Unternehmer Günter Weidemann wird mit Goldener Ehrennadel der Stadt ausgezeichnet

Mit der Ehrung wird der Aufbau der Schollglas-Gruppe gewürdigt / „Kunden sind Partner“ / Barsinghausen ist mit 138 Mitarbeitern die Zentrale des weltweit agierenden Unternehmens

IMG_9915BARSINGHAUSEN (ta). Im Rahmen einer großen Feierstunde wurde heute der Unternehmer, Günter Weidemann, der vor 47 Jahren begann, die Schollglas-Gruppe aufzubauen, mit der zweithöchsten Ehrung, die die Stadt Barsinghausen zu vergeben hat, nämlich der Goldenen Ehrennadel, von Bürgermeister Marc Lahmann ausgezeichnet. Zudem waren zahlreiche Gäste aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in die Remise des Rittergutes Wichtringhausen gekommen, um dem erfolgreichen Kaufmann und Entwickler zahlreicher innovativer Glasprodukte die Ehre zu erweisen. Als Hamburger Jung begann Weidemann nach dem Krieg seine kaufmännische Tätigkeit mit den Verkauf von Metall an Schrotthändler. Dann wurde er Geschäftsführer von Fischer-Glas. In dieser Zeit heiratete er. „Ich wollte aber stets mehr“, bekannte Weidemann in einer filmischen Dokumentation, daher habe er selber eine Firma aufgebaut. Er siedelte also mit seiner Firma nach Hannover um, suchte nach Marktnischen für den Glasabsatz und fädelte in der Folge erste Geschäfte mit der damaligen DDR und der Tschechoslowakei ein, wobei er nach eigenem Bekunden stets der Devise „Kunden sind Partner“ treu geblieben sei. Die Geschäfte florierten zunehmends und Weidemann benötigte ein Lager für verschiedene Glasprodukte. So kam es zum Neubau in Barsinghausen, der 1979 bezogen wurde. Mitte der 80er Jahre wurde die Produktpalette durch den Zugang zur Haushaltswarensparte erweitert. Großen Erfolg hatte die Firma dabei insbesondere mit speziellem Sicherheitsglas für Kühlschränke. In der Wendezeit ergaben sich ganz neue Geschäftsbeziehungen im Osten, so dass zwei Schollglas-Betriebe in Leipzig und Berlin aufgebaut wurden.

IMG_9916 Es folgten die Erfindung eines ausgetüftelten Isolierglases und 2004 die Auszeichnung mit dem Innovationspreis für Notausstiegsfenster der Deutschen Bahn. Aktuell beschäftigt Schollglas 1500 Mitarbeiter in 20 Betrieben in ganz Europa, tätigt weltweit Geschäfte und weist einen Jahresumsatz von 200 Millionen Euro auf. Da Weidemann keinen Erben hat, wurde das Unternehmen vor einigen Jahren zunächst an einen Finanzinvestor veräußert. Damit drohte allerdings der Weiterverkauf und somit die wahrscheinliche Zerschlagung des Lebenswerks von Günter Weidemann. Also kaufte er die Anteile 2007 zurück und gründete eine Stiftung. Die Zentrale des Unternehmens besteht nach wie vor in Barsinghausen, wo allein 138 Mitarbeiter beschäftigt sind. „Und wir bleiben auch hier – trotz der vergleichsweise hohen Gewerbesteuersätze“, so Weidemann. Zum Geheimnis seines Erfolgs sagte er: Ich war schon in jungen Jahren bereit, mehr zu riskieren als andere.“ Zudem dankte er seinen langjährigen und loyalen Mitarbeitern. Bürgermeister Marc Lahmann würdigte den außergewöhnlichen Unternehmer mit folgender Rede: „Ich freue mich sehr, dass der Rat der Stadt Barsinghausen meinem Vorschlag einstimmig zugestimmt hat, Sie – sehr geehrter Herr Weidemann – aufgrund Ihrer Verdienste für die Stadt Barsinghausen mit der Goldenen Ehrennadel der Stadt Barsinghausen auszuzeichnen. Diese ist die höchste Auszeichnung, die die Stadt nach der Ehrenbürgerschaft, verleihen kann.

