DEISTER (red).
Als Niedersachsens größter Waldbesitzer haben die Landesforsten 10 % ihrer Wälder aus der Nutzung genommen. Auf den rund 33.000 ha überlassen die Landesforsten den Wald der natürlichen Entwicklung ohne direkte menschliche Einflüsse. Um diese Entwicklung zu unterstützen, werden in den entsprechenden Flächen im Deister bis Ende 2022 noch letzte Erstinstandsetzungsmaßnahmen zur ökologischen Aufwertung umgesetzt. Dazu sind derzeit am Deisterkamm Forstmaschinen im Einsatz und entnehmen Nadelbäume. „Natürlicherweise wäre der Deister überwiegend durch die Buche geprägt. Durch Erstinstandsetzungsmaßnahmen, wie die Entnahme der Nadelbäume, schaffen wir eine hervorragende Ausgangslage für die weitere natürliche Entwicklung dieser Waldflächen. Bis Mitte Dezember wollen wir die Arbeiten abgeschlossen haben. Dann wird es interessant zu beobachten, wie sich die Natur hier weiter entwickelt“, erzählt Axel Gerlach, Revierleiter der Försterei Köllnischfeld. Dass ein Urwald nicht von heute auf morgen entsteht, liegt in der Natur des Waldes. Bäume leben sehr lange. Buchen können in dieser Region über 250 Jahre alt werden. Erst nach vielen Baumgenerationen wird man im Naturwald „Nienstedter Pass“ von einem Wald sprechen können, der in seiner Baumartenzusammensetzung und Struktur einem Urwald ähnelt.
„Der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt und den haben wir jetzt gemacht. Es bedarf schon einiger Vorstellungskraft und Fantasie, um sich vorzustellen, wie dieser Wald in mehreren Jahrzehnten aussehen wird. Doch ein Blick in benachbarte Naturwälder, wie den nahegelegenen „Meinsberg“, einen der ältesten Naturwälder Niedersachsens, ebenfalls in der Rfö. Köllnischfeld gelegen und in seiner Kernfläche seit 50 Jahren nicht mehr bewirtschaftet, lässt abschätzen, was hier in den nächsten Jahrzehnten passieren wird“, erzählt Gerlach. Erste Naturwälder wurden in Niedersachsen bereits in den 1970er-Jahren ausgewiesen. In diesen verzichtete man fortan auf sämtliche Holzernte- und Pflegemaßnahmen und überließ die Wälder der natürlichen Entwicklung. Sie finden sich in allen größeren Waldgebieten der Niedersächsischen Landesforsten. Die größten zusammenhängenden Flächen liegen im Nationalpark Harz mit einer Fläche von 14.900 Hektar und im NatUrwald Hohenstein im Süntel mit 1.300 Hektar. Im Zuge der Umsetzung des Niedersächsischen Weges wiesen die Landesforsten ein weiteres Wildnisgebiet im Solling von 1.000 ha Größe aus, das das Netz nutzungsfreier Wälder erweiterte.
Die Entwicklung dieser Urwälder von morgen wird durch die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt in Göttingen wissenschaftlich begleitet. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse werden genutzt, um die naturnahe Bewirtschaftung der übrigen Wälder weiter zu verbessern. „In diesen Wäldern schützen wir vor allen Dingen den Teil der Biodiversität, der auf urwaldähnliche Strukturen angewiesen ist. In den Naturwäldern sollen Alters- und Zerfallsphasen ungestört ablaufen, sodass die Tier- und Pflanzenarten, die an solche Waldstrukturen gebunden sind, die im bewirtschafteten Wald naturgemäß selten sind, hier eine Heimat finden“, erklärt Heiko Brede, Naturschutzförster im Forstamt Saupark. Damit entwickeln diese Flächen auch einen positiven Einfluss auf angrenzende bewirtschaftete Flächen, in denen wiederum kleinere LÖWE-Habitatbaumflächen für Vernetzung sorgen.
Foto: Niedersächsische Landesforsten