wen kann man denn anstecken, wenn man weit und breit der einzige Mensch vor Ort ist? Im Internet steht sogar, dass zur Nahrungsaufnahme an öffentlichen Orten die Maske zeitweise abgenommen werden darf! Warum stellt ausgerechnet Barsinghausen eine Ausnahme dar? Hier sollte die Stadt sich dringend nochmal etwas überlegen, denn das ständige „Maske auf und ab“ alle paar Meter und die viel zu kleinen und unscheinbaren Hinweisschilder am Rande sind nicht gerade menschen- und besucherfreundlich! Es muss ein Zeichen gegen Corona gesetzt werden, auch gegen Maskenverweigerer, aber dann bitte auch nachvollziehbar und logisch! In einer vollen (S-) Bahn bin ich jedenfalls weit weniger geschützt als auf offener Straße, wenn keine Menschen unterwegs sind. Die Polizei sollte ihre Kontrollen lieber in die geschlossenen Räume und Fahrzeuge verlegen, als am Sonntagfrüh in der Bahnhofstraße in Barsinghausen Ausschau zu halten.“
Martina W.
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