Wie steht es um den Ökolandbau in Zeiten des Klimawandels?

Fachleute haben beim 14. Fachforum Ökolandbau der Landwirtschaftskammer Niedersachsen über aktuelle Themen referiert

Das Team Ökologischer Landbau der Landwirtschaftskammer Niedersachsen beim Fachforum Ökolandbau in Isernhagen: Detlef Vollheyde (von links), Katharina Bittner, Markus Mücke, Dr. Ulrich Klischat (Fachbereichsleiter), Meike May, Martin Schochow und Volker Graß.

REGION (red). Die Nachfrage nach Ökoprodukten wächst, der Ökolandbau breitet sich stetig aus und wird politisch gefördert. Doch wie wirkt sich in diesem Marktsegment der Klimawandel aus? Diese Frage stand im Mittelpunkt beim 14. Fachforum Ökolandbau der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) in Isernhagen. Mit den Herausforderungen und Chancen, die der Klimawandel für die Landwirtschaft und insbesondere den Ökolandbau mit sich bringt, befasste sich Prof. Dr. Jürgen Heß, ehemaliger Fachgebietsleiter Ökologischer Land- und Pflanzenbau der Universität Kassel, in seinem Vortrag. Generell stehe der Ökolandbau für eine nachhaltige Landwirtschaft – ein Grund, warum der Rat für Nachhaltige Entwicklung der Bundesregierung ihm auch eine Leitbildfunktion attestiere und allgemein sein weiterer Ausbau gefördert werden solle.

Eine groß angelegte Metastudie ging laut Heß der Frage nach der Belegbarkeit der Leistungen des Ökolandbaus für Umwelt und Gesellschaft nach. „Folgende wesentliche Erkenntnisse lassen sich festhalten: Der Ökolandbau erbringt vielfach positive Leistungen für Umwelt und Gesellschaft. Bezogen auf die Fläche ist er gegenüber der konventionellen Landwirtschaft nahezu durchgängig im Vorteil. Bezieht man die Klimaschutzleistung auf den Ertrag, ergibt sich allerdings kein klares Bild. Durch die im Ökolandbau geringeren Erträge wird seine Klimaschutzleistung relativiert“, erklärte Heß. Gleichwohl habe der Ökolandbau systembedingt (vielfältige Fruchtfolgen, organische Düngung etc.) eine vergleichsweise gute Resilienz gegenüber den Folgen des Klimawandels. Eine Anfälligkeit des Ökolandbaus ist die Gefährdung der Stickstoff-Fixierung durch Wassermangel infolge von Sommertrockenheit. Dies betrifft die gesamte Fruchtfolge. „Nicht alleine deshalb muss sich auch der Ökolandbau angesichts des Klimawandels weiterentwickeln“, sagte Heß, „Maßnahmen dazu sind zum Teil bekannt, sie müssen nur noch in die Fläche gebracht werden; zum Teil müssen sie allerdings noch entwickelt werden.“

Prof. Dr. Katrin Zander, Fachgebietsleiterin Agrar- und Lebensmittelmarketing der Universität Kassel, wies in ihrem Vortrag „Ökomarkt: Wieviel geht noch?“ darauf hin, dass politische Ziele der Steigerung der Anbauflächen auch eine Förderung der Nachfrageseite bräuchten. Außerdem sprach sich die Referentin dafür aus, dass Bioprodukte regionaler und regionale Bio-Wertschöpfungsketten gefördert werden sollten.

