Starke Mädchen und engagierte Regisseurinnen drücken dem Sehpferdchen-Filmfest ihren Stempel auf

REGION (red).

Freuen sich über ein vielseitiges Filmfest-Programm: Reihe oben, v.l. Eva-Maria Schneider-Reuter, Moderatorin und Expertin für Kinderfilme, Andreas Holte, Leiter des Filmfestes und des Medienzentrums der Region, Jakob Kijas, Geschäftsführer des Filmverleihs eksystent distribution, Reihe unten v.l. Ralf Knobloch-Ziegan, Leiter des Kinos im Künstlerhaus, Matthias Battefeld, Vorstand der Hannoverschen Volksbank eG und Klaus Kooker, Kurator des Filmfestes.

Starke und selbstbewusste Mädchen, die Herausforderungen mit Teamgeist lösen – das sind die Heldinnen vieler Filme des Sehpferdchen-Filmfestes 2020. Das „Sehpferdchen – Filmfest für die Generationen“ startet am 1. März und bietet bis zum 11. März 24 Filme aus 20 Nationen in 70 Vorstellungen für Kinder, Jugendliche und durchaus auch für Erwachsene. Beim 13. Sehpferdchen-Filmfest für die Generationen dreht sich vieles rund um das Thema „Gender Mainstreaming“. Ein Thema, das förmlich in der Luft lag, wie Andreas Holte, Filmfest-Leiter und Leiter des Medienzentrums der Region Hannover, bei der heutigen Programmvorstellung im Kino im Künstlerhaus berichtet. „Dieses Mal war es ganz leicht, einen Akzent im Programm zu setzen. Wir stellen erfreut fest, dass im Kinder- und Jugendfilm immer mehr Regisseurinnen tätig sind, was auch eine andere Sicht- und Herangehensweise mit sich bringt. Hier kann man gut begreifen, was Gender Mainstreaming bedeutet.“ Eröffnet wird das Sehpferdchen am Sonntag, 1. März 2020, um 15 Uhr im Kino im Künstlerhaus Hannover. Zum Auftakt läuft der indische Spielfilm „Chuskit“, empfohlen für Zuschauerinnen und Zuschauer ab 7 Jahren. Diese Vorstellung ist bereits ausverkauft, für Freitag, 6. März, 16 Uhr, sind aber noch Karten erhältlich. Doch was bedeutet es eigentlich tatsächlich, wenn der Kinderfilm weiblicher wird? Die Antwort darauf weiß Eva-Maria Schneider-Reuter aus Berlin, Moderatorin und Expertin für Kinderfilm. „Wenn wir heute den Kinder- und Jugendfilm im Hinblick auf den Genderbegriff beleuchten, begegnen wir immer häufiger Geschichten, die zum Perspektivwechsel einladen. Warum nicht Mamas, die Bauarbeiterinnen von Beruf sind, Enkelinnen, die mehr von der komischen Oma verstehen als die ganzen Erwachsenen oder eine unsichere, schüchterne 15-jährige, die ganz sicher nichts mit der Meinung aller anderen anfangen kann. In den diesjährigen Filmen gibt es bei der Suche nach der eigenen weiblichen, wie männlichen, Identität diverse Möglichkeiten zu entdecken. Die Filme wollen das Selbstverständliche im geschlechtsspezifischen Verhalten in Frage stellen. Und mehr denn je treffen wir im Kinderfilm auf starke weibliche Hauptfiguren, die sich gegen das klassische Rollenbild wenden und sich gleichzeitig in der sensiblen Phase befinden, in der man nicht auffallen möchte. Die Frage ist: Wie wird man selbstbewusst genug, um seinen Weg zu gehen?“ Dieser Frage gehen gleich mehrere Filme auf den Grund. Drei davon hebt die Expertin besonders hervor: Das im niederländischen Film schon lange gelebte und sehr diverse Gesellschaftsbild zeigt sich auch im Film „Binti“. Das afrikanische Flüchtlingsmädchen ist zehn Jahre alt und lebt mit ihrem Vater in Duldung. Wenn sie nicht gerade der Polizei davonrennen muss, dreht sie laute schnelle Videos, trägt ein buntes, auffallendes Outfit und ist auch sonst ein äußerst taffes und selbstbewusstes Mädchen. Der Vloggerin zur Seite steht Elias, ein zarter langhaariger blonder Knabe, eher ätherisch, zurückhaltend, schüchtern. In dieser umgekehrten Rollendefinition finden sich erstaunliche Gemeinsamkeiten. Im Film „Der Brotverdiener“ spielt die elf Jahre alte Parvana die Hauptrolle. Sie kann lesen und schreiben, was in Afghanistans Hauptstadt Kabul unter der Herrschaft der radikalislamischen Taliban sehr ungewöhnlich ist. Gelernt hat sie das Lesen bei ihrem Vater, den sie jeden Tag auf den Markt begleitet. Dort liest er den Menschen Geschichten vor – bis er verschleppt wird und ins Gefängnis kommt. Um die Familie zu versorgen, wird Parvana, als Junge verkleidet, zum Brotverdiener. Ihren Traum von der Gleichberechtigung kann sie sich nur in erfundenen Geschichten ausmalen. Der Film „Hundert Kilo Sterne“ handelt von der 16-jährigen Loïs. Sie hat eine Begabung für Physik und wünscht sich nichts sehnlicher, als Astronautin zu werden. Aber Loïs ist fettleibig und wiegt über 100 Kilo. Nach einer lebensbedrohlichen Diät wird sie in eine Klinik eingewiesen und trifft dort auf drei Mädchen, die alle mit ihrer Unvollkommenheit nicht auskommen und scheinbar in dieser Welt keine Chancen haben. Aber Amélie, Stannah und Justine sind zusammen bereit, wenigstens einer von ihnen ihren Traum zu erfüllen. Denn im Weltraum spielen Aussehen und Gewicht keine Rolle, man ist federleicht und kann einfach nur man selber sein. Mit Freude wurde die diesjährige Filmauswahl auch in München aufgenommen. Jakob Kijas ist Geschäftsführer des jungen Filmverleihs eksystent distribution, er engagiert sich für mutige Filme zu Themen wie Jugend und Gender. „Wir haben mit großer Begeisterung zur Kenntnis genommen, dass die Diversität, die die Vielseitigkeit der Geschlechter und ihrer Formen darstellt, in Kinderfilmen in den letzten Jahren immer mehr zugenommen hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir da auf einem guten Weg sind“, so Kijas. Dank Kurator Klaus Kooker, der auch für die Beschaffung von Filmen aus aller Welt zuständig ist, dürfen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer in diesem Jahr über weitere besondere Gäste freuen. „Wir konnten diesmal nicht nur Regisseurinnen und Regisseure, sondern auch Drehbuchautorinnen als Gäste gewinnen “, so Kooker. „Ihre Arbeit ist ein weiterer spannender Aspekt bei der Entwicklung eines Films.“ Im Anschluss an alle Vorstellungen gibt es moderierte Diskussionen mit dem Publikum. Die anwesenden Filmschaffenden werden dann bei ihrem jeweiligen Film als Gesprächspartnerinnen und -partner dabei sein. Neun Filme des Kinderprogramms werden zudem begleitet von den sogenannten „Patenfilmen“. Dabei handelt es sich um Videoprojekte aus Schulen und aus der Stadtteilkulturarbeit in Hannover. Sie sind als Vorfilm zur jeweiligen Hauptvorstellung zu sehen. Der Kinofuchs und sein Praktikant Christian, zwei schon recht bekannte Mitarbeiter des Kinos im Künstlerhaus, präsentieren zudem für die Jüngsten ab vier Jahren ein Kurzfilmprogramm. Das Generationenkino um 20.15 Uhr zeigt einige Filme des Programms, die Andreas Holte unbedingt auch Erwachsenen empfiehlt: „Ein wichtiges Angebot zum Abgleichen von Sichtweisen und Haltungen zwischen Erwachsenen, Kindern und Jugendlichen“, betont der Festival-Leiter. Zu sehen gibt es die internationalen Produktionen im Kino im Künstlerhaus Hannover, in der Neuen Schauburg in Burgdorf, im Cinema in Neustadt a. Rbge. und im Kino am Raschplatz in Hannover. Schulklassen, Gruppen, Familien oder Einzelbesucher können unter www.filmfest-sehpferdchen.de Eintrittskarten buchen. Dort sind auch alle weiteren Informationen zu Filmen, Vorstellungen, Gästen und Projekten zu finden. Programmhefte gibt es in den Kinos, den Stadtteilkultureinrichtungen Hannovers und in allen Schulen in Stadt und Region.

