Leserbrief zu erneuten Ratsbeschlüssen: Norbert Wiegand antwortet auf Michael Pöllath

BARSINGHAUSEN (red). 

Norbert Wiegand

„Der Brief von Herrn Pöllath, hier veröffentlicht am 15. Januar, zeigt, dass er den Grund für die Aussetzung der Beschlüsse nicht verstanden hat. Er stellt darauf ab, dass eine zahlenmäßige Mehrheit diese Beschlüsse verabschiedet hat und dass damit das demokratische Verfahren umfassend durchgeführt und abgeschlossen wurde. Dem ist aber nicht so. Die niedersächsische Kommunalverfassung sieht vor, dass Bürger das Recht haben, an Ratssitzungen teilzunehmen (§ 64 NKomVG). Das soll die Transparenz der Politik sicherstellen. Außerdem haben die Bürger die Möglichkeit, in der Sitzung Fragen zu stellen und angehört zu werden (§ 62 NKomVG). Dieses Recht wurde bei den Sitzungen, deren Beschlüsse beanstandet wurden, verletzt. Gemäß § 65 NKomVG ist die Vertretung beschlussfähig, „wenn nach ordnungsgemäßer Einberufung …“ beschlossen wird. Die Einberufungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit können nicht ordnungsgemäß gewesen sein, da es keine Begründung für den Ausschluss der Öffentlichkeit gab. Eine Begründung hätte die Corona-Lage sein können, die wird aber für die in Rede stehenden Sitzungen als nicht ausreichend bewertet. Damit war die Vertretung nicht beschlussfähig. Als Ergebnis können die gefassten Beschlüsse also nicht als gültig angesehen werden. Hier ist die Gesetzeslage eindeutig und die Kommunalaufsicht konnte zu keinem anderen Ergebnis kommen. Es gehört auch zur demokratischen Gepflogenheit, das Recht anzuerkennen. Einen Gesetzesverstoß zu benennen und Versuche, diesen zu heilen, sollte man nicht als Versuch, Aufsehen zu erregen und Entscheidungen verzögern zu wollen, diffamieren, wie in den Aussagen von Herrn Pöllath geschehen. Herr Pöllath merkt zu Recht an, dass die Beschlüsse mit Mehrheit zustande gekommen sind. Vor der Beschlussfassung hätten jedoch die Bürger informiert werden und die Möglichkeit der Anhörung erhalten sollen. Diese Form der Bürgerbeteiligung gibt auch den Ratsmitgliedern die Möglichkeit, das Gehörte in ihre Entscheidung einfließen zu lassen. Dass Herr Pöllath sich in seinem Brief so offen gegen Bürgerbeteiligung in der Zeit zwischen den Kommunalwahlen ausspricht, erstaunt doch sehr und macht betroffen. Seine Einschätzung, wonach in kommenden Sitzungen (an denen die Bürger beteiligt werden) die gleichen Beschlüsse gefasst werden, da sich die Mehrheitsverhältnisse nicht geändert haben, heißt im Klartext: Egal was die Bürger sagen, wir lassen uns dadurch nicht beeinflussen. Dahinter steht der Glaube, alles müsse so bleiben, wie es (nicht) beschlossen wurde. Hier bleibt zu hoffen, dass Herr Pöllath nicht für die Ratsmehrheit spricht. Nun stellt Herr Pöllath das Fachwerkhaus am Thie in seiner Betrachtung heraus. Ich bin gespannt, ob eine erneute Abstimmung das gleiche Ergebnis bringt. Stimmen die Ratsvertreter genauso wie im Oktober ab, nachdem unser Bürgermeister die Finanzlage der Stadt im Dezember als „sehr angespannt“ bezeichnete und wir uns nach seinen Worten „nicht in Sicherheit wiegen dürfen“? Dass Stellungnahmen der kleineren Fraktionen genauso publiziert werden, wie die der größeren Fraktionen, ist ein Beleg für das Funktionieren der Medienlandschaft. Ein Argument ist ein Argument, egal wie groß die Fraktion ist, die das Argument anführt. Kleinere Parteien zu unterdrücken, beseitigt Meinungsvielfalt und schließt große Teile der Bürgerschaft aus. Das Mehrheitsverhältnis bei der Abstimmung zum Fachwerkhaus am Thie ist ein mehr oder weniger zufälliges Zusammentreffen zweier Parteien und sagt keineswegs, dass die Wähler damit hinter jeder Entscheidung dieser beiden Parteien stehen. Bei der Kommunalwahl stand kein rot-grünes Bündnis zur Abstimmung, sondern einzelne Parteien und Wählergemeinschaften. Beschlüsse, bei denen Einigkeit zwischen den Fraktionen bestand, sollten pragmatisch behandelt und erneut zur Abstimmung gestellt werden. Bei den Beschlüssen, die umstritten sind, muss den Bürgern vor erneuter Beschlussfassung die Möglichkeit gegeben werden, informiert und angehört zu werden. Hier verbietet sich auch das Umlaufverfahren, da dieses die öffentliche Beteiligung einschränkt oder ausschließt.“

Norbert Wiegand, Barsinghausen

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