Einen Blick in die Zukunft warf LWK-Ökolandbauberater Volker Graß in seinem Vortrag über die autonome Hacktechnik. Anhand der Zuckerrübe erläuterte der Experte die Notwendigkeit zur weiteren Entwicklung von technischen Lösungen: Die Zuckerrübe als bedeutende Feldfrucht in Ackerbauregionen habe bedingt durch den Anbau in Reihen und die langsame Jugendentwicklung eine geringe Konkurrenzkraft gegenüber Unkräutern. Die Bekämpfung der Unkräuter habe allgemein den größten Einfluss auf die Ertragsabsicherung und somit auf die Wirtschaftlichkeit des Zuckerrübenanbaus. Das gelte insbesondere für den Ökorübenanbau, da in diesem Produktionsverfahren die Unkrautkontrolle mit technischen Lösungen wie Hacken und Striegeln sowie in Handarbeit durchgeführt werden muss. „Zudem wurde die limitierte Verfügbarkeit von Arbeitskräften durch die Corona-Pandemie nochmals erheblich verschärft“, so Graß. Im Rahmen eines Verbundprojektes, an dem der Zuckerrübenanbauerverband, der landwirtschaftliche Betrieb Bio Bördeland sowie der Fachbereich Ökologischer Landbau der LWK beteiligt sind, konnte der LWK-Experte in diesem Jahr einen autonomen Sä- und Hackroboter des dänischen Herstellers Farmdroid unter Praxisbedingungen testen. „Die ersten Erfahrungen mit dieser neuen Technik sind vielversprechend, gleichzeitig besteht in einigen Bereichen noch Verbesserungspotential. Dies betrifft unter anderem die Nutzerfreundlichkeit der Bedienungssoftware und die Einsatzfähigkeit unter verschiedenen Witterungsbedingungen“, berichtete Graß.

LWK-Ökolandbauberater Steffen Döring ging in seinem Vortrag auf die Parasitenkontrolle beim Schwein ein. Die Bekämpfung des Schweinespulwurms ist eine Herausforderung im Ökolandbau: Die Eier des Spulwurms werden mit dem Kot ausgeschieden und haben eine hohe Stabilität gegenüber Umwelteinflüssen. Nachdem die Schweine Eier des Spulwurms aufgenommen haben und diese im Verdauungstrakt sind, schlüpfen aus den Eiern Larven. Die Larven wandern durch den Körper der Schweine, dabei schädigen sie unter anderem die Leber. An der Leber lässt sich zum Schlachtzeitpunkt auch die Belastung der Tiere mit Spulwürmern ablesen. Befallene Tiere weisen weißes Narbengewebe (Milk-Spots) auf der Leber auf. „Die wichtigsten Bekämpfungsmaßnahmen bestehen im Trennen von Tiergruppen, angepassten Behandlungen sowie der Reinigung und Desinfektion nach dem Ausstallen einer Gruppe“, erklärte der LWK-Experte.

Dr. Christine Kalzendorf, LWK-Fachreferentin für Grünland und Futterkonservierung, wies in ihrem Vortrag darauf hin, dass man sich in Zukunft mehr auf Wetterextreme einstellen müsse – insbesondere auf Trockenheitsphasen. Im Bereich der Grünlandwirtschaft rücke die Artenvielfalt in den Vordergrund, um den Risiken der Ertragsausfälle zu begegnen. Die Anbausysteme auf Grünland und beim mehrjährigen Ackerfutterbau seien nicht generell in Frage zu stellen, aber zu optimieren. Künftig seien auch neue Arten von Interesse, die durch ihr tiefes Wurzelsystem resilienter gegenüber Dürrephasen sind. Auch der züchterische Fortschritt sei zu berücksichtigen. „Neben diesen Stellschrauben ist die angepasste Nutzung, Düngung und Bewirtschaftung von Bedeutung. Das Siliermanagement muss sich gleichfalls auf die Bedingungen des Klimawandels einstellen. Das Augenmerk gilt der Vermeidung von Verlusten auf dem Feld, im Silo und auf dem Futtertisch“, erläuterte die Expertin. In den Pausen sowie im Anschluss an das Vortragsprogramm bestand die Möglichkeit, mit Firmenvertreter*innen der Biobranche sowie den anderen Gästen ins Gespräch zu kommen.

Die Anzahl der landwirtschaftlichen Öko-Betriebe wuchs von 2019 auf 2020 laut Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen um 6,5% von 2.115 auf 2.253. Der Zuwachs der Öko-Flächen an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche (LF) stieg 2020 des Weiteren um 11,5% auf 134.574 Hektar und liegt damit bei 5,2% der gesamten LF. Der Niedersächsische Weg sieht vor, dass der ökologische Landbau bis 2025 auf 10 Prozent, bis 2030 auf 15 Prozent ausgebaut werden soll.

Fotos: Ziegeler/LWK Niedersachsen