BARSINGHAUSEN (red).
Schlimmer hätte es kaum ausfallen können – das Urteil des Europarates aus März 2024 in dessen Bericht über die Spaltung zwischen Arm und Reich in Deutschland. Das hohe Maß an Armut und sozialer Benachteiligung und Ausgrenzung stehe in keinem Verhältnis zum Reichtum des Landes, so der Europarat. Er fordert mehr Anstrengung in Deutschland bei der Bekämpfung von Armut, Wohnungslosigkeit und Ausgrenzung armer Menschen am gesellschaftlichen Leben. „Wie ist der Zustand, wo liegen die Ursachen, was geschieht bereits, was muss getan werden?“ – das sind die Themen einer öffentlichen Veranstaltung der Seniorengruppe der IG Metall (IGM) in der Region Barsinghausen am kommenden Mittwoch, 14. August um 14 Uhr im Naturfreundehaus Barsinghausen. Als sehr sachkundiger Referent wird der seit neue Geschäftsführer der niedersächsischen Landesarmutskonferenz, Fabian Steenken, über diese Themen informieren. Insbesondere auch von Armut Betroffene sind zu dieser Veranstaltung herzlich willkommen.
Die Landesarmutskonferenz Niedersachsen ist ein Zusammenschluss der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Niedersachsen (wie z.B. Caritas, Diakonie, Paritätischer, AWO usw.), des DGB Niedersachsen und weiterer Organisationen und Verbände. Aufgabe der Konferenz ist es, den gesellschaftlichen Zustand von Armut und Reichtum zu verdeutlichen, Ursachen und Verursacher zu benennen und Vorschläge zur Bekämpfung der Armut auf Landesebene zu entwickeln.
Erich Zirke, Vorsitzender der IGM-Seniorengruppe, erklärte, es dürfte eigentlich nicht sein, dass in Deutschland, einem der reichsten Länder der Länder der Welt, Armut herrsche. Dennoch sei es leider so. Die Armut in Deutschland befinde sich seit Jahren auf einem hohen Niveau und steigend. 16,8 Prozent der Bevölkerung in Deutschland (in Niedersachsen 17,9 Prozent) lebten jüngsten Zahlen zufolge in Armut. Fast zwei Drittel der erwachsenen Armen gehen laut Zirke einer Arbeit nach (erhalten aber nur ein unzureichendes Erwerbseinkommen und sind deshalb auf staatliche Unterstützung angewiesen, um hierzulande auch einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zufolge menschenwürdig existieren zu können und ihre gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen) oder sind in Rente oder Pension (und es geht ihnen ebenso), ein Fünftel der Armen seien Kinder. Es sei dringend vonnöten, dass sich diese Situation deutlich bessere. Sie bessere sich aber nicht dadurch, dass eine Bevölkerungsgruppe gegen die andere ausgespielt werde, sondern nur, wenn auf sachlicher Grundlage gerechte und zumutbare Lösungen gefunden werden.
Es sei unsachlich, so Zirke, wenn z.B. derzeit von populistischer und bestimmter parteipolitischer Seite und Teilen der Bevölkerung Geschichten von mutmaßlich faulen Bürgergeldbeziehern transportiert würden, die sich mit staatlichen Leistungen ein schönes Leben machen. Sie verkennen die Lebenswirklichkeit von Grundsicherungsbeziehern. Derartiges polarisiere, nehme Fehlverhalten einzelner, stecke z.T. alle in einen Topf und verkenne bestehende staatliche Sanktionsmöglichkeiten. Es sei doch völlig klar, das rechtliche Mitwirkungspflichten von Empfängern staatlicher Leistungen einzuhalten sind. Die zum Teil von Unkenntnis, Desinformation bis hin zum Populismus getragene Tonalität der politischen Auseinandersetzung über staatliche Sozialleistungen und über die Situation der betroffenen Empfänger gefährde unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt, aber zur Minderung der Armutsquote trage sie sachlich nichts bei. Hier sei die ganze Gesellschaft gefordert, damit es in sachlicher Art und Weise zu gerechten Lösungen kommt. Deshalb werde in der Versammlung u.a. auch über das Bürgergeld, gesetzlichen Mindestlohn usw. informiert und beraten. Die Versammlung diene dazu, sich gründlich über Ursachen und Zusammensetzung der hohen Armutsquote, über die Situation von Armut Betroffener, staatliche Leistungen und deren Empfängergruppen und Lösungswege zu informieren und dazu beizutragen, dass die Lage besser wird, als sie seit Jahren steigend ist.
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