Regionsversammlung stimmt für eine Begrenzung des wilden Mountainbikings und stuft die Pläne für einen Naturpark Deister positiv ein

Für die Pläne des Fachbereichs Umwelt der Region Hannover gab es grünes Licht

DEISTER (red/ta). Die Pläne der Region Hannover, den Deister in einen Naturpark umzuwandeln, das Befahren von illegalen Mountainbike-Strecken stark einzuschränken und ein Waldpädagogikzentrum mit Rangern vor Ort zu realisieren, haben nach dem Umweltausschuss nun auch in der gestrigen Regionsversammlung eine weitere Hürde genommen. Bei der Abstimmung über die Beschlussvorlage gab es bei einer Enthaltung breite Zustimmung. Die Verwaltung wird beauftragt,  eine Machbarkeitsstudie zu den Entwicklungspotentialen für den Natur- und Naherholungsraum Deister zu erstellen, die mindestens folgende Punkte berücksichtigt:

  • Gemeinsam mit den Teilnehmenden des Runden Tisches „Mountainbiker im Deister“ ist ein Konzept zur Errichtung und zum Betrieb eines Waldinfozentrums zu erarbeiten. Gegenstand des Waldinfozentrums soll ein Beratungs-, Bildungs- und Informationsangebot sein, das auch als außerschulischer Lern- und Bildungsort und Anlaufstelle für Naherholende fungieren soll.
  • Als Bestandteil des Angebots des Waldinfozentrums ist darzulegen, wie nach dem Vorbild des Naturparks Steinhuder Meer Rangerinnen und Ranger eingesetzt werden können, die zum einen Bildungsaufgaben übernehmen und zum anderen auch gemeinsam mit den Ordnungskräften der benachbarten Städte und Gemeinden Ordnungsfunktionen wahrnehmen können. Hier ist auch die Einbindung bestellter Feld- und Forsthüterinnen und -hüter gem. §§ 36 und 43 Abs. 2 NWaldLG zu prüfen.
  • An das Waldinfozentrum sollen auch Angebote zur Beratung und Entwicklung zu klimaresistenten und naturnahen Waldflächen angebunden werden. Im Rahmen von Pilotprojekten mit Privatwaldeigentümerinnen und -eigentümern sollen Beratungen zu Fördermöglichkeiten erfolgen und konkrete Umsetzungsprojekte durch geeignete Instrumente der Region unterstützt werden.
  • In der Machbarkeitsstudie soll ebenfalls geprüft werden, ob die Entwicklung des Deisters in Form eines Naturparkes im Sinne von § 27 BNatSchG als für die Erholung vorgesehenes Gebiet, in denen ein nachhaltiger Tourismus angestrebt wird, möglich und sinnvoll ist. Hieraus folgen (über die bereits bestehenden Natur- oder Landschaftsschutzgebiete hinausgehend) keinerlei Restriktionen, es eröffnen sich vielmehr neue Fördermöglichkeiten für die Regionalentwicklung. Hierzu sind die Rahmenbedingungen darzustellen und zunächst mit den beteiligten Anliegerinnen und Anliegern und Eigentümerinnen und Eigentümer zu erörtern. Als Möglichkeit, die Bewirtschaftung des Landschaftsraums mit den Akteuren und Partnern des Raumes zu erhalten und zugleich das Label touristisch zu nutzen sowie Fördermittelzugänge zu genieren, soll das Vorbild des Naturparks Steinhuder Meer dienen.
  • Mit den anliegenden Städten und Gemeinden sowie den betroffenen Waldeigentümerinnen und -eigentümern ist gemeinsam eine lokal konzentrierte Entwicklung eines Sportangebotes für Mountainbikefahren zu prüfen. Ziel sollte dabei sein, für diese Nutzendengruppe ein attraktives Angebot vorzuhalten und zugleich die touristischen Potentiale zu auszuschöpfen, ohne den Naturraum ungesteuert zu belasten und andere Erholungsfunktionen einzuschränken.
  • Zur kurzfristigen Verbesserung der massiven Belastung des Naturraumes Deister durch das Mountain-Biking wird eine Untersuchung der vorhandenen Trail-Strukturen beauftragt, die ggf. zur rechtlichen Grundlage eines Verbots von e-Mountainbikes in bestimmten Arealen gemacht werden kann.

Die Finanzierung der hierfür anfallenden Aufwendungen in Höhe von insgesamt bis zu 150.000 Euro wird über das laufende und das nächste Haushaltsjahr aufgeteilt. In 2021 erfolgt die Finanzierung einer Erstkonzeption und die Vorbereitungen für die nächsten Schritte in Höhe von bis zu 30.000 Euro aus den vorhandenen Budgets der beteiligten Fachbereiche im Dezernat III. In 2022 wird ein Ansatz von 120.000 Euro aus den mit Beschluss zu HHA 2576 (IV) bereitgestellten Haushaltsmitteln in der Budgetierung berücksichtigt.

