Leserbrief zum Artikel „Kein Verständnis für Anfeindungen gegenüber von städtischen Beschäftigten“

Norbert Wiegand schlägt die Etablierung eines städtischen Beschwerdemanagements vor

BARSINGHAUSEN (red). „Man stelle sich vor, ein Unternehmen sieht sich häufig mit Äußerungen der Unzufriedenheit seiner Kunden konfrontiert. Diesen Unternehmen würde dringend dazu geraten, diese Beschwerden ernst zu nehmen und die Ursachen der Unzufriedenheit abzustellen. Der richtige Umgang mit unzufriedenen Kunden ist das Tätigkeitsfeld des Beschwerdemanagers. Seine Aufgabe ist es, die Kundenzufriedenheit wieder herzustellen und zu verhindern, dass der Kunde abwandert. Dazu stehen ihm verschiedene Instrumente zur Verfügung, die er situationsbezogen einsetzt. In der Wirtschaft werden Beschwerden als Chance gesehen, das eigene Unternehmen im ständigen Konkurrenzkampf gegen die Wettbewerber noch besser aufzustellen. Kunden arbeiten für das Unternehmen, wenn sie Schwachstellen aufzeigen, deren anschließende Beseitigung dann das Unternehmen besser dastehen lassen, als es vorher der Fall war. Im Bemühen um Business Excellence ist dies der Faktor Kundenorientierung. Wie sieht der Umgang mit Beschwerden bei Ämtern und Behörden aus? Öffentliche Stellen müssen nicht befürchten, dass ihre „Kunden“ abwandern. Müssen sie sich also weniger engagiert um die Beschwerden der Bürger kümmern? Im Gegenteil. Was sich in Beschwerden der Bürger ausdrückt, sind in aller Regel Schwachstellen von Verwaltungen. Diese sind nicht nur ärgerlich für Bürger, sie sind auch kostspielig für die Ämter und Behörden. Stellt eine Verwaltung die Ärgernisse ab, senkt sie erfahrungsgemäß damit gleichzeitig die Verwaltungskosten und beschleunigt häufig die Abläufe. Der richtige Umgang mit Beschwerden erfordert Managementkenntnisse. Es genügt nicht, dass der Bürgermeister die Arbeit seiner Mitarbeiter als „sorgfältig und kompetent“ beschreibt, wenn die betroffenen Bürger das anders wahrnehmen oder erleben. Hier wird seitens des Verwaltungschefs Zufriedenheit ausgedrückt und implizit mitgeteilt, dass sich auch nichts ändern wird. Auch bei größter Unzufriedenheit ist unflätiges Benehmen, sind Beleidigungen oder persönliche Angriffe auf die Mitarbeiter nicht zu tolerieren. Umso mehr zeigt sich hier die Notwendigkeit, Beschwerden als eine besondere Art der Bürgerkommunikation zu kanalisieren, um Eskalationen zu verhindern und beiden Seiten einen respektvollen Umgang miteinander zu ermöglichen. Auf seiner Internetseite schreibt Henning Schünhof: „Für mich bedeutet eine moderne Dienstleistungsverwaltung weiter, dass sie alle Formen der Digitalisierung nutzt und im Sinne der Bürgernähe ein verlässlicher, gut erreichbarer und kompetenter Ansprechpartner ist. Dazu möchte ich gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erarbeiten, wie die konkreten Schritte für die Weiterentwicklung unserer Verwaltung zu einer modernen und offenen Bürgerverwaltung aussehen können.“ Ein städtisches Beschwerdemanagement kann ein kleiner, aber wichtiger Baustein für praktizierte Bürgernähe sein. Jede Beschwerde ist eine Chance, die Verwaltung zu verbessern. Kundenzufriedenheit ist dann erreicht, wenn Bürger bei Demos der Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen Transparente mit der Aufschrift „Wir sind es wert“ lesen und dem zustimmen können.“

Norbert Wiegand, Barsinghausen

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