IMG_9910 Und diese Goldene Ehrennadel der Stadt Barsinghausen möchte ich in der heutigen Feierstunde Ihnen, Herr Weideman, für Ihr Lebenswerk und Ihre Verdienste für die Stadt Barsinghausen verleihen. Oft hilft ein Blick in die Vergangenheit, um die Gegenwart besser zu verstehen“, sagen Sie, Herr Weidemann, in Ihrem Buch „Glasklar“. Wir möchten gleich gern zurück in Ihre Vergangenheit schauen und freuen uns, dass Sie uns Ihren Film „Ein Leben für Glas“ zur Verfügung gestellt haben. Es ist Ihre Erfolgsgeschichte, Herr Weidemann – vom Hamburger Jungen zum Gründer eines der heute erfolgreichsten Unternehmen der Glasbranche. Es ist die Erfolgsgeschichte der Schollglas-Gruppe, die heute über 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 20 Standorten in mehreren Ländern beschäftigt. Diese Erfolgsgeschichte der Schollglas-Gruppe ist ein herausragendes Beispiel des deutschen Mittelstandes. Sie, sehr geehrter Herr Weidemann, haben durch die Gründung des Unternehmens Schollglas im Jahre 1969 und mit der Ansiedlung in Barsinghausen ein internationales Unternehmen aufgebaut und sich damit in wirtschaftlicher Hinsicht sehr um die Stadt Barsinghausen verdient gemacht. Denn eine florierende Wirtschaft ist die Basis einer Kommune. 1973 wurde der Firmensitz nach Barsinghausen verlagert – zunächst übergangsweise in die Landstraße 89. Im Herbst 1975 ist die Firma Schollglas in das neue Gebäude in der heutigen Schollstraße umgezogen, das seither zweimal erweitert wurde. Ihre unternehmerische Maxime beschreiben Sie in Ihrem Buch wie folgt: „Ich musste meine Organisationsstruktur immer wieder auf den Prüfstand stellen und an neue strategische Weichenstellungen anpassen. Ich musste mich immer wieder mit hohem Tempo auf die sich rasant verändernden Kundenbedürfnisse einstellen.“ Sei es scheinbar unspektakuläres Sicherheitsglas für Kühlschränke, Dachlukenfenster, Trennwände für Taxis, Gartenglas für Gewächshäuser oder aber innovatives Isolierglas  mit warmer Kante – alles hatte seine Zeit, man musste es nur erkennen – und Sie, sehr verehrter Herr Weidemann, haben es erkannt – oftmals, und auch das hat den Erfolg ausgemacht, vor den Anderen! Das erforderte manches Mal Überzeugungskraft und natürlich auch ein wenig Glück. Ja, was für eine Erfolgsgeschichte! Sie waren ja bereits mit 27 Jahren Geschäftsführer im Unternehmen Ihres Schwiegervaters und mussten sich gegenüber sehr viel älteren und erfahreneren Mitarbeitern behaupten und diese führen. Das war sicher nicht immer einfach. Unternehmergeist, Mut, Kompetenz, Konsequenz und Vorbildfunktion sind seitdem Ihr Rezept, um Akzeptanz und Anerkennung zu gewinnen. Die Geschichte von Schollglas ist auch eine Geschichte der Menschen dahinter. Sie können mit Recht stolz darauf sein, dass sich Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren und sich für die Sache mit großem Engagement einsetzen. So wie Sie, lieber Herr Weidemann, es Ihren Angestellten immer vorgelebt haben. Sie hatten nicht selten einen 12-Stunden-Tag oder mehr. Umso beeindruckender ist für mich die Tatsache, dass Sie bei all der Arbeit, bei all der Zeit, die Sie in das Unternehmen investiert haben, die Menschen innerhalb und auch außerhalb Ihrer Firmengruppe in den Vordergrund gestellt haben. „Das Wichtigste ist der Mensch“ ist Ihr Leitspruch. Seien es die Kunden, die Sie stets als Partner angesehen haben, oder seien es Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wie Sie in Ihrem Buch schreiben, war für Sie bei Stellenbesetzungen neben der fachlichen Qualifikation stets die charakterliche Eignung ein wichtiges Kriterium. Die Chemie musste