„Nicht die AfD ist das Wichtigste, sondern die Haltung der Mehrheit der Gesellschaft“

Zum Thema Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in den sozialen Medien hatten der DGB, die Naturfreunde und das Bündnis „Barsinghausen ist bunt“ zu einem Vortrag mit dem Referenten Viet Hoang von der Amadeu-Antonio-Stiftung eingeladen

V.li.: Sybille Bruchmann-Busse (Barsinghausen ist bunt), Wilfried Gaum vom DGB, Referent Viet Hoang und Michael Pöllath, Vorsitzender vom DGB-Ortsverband und von den Naturfreunden

BARSINGHAUSEN (ta). Wie äußern sich Fremdenfeindlichkeit und Rassismus in der Politik der AfD und in den sozialen Netzwerken? – Unter dieser Überschrift hatten das Bündnis „Barsinghausen ist bunt“, die Naturfreunde und der DGB für gestern zu einem Informations- und Diskussionsabend eingeladen. Als Referent konnte Viet Hoang, Mitarbeiter der Amadeu-Antonio-Stiftung gewonnen werden, der sich insbesondere mit dem Spezialgebiet Hate-Speech im Internet eingehend befasst hat. Die Stiftung wurde vor 20 Jahren gegründet, um die demokratische Zivilgesellschaft zu stärken und um sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu wenden. Der Namensgeber der Stiftung wurde 1990 von rechtsextremen Jugendlichen in Eberswalde aus rassistischen Motiven zu Tode geprügelt, weil er schwarz war.

Den heutigen Rechtspopulismus der AfD stufte Viet Hoang als Strategie ein, um die „kleinen Leute“ gegen „die da oben“ auszuspielen, wobei die Partei es aus taktischen Gründen und anders als die traditionelle, extreme Rechte vermeide, einen direkten Bezug zum Nationalsozialismus herzustellen. Politische Lösungen würden von der AfD ganz bewusst nicht vorgehalten, vielmehr versuchten die Akteure, über Provokationen und Empörungen in die Öffentlichkeit zu gelangen. Von der AfD propagiert werde ein homogener Volksbegriff, die Ablehnung von Zuwanderung und Flüchtlingen sowie die Diffamierung von Vertretern anderer Parteien als „Volksverräter“. Zum Repertoire der rechten Partei, die eigentlich nur ein Thema habe, gehörten ferner das Konzept des Hate-Speech sowie gezielte Falschmeldungen im Netz. Der AfD gehe es darum, eine Atmosphäre der Angst und zugleich der Radikalisierung zu schaffen, wobei insbesondere „Fremde“ eingeschüchtert und verunsichert werden sollen, so Hoang. Nicht selten führe dieses Konzept zu Gewalt, wie zuletzt bei den Ausschreitungen in Chemnitz. So funktioniere das Kerngeschäft der Rechten, Flüchtlinge würden als Bedrohung von außen und die als „Gutmenschen“, „Volksverräter“ und Vertreter der „Lügenpresse“ ausgemachten Kritiker als Bedrohung von innen bezeichnet. In dieser Gemengelage aus Fakenews, Verunsicherung und Einschüchterung könne die AfD sich nun zum einen als Spitze des Widerstands gegen eine scheinbare Islamisierung sowie andererseits als Vertreterin der Interessen der „kleinen Leute“ darstellen. Dabei überschreite die AfD regelmäßig und gezielt Grenzen, um dann alsgleich die eigenen Äußerungen wieder zu relativieren. Als Strategien zum Umgang mit der AfD riet Viet Hoang zu entlarvendem Humor und zur Vernetzung von AfD-kritischen Gruppen. Nicht die Rechtspopulisten und Rechtsextremen sei das Wichtigste, sondern die Haltung der Mehrheit der Gesellschaft und der demokratischen Parteien.

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