Skulptur für das Kulturzentrum an der Egestorfer Straße entsteht
BARSINGHAUSEN (red). Im Rahmen der diesjährigen ArchitekturZeit hatte der Kulturverein Krawatte am Wochenende zu einem Stadtspaziergang nach Barsinghausen eingeladen. Unter dem Motto „Chance und Wandel durch Umnutzung von Leerstand. Retten wir unsere Innenstädte durch Kultur?“ führten die Vereinsvorsitzenden Bärbel Cronau-Kretzschmar und Frank Plorin in der ersten Station durch die fast fertig umgebaute Kulturfabrik Krawatte. Seit 2016 wird die ehemalige Krawattenfabrik in mehreren Bauabschnitten und mit großer finanzieller Unterstützung durch Land, Region und Stadt zu einem soziokulturellen Zentrum umgebaut. Nachdem Mitte 2020 die Kunstschule NoaNoa ihre Werkstätten bereits beziehen konnte, findet am 16. Oktober endlich die durch Corona verschobene offizielle Eröffnung der Kulturfabrik statt. Anschließend führte der Spaziergang über die Egestorfer Straße vorbei an Mosaikskulpturen, welche Frank Plorin für mehrere Orte in der Stadt entwickelt und aufgestellt hat. Leider ist die wichtigste Ortsverbindung durch Barsinghausen sehr laut und so unattraktiv für Fußgänger, dass die Gruppe einen kleinen Umweg über den Zechenpark beschloss und die alte Abraumhalde nördlich umrundete. Nach einem kurzen Austausch darüber, wie gut die Halde durch attraktive Verbindungen zwischen Innenstadt, Zechensaal, Kulturfabrik und Biergarten zu einem Mehrgenerationenpark ausgebaut werden könnte, ging es weiter über Nebenstraßen bis in die Fußgängerzone, wo der Kulturverein Krawatte als Endstation des Spaziergangs mehrere Aktionen vorbereitet hatte.
An zentraler Stelle der Stadt steht seit Jahren ein altes Fachwerkhaus leer und verfällt zusehends. Um auf diesen unhaltbaren Umstand und auf dessen Veränderungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen, gab es vor Ort „Am Thie“ gemeinsam mit dem Tourismusverein Barsinghausen Informationen zum neuesten Sachstand. Außerdem konnte man sich dank einer finanziellen Unterstützung durch die Architektenkammer Niedersachsens von außen akustisch und von innen visuell ein Bild von dem traurigen Zustand des Gebäudes machen. Gleichzeitig wurde für die Rettung des Hauses aus dem Jahr 1827 von einer kleinen Privatinitiative Ideen und Unterschriften gesammelt. Bei einer spontanen Pressekonferenz vor dem Haus lobte der anwesende Präsident der Architektenkammer Robert Marlow ausdrücklich diese Aktivitäten und unterstrich ihren Vorbildcharakter beim Umgang mit baukulturellen Fragestellungen. Zunehmender Leerstand, hohe Grundstückspreise und überteuerte Mieten werden die Probleme der Innenstädte zukünftig dramatisch verschärfen, wenn Kommunen dieser Entwicklung nicht durch Nutzung des gerade neu aufgelegten milliardenschweren Förderprogramms entgegenwirken.
Neben dieser spannenden Installation, die auf breites Interesse und große Zustimmung der Passanten traf, traten zum ersten Mal die „Rollenden KulturVerbinder“ in der Innenstadt auf. Dies ist ein von der Soziokultur Niedersachsen gefördertes Projekt des Kulturvereins Krawatte zusammen mit dem Künstler Franz Betz. In einem mobilen Atelier werden übergroße Puzzleteile mit Symbolen der verschiedensten Kulturtechniken bemalt. Schablonen helfen auch ungeübten Menschen sich auf den Teilen künstlerisch zu verewigen. Immer wieder werden die Rollenden Kulturverbinder in den nächsten Wochen im Stadtgebiet Bürger zum Mitmachen animieren, bis der Künstler im September alles zu einer Skulptur vor der Kulturfabrik verbinden wird. Besonders erfreulich war, dass diese Aktionen gemeinsam mit der Finissage der Kunstausstellung „Aufbruch“ stattfanden, die auf Initiative der City-Group „Unser Barsinghausen“ mit Unterstützung des Kunstvereins Barsinghausens seit dem 5. Mai Menschen zum Bummeln in die Innenstadt lockte. Als Fazit kann festgestellt werden, dass eine lebendige Stadtgesellschaft mit unterschiedlichsten Ideen und Ansätzen in Summe dazu beitragen kann, dass Innenstädte nicht nur dem Handel dienen, sondern ebenso als Marktplatz der Ideen, des Austausches und des Diskurses genutzt werden können. Damit dies gelebter Alltag wird und nicht nur Ausnahme bleibt, bedarf es attraktiver öffentlicher Innen- und Außenräume. Dafür will sich der Kulturverein Krawatte in den nächsten Jahren verstärkt einsetzen.
Fotos: Bärbel Cronau- Kretzschmar