stimmen, man musste zusammenpassen. Eben dieses Zusammengehörigkeitsgefühl – das Wir-Gefühl – war und ist Ihnen ein wichtiges Anliegen. Es macht uns in Barsinghausen stolz, einen solchen Arbeitgeber in unserer Stadt zu haben. Wie wichtig Ihnen die Menschen und deren Arbeitsplätze sind, haben Sie eindrucksvoll durch den Rückkauf Ihres Unternehmens im Jahr 2007 bewiesen. Im Rahmen der Neustrukturierung der Nachfolgeregelung hatten Sie sich ursprünglich zu einer Beteiligung eines Investors entschieden, der das Unternehmen Schollglas und die Arbeitsplätze nach Ihrem Ausscheiden sichern sollte. Dieser Partner verfolgte jedoch ab 2006 den Plan, das Unternehmen zu veräußern. Damit verbunden wären die Schließung von Standorten, die Verlegung des Firmensitzes sowie ein großer Verlust von Arbeitsplätzen gewesen. Die Vernichtung Ihres Lebenswerkes und das Schicksal Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter konnten Sie nicht hinnehmen. Trotz eines erheblichen finanziellen Verlustes – in Ihrem Film sagen Sie ja auch, dass dieses das betriebswirtschaftlich schlechteste Geschäft war, das Sie je gemacht haben – trotz dieses Verlustes haben Sie, sehr verehrter Herr Weidemann, die Anteile des Finanzinvestors an Ihrem Unternehmen zurückgekauft und haben somit eine Zerschlagung der Schollglas-Gruppe und den Verlust der Arbeitsplätze und damit der Lebensgrundlage vieler, vieler Menschen verhindert. Sie sind somit ein herausragendes Beispiel dafür, dass auch in der heutigen Zeit Menschen und ein Lebenswerk mehr wert sind als reine finanzielle Aspekte. Hierfür möchte ich Ihnen meine Hochachtung ausdrücken. Um die Arbeitsplätze sowie Ihr Lebenswerk nachhaltig zu sichern, gründeten Sie gemeinsam mit Ihrer Frau im Jahr 2010 die „Schollglas Stiftung Brigitte und Günter Weidemann“. Zweck der Stiftung ist die Erhaltung und Förderung der Schollglas-Gruppe, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Förderung und Aus- und Fortbildung junger Menschen sowie die Förderung naturwissenschaftlicher Studien in Forschung und Lehre. Durch diese Stiftung wurde eine optimale Nachfolgelösung gefunden, die eine nachhaltige Sicherung der Arbeitsplätze bedeuten. Die erste Stiftung, die „Weidmann-Stiftung“ haben Sie bereits im Jahr 1998 gegründet, die sich insbesondere der Förderung von Wissenschaft und Forschung vorwiegend auf dem Gebiet der Glasforschung und der Förderung von Kunst und Kultur verschrieben hat. Weiterhin fördert die Stiftung die Denkmalpflege, z. B. die Sanierung des Hodlersaals des Rathauses Hannover im Jahr 2012. Ebenso werden begabte Studentinnen und Studenten durch die Vergabe von Stipendien unterstützt. Die Stiftung ist selbstlos tätig und verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Des Weiteren unterstützt die Firma Schollglas und Sie, Herr Weidemann, auch lokal in Barsinghausen eine Vielzahl von Projekten und Einrichtungen, wie z. B. den Trägerverein Lehrschwimmbecken der Adolf-Grimme-Schule. Die große Anzahl an herausragenden Leistungen im unternehmerischen und im sozialen Bereich sind für die Stadt Barsinghausen heute der Grund Ihnen,  sehr verehrter Herr Weidemann, auf diesem Weg einmal herzlich für alles zu danken, Ihnen zu gratulieren zu Ihrem Lebenswerk und mit Stolz zu sagen, dass die Firma Schollglas und somit Ihr Wirken, Herr Weidemann, ein Teil Barsinghausens ist“, so Lahmann. Es folgte die Überreichung der Goldenen Ehrennadel, die Günter Weidemann unter Beifall mit den Worten kommentierte: „Was habe ich Außergewöhnliches verbrochen, um dieser Ehre zuteil zu werden?“

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IMG_9908Foto: ta