Trockene Witterung verursacht Schäden an den Maisbeständen

Jetzt nicht vorschnell handeln, sondern genau beobachten

REGION (red). Die zum Teil sehr trockenen Witterungsbedingungen der letzten Wochen und Monate haben besonders auf leichten Böden deutliche Schäden an den Maisbeständen verursacht. Die Bandbreite der Auswirkungen ist dabei groß; von harmlosem Blattrollen bis hin zu verbrannten Blättern und Pflanzen ohne geschobene Fahne und Kolbenansatz bieten die verschiedenen Standorte alles. Auf Böden mit guter Wasserführung machen die Bestände i.d.R. optisch einen guten Eindruck. Doch nicht alle Bestände haben die Trockenphase schadlos überstanden. Gerade der Mais auf leichten Böden sowie Zweitfruchtbestände nach Grünroggen oder Ackergras zeigen Wachstumsdepressionen mit verspäteter und mangelhafter Kolbenausbildung. Dies geht zu Lasten der Qualität und des Ertrags. Insbesondere sehr unterschiedlich entwickelte Flächen sowie innerhalb einer Fläche häufig heterogene Bestände machen es den Maisanbauern schwer, den richtigen Erntetermin zu finden. Der optische Eindruck eines Bestandes vom Feldrand her kann dabei erheblich täuschen. Nicht selten zeigen sich die Folgen der langen Trockenheit erst beim Durchlaufen der Flächen und der genauen Betrachtung der Kolbenentwicklung. Bei Beständen mit normalem Saattermin fiel die Blüte nicht selten in die Phase der sehr heißen Temperaturen im Juli. Bei Temperaturen knapp unter 40 °C kann es zu Problemen beim Schieben der Fahne oder der Narbenfäden gekommen sein, so dass der Pollen die Kornanlagen nicht, oder nur unvollständig, befruchten konnte. Daher ist es jetzt wichtig, sich einen Eindruck von der Kolbenentwicklung, insbesondere dem Befruchtungserfolg, zu verschaffen. Hierfür müssen die Lieschblätter geöffnet werden, ein Blick von Weitem genügt nicht.

Geschädigte Bestände genau beobachten: Solange die Pflanzen wüchsig sind, sollte die physiologische Reife der Kolben (auch wenn dieser nur zum Teil befruchtet wurde) abgewartet werden, da bis dahin in den Kolben der Zucker, den die Pflanze produziert, in Stärke umgewandelt wird – dadurch steigen dann die TS-Gehalte. Dies gilt auch für bereits deutlich geschädigte Pflanzen, jedoch nicht mehr, wenn keine, bzw. keine befruchteten Kolben vorhanden sind. Sollten die Bestände jedoch weiterhin stark Trockenstress zeigen, sodass neben den bereits verbrannten Blättern nur noch einzelne grüne, gerollte Blätter verbleiben, die keine weitere Entwicklung mehr erwarten lassen, muss ggf. eine vorzeitige Ernte der betroffenen Flächen bzw. Bereiche in Betracht gezogen werden. Eine Möglichkeit, die Vitalität unter Trockenheit leidender Bestände zu prüfen, besteht darin, im Bestand mehrere Pflanzen (3 – 6) mit einem kleinen Ringgraben zu umschließen und diesen händisch mit Wasser zu füllen. An den folgenden 1 – 3 Tagen wird dann erkennbar, ob der Bestand sich nach Niederschlägen noch erholen und weiter Ertrag bilden würde, oder ob eine Regeneration unwahrscheinlich wird. Auf diese Weise lässt sich die Notwendigkeit einer vorzeitigen Beerntung abschätzen.

Wringprobe zeigt, ob Sickersaft anfällt: Mit der sogenannten Wringprobe im unteren Stängelbereich lässt sich feststellen, ob die Pflanzen noch mit Wasser versorgt sind, oder ob das Mark der Stängel schon ausgetrocknet ist. Erhöhte Wassergehalte im Erntegut führen zu einem hohen Sickersaftanfall, mit dem Energie verloren gehen. Solange bei der Wringprobe der Pflanzensaft tropfend austritt, liegt der TS-Gehalt um ca. 20 %. Erst wenn beim Verdrehen des Stängels kaum Saft austritt und sich nur noch ein wenig Schaum bildet, sinkt gerade bei kolbenlosem Mais die Gefahr starker Sickersaftbildung. Der TS-Gehalt der Restpflanze liegt dann bei rund 25 %. Zeigt sich bei der Wringprobe kein Schaum mehr, kann von 28 % TS und mehr ausgegangen werden und es muss kein Sickersaft mehr befürchtet werden. Jedoch führen bereits leichte Regenschauer mit wenigen Millimeter Niederschlag dazu, dass sich das Mark wieder vollsaugt und die TS-Gehalte deutlich absinken.

