Mit höheren Mitgliedsbeiträgen und einer neuen Vereinsphilosophie soll der verschuldete TSV Kirchdorf gerettet werden / Fortnutzung der Börke-Halle offen / Im Sommer soll eine Mitgliederversammlung entscheiden
KIRCHDORF (ta). Auf der heutigen außerordentlichen Mitgliederversammlung des TSV Kirchdorf war zum einen das Entsetzen über die vorgelegten Zahlen zur finanziellen Situation des mehr als 1000 Mitglieder zählenden Vereins deutlich zu spüren. Andererseits wurden konstruktiv Wege aufgezeigt, wie man gemeinsam den Karren aus dem Verschuldungssumpf ziehen könnte. Keinesfalls aus der Verantwortung entlassen sei der vor wenigen Wochen zurückgetretene ehemalige Vorsitzende, Horst Fabisch, der ebenso wie der Rest des Vorstands in der finanziellen Haftung steht. In den vergangenen Wochen hat der Vorstand um den stellvertretenden Vorsitzenden, Günter Hoff, zahlreiche Gespräche mit den Gläubigern, den Banken, der Stadt und den Parteien geführt, zudem wurde ein unterstützender Arbeitskreis, bestehend aus Axel Espey, Berthold Kuban, Walter Troll und Klaus Bothe installiert. Außerdem kamen heute endlich konkrete Zahlen auf den Tisch, die eigentlich nur den einen Schluss zulassen, nämlich dass der TSV in den vergangenen Jahren deutlich über seine Verhältnisse gelebt hat. Er hätte sich eine derartige Situation nicht vorstellen können, bekannte denn auch Günter Hoff. „Aber wir blicken nicht zurück, sondern nur nach vorne und versuchen die Insolvenz des Vereins abzuwenden. Unser sportliches Angebot muss attraktiv und zeitgemäß sein und wir wollen neue Mitglieder gewinnen.“ In den letzten Jahren sind rund 400 Mitglieder ausgetreten, dadurch stehen auf der Haben-Seite rund 50.000 Euro pro Jahr weniger zur Verfügung. Darüber hinaus kämpft der Verein nach wie vor mit der gesunkenen Sportförderung durch die Stadt. Größter Ausgabeposten ist die jährliche Miete für die Börke-Halle, die sich auf 35.000 Euro beläuft. 2014 konnte keine Kassenprüfung beim TSV vorgenommen werden, weil keine Zahlen zur Kassenlage vorgelegt wurden. Rechtsanwalt und Mitglied des neuen Arbeitskreises Berthold Kuban legte heute die finanzielle Situation des Vereins schonungslos offen. Danach betragen die Gesamtschulden rund 561.000 Euro. Größter Gläubiger ist eine Baufirma, die unter anderem das Mehrzweckspielfeld errichtet hatte. Hier liegt ein rechtskräftiger Vollstreckungsbescheid über rund 165.000 Euro vor, hinzu kommen noch Rechtsmittelkosten. Weitere Verbindlichkeiten hat der TSV bei der Stadt (rund 18.000 Euro), beim Landessportbund (rund 12.000 Euro), bei Rechtsanwälten (rund 13.000 Euro, bei Kleingläubigern (rund 10.000 Euro) und beim Eigentümer der Börke-Halle (über 20.000 Euro). Hinzu kommen noch Verbindlichkeiten bei der Hannoverschen Volksbank und bei der Stadtsparkasse. Inzwischen haben die Stadt und der Rat dem TSV das Wegerecht eingeräumt, so dass zumindest die Immobilie, sprich das Sportheim, abgesichert ist. Unterm Strich bleiben aber noch immer nicht abgesicherte Schulden in Höhe von rund 228.000 Euro. Kuban erklärte, die meisten Gläubiger würden die schwierige Situation erkennen und hätten Hilfe beziehungsweise Entgegenkommen signalisiert. Friedrich Wissel (junior) fasste zusammen, der Sportverein habe in den letzten Jahren immer mehr ausgegeben als eingenommen. So gehe es nicht weiter. Zudem seien für 2016 auch noch die Einnahmen aus der Verpachtung des Sportheims weggefallen. Wissel schlug vor, die Nutzung der Börke-Halle aufzugeben. Dann müssten im Gegenzug allerdings städtische Hallen genutzt und die Hallennutzungsgebühr gezahlt werden. Vor diesem Hintergrund müssten Gespräche mit den einzelnen Sparten geführt werden, so Wissel. Anders äußerte sich Kuban. Man habe Gespräche mit dem Eigentümer der Halle geführt und dieser habe signalisiert, dass eine deutliche Reduzierung der Miete denkbar wäre. Angesichts der Verschuldung des Vereins schlug Kuban zudem vor, die Mitgliedsbeiträge pro Monat um 55 Cent zu erhöhen. Ein solcher Schritt müsste allerdings erst auf einer außerordentlichen Versammlung im Sommer beschlossen werden. Die Mitglieder müssten jetzt „bei der Stange bleiben“, auch weil der geschäftsführende Vorstand für die Schulden hafte. Darüber hinaus müsse sich aber auch die gesamte Vereinsphilosophie ändern, so Kuban.
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