Wie lassen sich Ressourcenschutz und Produktivität in der Landwirtschaft bestmöglich miteinander verbinden?

Feldtage der Landwirtschaftskammer zeigen Möglichkeiten für einen umweltschonenden Pflanzenbau / Auch Umweltminister Meyer war angereist

NIEDERSACHSEN (red). Landwirtschaftliche Betriebe und die Agrar-Beratung stehen vor der großen Herausforderung, alle Themen der landwirtschaftlichen Produktion mit den Umwelthemen in Einklang zu bringen. Womit dies gelingen kann und wo nach wie vor Zielkonflikte bestehen, zeigten auf vielfältige Weise die Fachleute der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) an zahlreichen Stationen und Versuchsfeldern auf den Feldtagen der LWK in Nordstemmen (Kreis Hildesheim). Nach einem sehr gut besuchten Programm für Praktikerinnen und Praktiker am Donnerstag stand auf der LWK-Versuchsstation Poppenburg am Freitag der Ressourcenschutz im Mittelpunkt von Gesprächen und Führungen insbesondere für Vertreterinnen und Vertreter von Behörden, Kommunen, Verbänden, Organisationen und Parteien. Rund 3.000 Gäste nutzten die Möglichkeit, sich in Poppenburg ein eigenes Bild von den aktuellen Fragestellungen auf dem Acker zu machen.

„Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel sowie die Förderung der Artenvielfalt sind nur drei der großen Herausforderungen, denen sich auch unsere landwirtschaftlichen Betriebe stellen müssen“, sagte Kammerdirektor Gerhard Schwetje während eines Rundgangs mit Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer. „Wir zeigen den Landwirtinnen und Landwirten auf den Feldtagen Handlungswege auf, auf denen sie politische Entscheidungen und den Wunsch der Gesellschaft nach mehr Nachhaltigkeit möglichst gut in den betrieblichen Alltag integrieren können.“ Dies gelinge umso besser, je größer der einzelbetriebliche Gestaltungsspielraum sei, hob Schwetje hervor. „Neben den naturräumlichen Gegebenheiten müssen wir den betrieblichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unserer Familienbetriebe nachhaltig Rechnung tragen.“

Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer: „Um Niedersachsens Boden und Gewässer zu schonen und den Artenrückgang aufzuhalten, müssen wir möglichst schnell den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren. Dafür können technische und digitale Lösungen eine entscheidende Rolle spielen. Die Praxisprojekte, die ich bei den Feldtagen kennengelernt habe, machen Mut, denn sie zeigen, was alles möglich ist. Im Niedersächsischen Weg finden sich darüber hinaus viele weitere Punkte, die Anreize geben, den Natur-, Arten- und Gewässerschutz in Niedersachsen gemeinsam mit den Landwirtinnen und Landwirten zu verbessern.“ Auf dem 28 Hektar großen Feldtags-Gelände wurde deutlich, dass sowohl im intensiven Anbau als auch mit extensiverer Nutzung vielfältige Möglichkeiten bestehen, Ressourcen schonend einzusetzen beziehungsweise zu nutzen sowie Raum für eine Förderung der Artenvielfalt zu schaffen. Mehrere Versuchs- und Demonstrationsanlagen verdeutlichten zum Beispiel die Wirkung unterschiedlicher Fruchtfolgen auf Folgekulturen und auf die Schutzgüter Boden, Luft und Wasser. Beim Anbau verschiedener Halmfrüchte (wie zum Beispiel Getreide) und Blattfrüchte (wie etwa der Zuckerrübe) hintereinander geht es unter anderem darum, Einsparpotenziale beim Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zu heben, die Gefahr von Resistenzen bei Unkräutern und Schädlingen zu vermindern und den Ackerbau an den Klimawandel anzupassen.

Auf die Pläne der Politik zur Reduzierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln ging die LWK mit praktischen Umsetzungs-Beispielen ein: Gefüttert mit Daten von Drohnen-Bildern brachte eine Feldspritze auf einer Fläche punktgenau nur dort Wirkstoffe aus, wo die digitale Technik zuvor Unkrautbefall festgestellt hatte. Bei den Maschinenvorführungen erlebten die Gäste des Feldtages unter anderem die Ressourcenschutz-Fähigkeiten eines autonomen Hackroboters, der den Einsatz einer Spritze überflüssig machen soll, aus der Nähe. Auch ohne Maschine und Wirkstoffe lassen sich Erfolge gegen unerwünschte Pflanzen erzielen: Die LWK-Fachleute für Ökolandbau dokumentierten in Versuchsparzellen, inwieweit eine gezielte Sortenwahl dabei hilft, Beikraut zu unterdrücken. Daneben zeigten sie, welche Wirkung die mechanische Unkrautbekämpfung mit dem Zinkenstriegel haben kann. Um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren, setzen auch immer mehr konventionell wirtschaftende Betriebe auf diese Technik. Beim Ressourcenschutz spielen Zwischenfrüchte wie Senf, Ölrettich und Leguminosen (Hülsenfrüchtler) eine wachsende Rolle. Entsprechend umfangreich waren die Versuchsanordnungen in Poppenburg: Zwischenfrüchte binden Nährstoffe und dienen damit dem Grundwasserschutz. Sie begrenzen die Verdunstung wertvollen Wassers, fördern die Bodengesundheit und lassen sich mit Blühmischungen für mehr Artenvielfalt kombinieren.

„Maßnahmen für mehr Biodiversität entfalten eine umso größere Wirkung, je mehr sie mit Strukturen der Landschaft verbunden sind – hier ist die Zusammenarbeit aller Akteurinnen und Akteure in der Fläche gefragt“, sagte Kammerpräsident Schwetje mit Blick auf die Kooperation zwischen bäuerlichen Betrieben, LWK, Behörden, Kommunen und Verbänden. „Die Landschaft insgesamt so zu gestalten, dass die Lebensraumansprüche für die Arten erfüllt werden, ist eine der Hauptaufgaben unseres erweiterten Beratungsangebotes zum Biotop- und Artenschutz aus dem Niedersächsischen Weg“, betonte Schwetje. Alle Unterzeichnerinnen und Unterzeichner dieses Naturschutzbündnisses – Landesregierung, Landvolk, LWK sowie die Naturschutzverbände BUND und NABU – waren auf dem Feldtag vertreten. Viel zu sehen und zu besprechen gab es auf dem Feldtag nicht nur am Rande der Versuchsparzellen, sondern auch auf der begleitenden Fachmesse, bei der weit über 100 Unternehmen und Organisationen für ihre Produkte und Dienstleistungen warben.

Fotos: Ehrecke/Landwirtschaftskammer Niedersachsen