Klangräume zwischen Tradition und Gegenwart / Eintritt frei
BARSINGHAUSEN (red). Am Sonntag, 15. Juni, um 20 Uhr findet in der Klosterkirche Barsinghausen das zweite Konzert des Projektes metamorphosis:gregoriana statt. Im Zentrum steht eine zeitgenössische Komposition, die Gregorianik in einen neuen, elektronisch erweiterten Klangraum überführt. Gregorianik gilt als eine der ältesten Formen abendländischer Kirchenmusik – bekannt für ihren meditativen Charakter und die einstimmige Struktur. In metamorphosis:gregoriana wird diese musikalische Grundlage mit heutigen Ausdrucksformen verbunden und neu erfahrbar gemacht. Der besondere Reiz des Konzertformats liegt in der Kombination traditioneller Gesänge mit zeitgenössischer Komposition, improvisatorischen Elementen, elektroakustischer Klangverarbeitung und räumlicher Klanginszenierung.
Nach dem ersten Konzert am 30. Mai 2025 im Hildesheimer Dom, das bei Publikum und Mitwirkenden auf große Resonanz stieß, folgt nun die zweite Aufführung in Barsinghausen. Der Veranstaltungsort – die Klosterkirche – bietet einen passenden Rahmen für die Verbindung von Historie und Gegenwart. Die Musikerinnen und Musiker haben den neuen Klangraum bereits intensiv in Proben kennengelernt. Der Komponist Ole Magers zeigt sich dankbar über die entstandene Zusammenarbeit und freut sich auf die Fortsetzung des Projekts. Kernstück des Konzerts ist die Uraufführung der Komposition Vestigia Pacis („Spuren des Friedens“) von Ole Magers. In sieben Sätzen behandelt das Werk unterschiedliche Aspekte des Themas Frieden – von kontemplativen Momenten über Unruhe und Spannung bis hin zu musikalischen Friedensgesten. Grundlage sind mehrere gregorianische Gesänge, die in veränderter Form in die Komposition eingebettet werden. Die Gregorianik bleibt dabei erkennbar, wird jedoch erweitert, verfremdet und in neue Kontexte gestellt. Ziel ist kein Bruch, sondern ein Weiterdenken der musikalischen Form in einer heutigen Klangsprache.
Zur Aufführung kommen klassische und elektronische Instrumente: Gregorianikschola, Orgel, Kontrabass, Synthesizer und Live-Elektronik erzeugen gemeinsam ein sich stetig wandelndes Klangbild. Die musikalische Gesamtleitung und Komposition übernimmt Ole Magers, er spielt auch die verschiedenen Tasteninstrumente. Es musizieren darüber hinaus die Schola Gregoriana unter der Leitung von Thomas Viezens, Peter Schwebs (Kontrabass) und Gerald Pursche (elektroakustische Verarbeitung). Die Idee zum Projekt geht auf eine Initiative von Bruder Nikolaus Nonn OSB aus der Cella St. Benedikt in Hannover zurück. Er sprach im Jahr 2024 Ole Magers auf eine mögliche Zusammenarbeit an. Beide verbindet eine langjährige Beschäftigung mit Gregorianik im Kontext der Musikhochschule Hannover. Gemeinsam mit Thomas Viezens entwickelten sie ein Konzept, das auf musikalischer Forschung und praktischer Erfahrung basiert.
Die kompositorische Methode greift auf frühere Arbeiten von Magers zurück. Bereits im Jahr 2021 realisierte er im Rahmen der Interregionale ein Eröffnungskonzert, das sich mit Permutationsprozessen von Klang auseinandersetzte. Die positiven Rückmeldungen gaben den Impuls zur Weiterentwicklung. metamorphosis:gregoriana setzt diesen Gedanken fort – nun mit besonderem Fokus auf liturgisch geprägte Musik. Ein zentrales Ziel des Projekts ist die Öffnung und Aktualisierung kirchlich gebundener Musikformate. Das Konzert versteht sich nicht als Gottesdienst, sondern als künstlerischer Raum, in dem spirituelle Klangtraditionen in neuer Form erlebbar werden. Dabei wird keine liturgische Struktur verwendet, aber auf kirchenmusikalische Ästhetik Bezug genommen. Interessierte sind herzlich eingeladen, sich auf einen musikalischen Raum einzulassen, in dem das Zusammenspiel von Raum, Klangquelle und elektronischer Verarbeitung neu gedacht wird. Das Konzert bietet Gelegenheit zur kontemplativen Erfahrung ebenso wie zur kritischen Neugier.
Ole Magers beschreibt seinen Ansatz so: „Das Zusammenwirken verschiedener Perspektiven – das gilt nicht nur für das Komponieren – kann zu spannenden und grenzen-überwindenden Möglichkeiten führen.“ Mit metamorphosis:gregoriana wird ein Beitrag zur aktuellen Diskussion über neue Formen musikalischer Präsentation geleistet, die kirchliche Musiktraditionen nicht museal bewahrt, sondern als lebendigen Teil gegenwärtiger Klangkultur versteht.