Sachdarstellung: Der Landschaftsraum Deister hat eine hohe Bedeutung für eine Vielzahl von Nutzungen, darunter Erholung und Tourismus, Natur und Landschaft, Forstwirtschaft und Trinkwassergewinnung. Im RROP 2016 wurde festgelegt, ein integriertes Entwicklungskonzept zu erarbeiten, in dem die den Landschaftsraum betreffenden Planungen und Maßnahmen bzw. konkurrierende Raumnutzungsansprüche bestmöglich aufeinander abgestimmt werden. Die Nutzung des Deisters für die sportliche Nutzung mit Mountainbikes hat in den letzten Jahren eine massive Zunahme erfahren. Die technische Entwicklung der e-Mountainbikes hat zu einer weiter expansiven Entwicklung des Sports im Bereich des Deisters geführt. Die Einrichtung von drei legalen offiziellen Trails hat nicht dazu geführt, die Nutzung lokal zu konzentrieren. Der Wunsch nach neuen und weiteren Streckenverläufen hat die Anlage von mehreren Hundert illegalen Wegen, Pfaden, Trails zur Folge gehabt. Hierzu wird häufig auch schweres Gerät genutzt. Einschränkungen der Eigentümerinnen und Eigentümer über natürliche Barrikaden oder Zaunanlagen werden unter Hinwegsetzung über diese Eigentumsrechte gewaltsam entfernt. Der eigene Nutzungsanspruch steht offensichtlich für einen erheblichen Anteil von Mountainbike-Fahrenden über allem. Auf den Parkplätzen am Deister sind regelmäßig Kennzeichen insbesondere aus den nördlichen Bundesländern zu finden. Illegale Trails werden in Navigationssysteme eingepflegt und so weiteren Kreisen nutzbar gemacht. Die Einrichtung eines sog. Runden Tisches mit Waldeigentümerinnen und -eigentümern, dem Verein Deisterfreun.de als Vertretung der organisierten Mountainbike-Fahrenden; Vertretungen der anerkannten Naturschutzverbände sowie Vertretungen der anliegenden Städte und Gemeinden sowie Landkreise hat bisher nicht zu einer Verbesserung geführt. Insbesondere wird auch von dem organisierten Verein Deisterfreun.de e.V. die Einrichtung weiterer Trails gefordert. Dies haben die Waldeigentümerinnen und -eigentümern bisher abgelehnt und von einem Einsatz des Vereins für ein rechtmäßigeres Verhalten abhängig gemacht. Auch glauben diese, dass dies nur kurzfristig zu einer Entspannung führen würde. Der Verein wiederum weist auf seine eingeschränkten Möglichkeiten der Einflussnahme auf die nichtorganisierten Fahrenden hin. Die auf den Außenbereich verlagerte Sportnutzung der Corona-Einschränkungen hat zu einer weiteren Verschärfung der Situation geführt. Es ist nicht zu erwarten, dass sich diese Strukturen nachhaltig auch nach Aufhebung der Corona-Einschränkungen verändern werden. Insbesondere auch, weil nunmehr eingeübte Nutzungen entwickelt wurden, die technisch unterstützt werden und, wie zu beobachten ist, durch Mountainbike-Fahrende inzwischen auch an deren Kinder weitergeben werden, die immer häufiger mitfahren. Zugleich kommt es immer häufiger zu Konflikten mit anderen Erholungssuchenden und zu gefährlichen Situationen. Es ist zu konstatieren, dass der bisherige Ansatz nicht zu der immer dringender notwendigen Veränderung der Situation führen kann. Der Deister in seinen natürlichen und forstwirtschaftlichen Funktionen und als Erholungsraum für andere Nutzergruppen ist bedroht. Ein generelles Verbot des Fahrens mit Mountain-Bike ist rechtlich aufgrund der Frage der Verhältnismäßigkeit eines solchen Totalverbots in Frage zu stellen. Zugleich ist anzuerkennen, dass die Ausübung dieser Sportart auch eine touristische Komponente hat, die für die anliegenden Städte und Gemeinden durchaus Entwicklungspotential bietet, wie dies z.B. auch im Sauerland gelingt. Es geht daher nicht um ein Entweder-Oder, sondern um eine bessere Abstimmung der konkurrierenden Nutzungen und das nachhaltige Ausrichten des gemeinsam mit dem Steinhuder Meer wichtigsten und bekanntesten Natur- und Erholungsraums in der Region Hannover sowie dessen touristischer Potentiale. Dies sollte sinnvollerweise weiterhin gemeinsam mit den Akteuren und in Form einer durch ein externes Büro erstellten Machbarkeitsstudie erfolgen, die alle genannten Komponenten berücksichtigt und eine Entscheidungsgrundlage für die weitere Entwicklung dieses Raumes darstellen kann. In 2021 soll eine Erstkonzeption und Gespräche mit den genannten Akteuren erfolgen sowie die Vorbereitungen für die Ausschreibung der Machbarkeitsstudie stattfinden, die dann in 2022 durchgeführt wird.

Fotos: ta