REGION (red).
In Niedersachsen wurden im vergangenen Jahr 302 Tuberkulose-Neuerkrankungen registriert, damit liegt die Anzahl der neu aufgetretenen Fälle bei 3,8 je 100.000 Einwohner (2021: 3,2 je 100.000 Einwohner, 258 Neuerkrankungen). Dies ist der erste Anstieg, nachdem die Zahlen seit 2018 kontinuierlich zurückgegangen sind. Deutschlandweit lag die Zahl der Neuerkrankungen im vergangenen Jahr bei 4,9 je 100.000 Einwohner. Auch für die Region Hannover ergibt sich ein ähnliches Bild: die Zahl der gemeldeten Tuberkulosefälle ist von 61 im Jahr 2021 (5,3 Fälle je 100.000 Einwohner) auf 68 im Jahr 2022 (5,9 Fälle je 100.000 Einwohner) angestiegen. Zum Welt-Tuberkulose-Tag am 24. März gab NLGA-Präsident Fabian Feil eine Einschätzung zur aktuellen Situation: „In erster Linie ist der registrierte Anstieg der Tuberkulose-Fallzahlen auf die hohe Wirksamkeit von Präventivmaßnahmen zurückzuführen. Da die meisten Fälle frühzeitig erkannt und behandelt werden, besteht für die Bevölkerung hierzulande kein nennenswert erhöhtes Infektionsrisiko. Entscheidend ist die frühzeitige Diagnose. Vor allem bei Menschen, die aus Ländern kommen, in denen Tuberkulose häufiger vorkommt, muss bei Symptomen wie länger anhaltender Husten an Tuberkulose gedacht werden.“
Marlene Graf, Leiterin des Gesundheitsamtes der Region Hannover, unterstreicht den wichtigen Aspekt der Früherkennung: „Tuberkulose ist eine seltene Erkrankung, die jedoch im Blick behalten werden muss. Besonders wichtig ist uns, die Ärztinnen und Ärzte für das Thema zu sensibilisieren.“ Tuberkulose kommt in vielen Ländern häufiger vor als in Deutschland, das zu den Niedrig-Inzidenzländern zählt. So lag die Zahl der Neuerkrankungen je 100.000 Einwohner 2021 in Rumänien bei ca. 50, in der Ukraine bei ca. 70 je 100.000 Einwohner und in Indien bei ca. 200 (WHO_Global Tuberculosis Report 2022). Die Ursachen liegen in schlechteren Lebensumständen, wie beengte Wohnverhältnisse, unzureichende Ernährung, schlechte hygienische Bedingungen und eine mangelhafte Gesundheitsversorgung. Weltweit begünstigen Konflikte, Naturkatastrophen, Flucht und Migration die Ausbreitung der Tuberkulose. Die Gesundheitsämter tragen entscheidend dazu bei, dass Erkrankte früh diagnostiziert, zielgerichtet behandelt und infektionsgefährdete Personen im engen Umfeld des/der Erkrankten untersucht und bei Bedarf vorbeugend behandelt werden. Das NLGA unterstützt die örtlichen Gesundheitsämter durch Beratung und Diagnostik. Zudem organisiert das NLGA regelmäßig eine Veranstaltung für die Gesundheitsämter, die dem fachlichen Austausch dient und in der das Vorgehen bei Einzelfällen diskutiert werden kann.
„Wird die Tuberkulose schnell erkannt und behandelt, stellt sie keine Gefahr für andere Menschen dar“, erläutert Dr. Fabian Feil. „Die Tuberkulose ist nicht so leicht übertragbar, wie zum Beispiel die Influenza. Es muss dafür ein enger Kontakt über einen längeren Zeitraum bestehen.“ Nach erfolgter Infektion erkranken etwa 5 – 10 % der Infizierten. In den meisten Fällen gelingt es dem Immunsystem die Vermehrung der Bakterien zu unterbinden. Diese „ruhende“ Phase kann Jahre bis Jahrzehnte andauern, man spricht von einer latenten Tuberkulose. Ist das Abwehrsystem geschwächt, kann die Erkrankung ausbrechen.
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