Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza zur Entwicklung der Hasskriminalität
NIEDERSACHSEN (red). Die Staatsanwaltschaften in Niedersachsen haben im Jahr 2021 insgesamt 1.203 neue Verfahren im Zusammenhang mit Hasskriminalität* bearbeitet. Im Jahr 2020 waren es 778 neue Verfahren, im Jahr 2019 insgesamt 697. Ein Großteil der neuen Verfahren betraf im Jahr 2021 die Delikte Volksverhetzung und Gewaltdarstellung (397), die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen (285) sowie Beleidigungsdelikte (246). Insgesamt 364 Verfahren lag ein fremdenfeindlicher Sachverhalt zugrunde. In 618 Fällen spielte sich der Sachverhalt im Netz ab. Im Jahr 2020 waren dies noch 242 Verfahren, im Jahr 2019 insgesamt 152 Verfahren. In diese Entwicklung fügt sich, dass die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet (ZHIN) bei der Staatsanwaltschaft Göttingen in diesen Tagen ihr 1.000 Verfahren bearbeitet hat. Vom Zeitpunkt der Gründung der ZHIN am 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 sind dort 640 Verfahren eingegangen; allein im Jahr 2022 sind rund 360 Verfahren hinzugekommen.
Justizministerin Barbara Havliza: „Dem schleichenden Gift von Hass und Hetze stellt sich die Justiz entgegen. Durch Hassbotschaften – online wie offline – werden Betroffene nicht nur direkt attackiert, auch politische Diskussionen werden regelrecht abgewürgt. Insbesondere bei Beleidigungsdelikten im Netz appelliere ich dringend an die Betroffenen, die Tat anzuzeigen und einen Strafantrag zu stellen. Unter hassanzeigen.de ist dies bei der ZHIN mit wenigen Klicks möglich.“ Hasskriminalität im Internet ist in Niedersachsen jedoch nicht allein ein Thema der ZHIN in Göttingen. Es gibt bei allen niedersächsischen Staatsanwaltschaften Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Hasskriminalität. Um sich zu den Erfahrungen der spezialisierten Ermittlerinnen und Ermittler aus Göttingen auszutauschen und um sich noch besser zu vernetzen, fand deshalb am Donnerstag im Niedersächsischen Justizministerium ein Erfahrungsaustausch statt. In dieser Expertenrunde kamen rund 20 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zusammen; diskutiert wurden insbesondere materiell-rechtliche Entwicklungen und aktuelle Fragestellungen aus dem Bereich der politischen Straftaten. Ein bei der ZHIN beschäftigter Informatiker referierte zudem über Ermittlungstechniken im Internet. Die ZHIN ist in der Lage, bedeutende Verfahren aus dem Bereich Hasskriminalität von anderen Staatsanwaltschaften zu übernehmen.
Zur Definition von Hasskriminalität: Als Hasskriminalität definiert die Justiz in Deutschland jene Straftaten, bei denen in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen eine Person wegen ihrer zugeschriebenen oder tatsächlichen Nationalität, ethnischen Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Weltanschauung, physischen und/oder psychischen Behinderung oder Beeinträchtigung, sexuellen Orientierung und/oder sexuellen Identität, politischen Haltung, Einstellung und/oder Engagements, ihres äußeren Erscheinungsbildes oder sozialen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet. Diese Taten können sowohl online als auch offline begangen werden.
Foto: Nds. Justizministerium