Der Eintritt beträgt pro Veranstaltung 3,50 Euro in allen Kinos, Lehrkräfte und andere Personen, die Schulklassen oder Gruppen begleiten, haben freien Eintritt. Die Vorstellungen im Kino im Künstlerhaus um 20.15 Uhr kosten 6,50 Euro, ermäßigt 4,50 Euro. Dort haben Inhaberinnen und Inhaber des HannoverAktivPasses freien Eintritt. Reservierungen unter www.filmfest-sehpferdchen.de. Das „Sehpferdchen – Filmfest für die Generationen“ ist ein gemeinsames Projekt von: Medienpädagogisches Zentrum e.V. Hannover (Trägerschaft), Medienzentrum der Region Hannover, Kino im Künstlerhaus Hannover, Landeshauptstadt Hannover – Kulturelle Kinder- und Jugendbildung, LAG Jugend & Film Niedersachsen e.V. Förderer sind nordmedia Film- und Mediengesellschaft Niedersachsen/Bremen mbH, VR-Stiftung der Volksbanken und Raiffeisenbanken in Norddeutschlande / Volksbank Hannover eG, Kulturförderung der Region Hannover, Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Schirmherr des Filmfestes ist Ministerpräsident Stephan Weil.

Foto: Region Hannover / Christian Draheim.