Fast 50 Interessierte folgten der Einladung der Grünen zum Themenabend

Sabine und Helmut Freitag (li.) begrüßen Wilhelm Gieseke von der Forstinteressenenschaft (2.v.re.) und Olaf von Drachenfels (NABU) als kompetente Gesprächspartner.
BARSINGHAUSEN (ta). Nach dem Auto ist der Wald eines der liebsten „Kinder“ der Deutschen. Mit Entsetzen müssen Waldbesucher und Forstbetriebe aber nun mit ansehen, wie zahlreiche Bäume – auch im Deister – aufgrund von zwei aufeinander folgenden, sehr trockenen Sommern und unter dem Einfluss von Stürmen und Borkenkäfern in kürzester Zeit in die Knie gehen. Wie man den Deister retten könnte – unter dieser Überschrift hatte der Ortsverband der Grünen für gestern Abend zu einem Informationsabend in das Naturfreundehaus eingeladen. Dazu konnten die Parteisprecher, Sabine und Helmut Freitag, nicht nur knapp 50 Teilnehmer, sondern auch Wilhelm Gieseke als Vorsitzender der Forstinteressentenschaft Barsinghausen-Altenhof und Olaf von Drachenfels als Vertreter vom NABU Barsinghausen als kompetente Gesprächspartner begrüßen. Auch wenn der Waldbeirat in Niedersachsen gerade finanzielle Hilfen beschlossen habe, so fielen diese wohl eher zu gering aus. Generell sei mehr Aufforstung nötig, meinte Helmut Freitag einleitend. Das Klima ändere sich momentan schneller als sich der Wald anpassen könne.
Außerdem gäbe es in Niedersachsen nur 2,8% reinen Naturwald, so Freitag. Für die Forstinteressenten, deren 250 Hektar großes Areal sich oberhalb von Barsinghausen von zirka der Höhe des Baltenweg bis zum westlichen Rand des Bullerbachtals erstreckt, erklärte Gieseke, 60% der Baumbestände seien noch Nadelhölzer, allerdings finde schon seit Jahren ein Umbau hin zu Laub- und Mischwald statt. Der immer noch sehr hohe Anteil des Nadelholzes sei auch auf die von Deutschland zu entrichtenden Reparationszahlungen nach dem Krieg zurückzuführen. „Wir sind dabei, den Wald umzugestalten“, betonte Gieseke, der den Begriff „Plantage“ für die Forstwirtschaft im Deister kategorisch ablehnte. Außerdem skizzierte er die letzten zwei Jahre nach, die maßgeblich zu dem jetzigen Erscheinungsbild des heimischen Waldes geführt hatten. Nachdem der Sommer 2017 noch deutlich zu nass gewesen sei, habe im Januar 2018 die richtige Katastrophe mit dem Sturm „Friederike“ begonnen. Allein im eigenen Forstbereich habe es einen erheblichen Windbruchschaden in der Größenordnung von rund 2000 Festmetern gegeben. Weiter gegangen sei es dann mit der Dürrephase von Mitte April bis September, als quasi kein wirklicher Regen gefallen sei. Als Folge des heißen Sommers habe sich dann auch noch der Borkenkäfer explosionsartig vermehrt. Seitdem suche nun schon die dritte Generation der Käfer die heimischen Baumbestände massiv heim.
Ziel sei es, die geschädigten Bäume so schnell wie möglich mit Harvestern aus dem Wald zu holen. Allein in 2019 seien bei der Forstinteressentenschaft schon 4000 Festmeter durch Borkenkäferschäden angefallen, das entspreche der dreifachen Menge des normalen Jahreseinschlages. Neu sei auch, dass der Borkenkäfer Bestände angreife, die bislang verschont geblieben seien. Der Befall sei derart hoch, dass der Einsatz der gängigen Käferfallen eigentlich keinen Sinn mehr mache. Folge von Stürmen, Hitze, Dürre und Borkenkäfer sei zudem, dass die Holzpreise in den Keller gerauscht seien, schilderte Gieseke die Lage in seinem Forst. Olaf von Drachenfels, Fachmann vom NABU, sagte, man sollte den Wald möglichst naturbelassen wachsen lassen und dabei soweit wie möglich auf das Anpflanzen von gebietsfremden Baumarten, wie die Douglasie, verzichten. Der Deister sehe aufgrund seines lehmigen Bodens trotz der trockenen Sommer vergleichsweise noch gut aus. Der Befall von Fichtenbeständen durch Borkenkäfer sei nichts Neues, neu sei allerdings, dass es auch zu einer Abtrocknung der Buchenbestände gekommen sei. Generell in den Blickpunkt gerückt werden sollte primär nun der Erhalt von Ökosystemen und nicht die staatlichen Entschädigungen von Forstbesitzern. Man brauche eine langfristige Strategie, Fichtenbestände sollten in Laub- und Mischwald umgewandelt werden. Von Drachenfels kritisierte aber auch die zu hohen Stickstoffeinträge durch die Land- und Forstwirtschaft. Stickstoff führe zwar zu einem schnelleren Wachstum der Bäume, allerdings würden diese auch anfälliger für schädigende Einflüsse. Außerdem schädige Stickstoff die Symbiose von Bäumen und Pilzen. Nicht weiter gefördert werden sollte das Anpflanzen von Douglasien anstelle von Fichten. Erstens handele es sich bei der Douglasien um eine gebietsfremde Art und zweitens würden sich die Borkenkäfer sehr schnell auf die neuen Nadelhölzer einstellen, so von Drachenfels.
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