Sickersaftaustritt vermeiden: Bei der Ernte und Silierung der von Trockenschäden betroffenen Maisflächen bzw. Teilflächen gilt es besonders, das mögliche Auftreten von Sickersaft zu bedenken. Es sollten Vorkehrungen gegen eine Sickersaftbildung getroffen werden und/ oder Auffangmöglichkeiten bestehen. Durch eine entsprechende Schicht ausreichend trockener Mais- oder auch Grassilage oder auch Raps- oder Getreidestroh unter dem zu silierenden Futter kann dies geschehen; aber auch durch Durchmischung, zum Beispiel mit Trockenschnitzeln, kann dem Saftaustritt vorgebeugt werden. Ein Austreten und Ablaufen oder Versickern ist unbedingt zu vermeiden. Vor dem Hintergrund der Silierbarkeit und der Fütterungseigenschaften des kolbenlosen aber zuckerreichen Ernteguts kann auch die Durchmischung mit Maissilage aus dem Vorjahr eine sinnvolle Möglichkeit der Konservierung darstellen, auch wenn dies im ersten Schritt mit Zusatzaufwand verbunden ist.

Siliermittel einsetzen: Beim Silieren der durch Trockenheit geschädigten Bestände ist Folgendes zu beachten: Durch die hohen Temperaturen und den Trockenstress ist mit einem ungünstigen Keimbesatz zu Lasten der gewünschten Milchsäurebakterien zu rechnen. Gleichzeitig sind hohe Gehalte an Zucker im Siliergut zu erwarten. Je nach Feuchtegrad des Siliergutes kann die Ansäuerung und damit die Gärgasbildung recht kräftig ausfallen, was beim Siloverschluss zu berücksichtigen ist. Der Einsatz eines Siliermittels zur anaeroben Stabilisierung und zur Vermeidung einer Nacherwärmung (DLG Wirkungsrichtungen 1c und 2) wird angeraten, da nach dem Öffnen des Silostocks mit Nacherwärmung und Schimmelbildung gerechnet werden muss. Bei Trockenmasse-Gehalten über 40 Prozent sollte die Häcksellänge auf weniger als 6 mm eingestellt werden, um eine entsprechende Verdichtung der Silage zu erreichen.

Nitrosegasbildung nicht unterschätzen: Durch die besondere Zusammensetzung des trockenheitsgeschädigten Ernteguts kann es im Silierprozess zur Bildung von Nitrosen Gasen (bräunliches Gas, schwerer als Luft) kommen. Diese sind stark ätzend und besonders für die Atemwege inkl. der Lunge sehr gefährlich, beim Einatmen besteht Lebensgefahr! Bei Auftreten von entsprechenden Gärgashauben unter der Folie ist entsprechende Vorsicht geboten, hier gilt, die Gase nicht ablassen und sich und andere fernhalten.

Reifeprognosen z.T. sehr schwierig: Sowohl die nun beginnende Maisreifeprüfung der LWK Niedersachsen als auch andere Prognosemodelle stoßen unter diesen extremen Witterungsbedingungen bei nur unvollständig entwickelten Pflanzen an ihre Grenzen. Das Auge und die Sinne des Landwirts sind bei der Beurteilung der jeweiligen Situation vor Ort sicher nach wie vor ein guter Ratgeber.

Ertragsverluste schwer abzuschätzen: Bei vollständig kolbenlosen Maisbeständen sind die Ertragseinbußen gravierend, da allein der Kolben i.d.R. mehr als 50 % des Trockenmasseertrags erzielt. Hinzu kommt, dass die unter starkem Trockenstress herangewachsenen Restpflanzen ebenfalls im Wuchs eingeschränkt sind. Diese Bestände sind dann bereits zu häckseln, wenn bei der Wringprobe kein Schaum mehr austritt. Bei kolbenlosen Beständen muss also von Mindererträgen von deutlich über 50 % ausgegangen werden. Wurden Kolben gebildet, ist durch die oben beschriebene Herangehensweise der TS-Gehalt für den Bestand repräsentativ zu ermitteln und die Bekörnung der Kolben zu prüfen. Hier darf nicht übereilt und somit zu früh gehäckselt werden, um von einem noch möglichen Zuwachs sowie der Stärkeeinlagerung in die Kolben noch profitieren zu können und die potenziellen Verluste im Silo durch das Häckseln bei hohen Wassergehalten zu vermindern.

Grundfuttermangel vorbeugen: Auf den sich daraus ergebenden Grundfuttermangel sollte daher frühzeitig reagiert werde. Dies kann zum Beispiel durch den Zukauf von durch die Trockenheit beeinträchtigten Körnermaisbestände, die dann als Silomais geerntet werden, geschehen. Aber auch Futterzukäufe über größere Entfernungen sind eine Möglichkeit, denn anders als im Jahr 2018 herrscht in weiten Teilen des nördlichen Niedersachsens kein Futtermangel.

Derzeit sollte nicht überhastet zum Häckseln übergegangen werden, weil dadurch möglicherweise die größten Einbußen entsteht. Der Mais kann u.U. – abhängig vom weiteren Witterungsverlauf – noch Ertrag und Qualität bilden. Erst bei noch länger anhaltender Trockenheit werden stark geschädigte und absterbende Bestände geerntet werden müssen.

Fotos: Gerheide Knüttel