„Wir sind kampfbereit“: Betriebsrat und Gewerkschaft wollen die Werksschließung von Federal Mogul nicht hinnehmen

Die 175 Arbeitsplätze beim Barsinghäuser Ventilhersteller stehen akut auf der Kippe / Niemand hat mit einem so schnellen Schlussstrich gerechnet / Gespräche mit der Stadtverwaltung und der Landesregierung / Arbeitnehmervertreter weiter zu konstruktiven Gesprächen mit der Arbeitgeberseite bereit

BARSINGHAUSEN (ta). Am Barsinghäuser Standort von Federal Mogul Valvetrain hat es heute, einen Tag nachdem die Geschäftsleitung des zum amerikanischen Mutterkonzern Tenneco gehörenden Werks die Schließung zum Ende diesen Jahres verkündet hatte, eine außerordentliche Betriebsversammlung der 175 hiesigen Beschäftigten plus Kollegen aus dem FM-Werk Beckedorf gegeben. Die beiden Betriebsratsvorsitzenden, Özkan Turan und Stefan Basler, sowie der zuständige Gewerkschaftssekretär der IG Metall, Martin Spengler, betonten, niemand habe mit einem so schnellen Schlussstrich für die Ventilproduktion in Barsinghausen gerechnet. Die Beschäftigten seien frustriert und enttäuscht, fühlten die eigene Lebensleistung missachtet und hätten zurecht den respektlosen Umgang durch das Unternehmen kritisiert. Noch am Montag habe sich die Gewerkschaft in den laufenden Tarifverhandlungen befunden, gestern habe dann die Geschäftsleitung von Federal Mogul über die Schließungspläne informiert. In den Tarifgesprächen sei es eigentlich noch um die Sicherung der Beschäftigung und der Produktion vor Ort gegangen, wobei die Gewerkschaft die Transformation zusammen mit dem Arbeitgeber habe gestalten wollen. Dabei habe das Ziel ganz eindeutig auf der Sicherung der Beschäftigung gelegen, aber Federal Mogul sei nicht im geringsten bereit gewesen, über eine Änderung am Hauptprodukt zu sprechen. Der Betriebsrat fordere nun Zeit für weitere Verhandlungen, damit die Beschäftigten mit einem Altersdurchschnitt von rund 50 Jahren nicht in wenigen Monaten vor dem Aus stünden, beschreibt Martin Spengler von der IG Metall die Lage. „In dem Werk arbeiten manche Menschen schon seit 35 bis 40 Jahren“, erinnerte der Betriebsratsvorsitzende Özkan Turan. Bisher seien von der Arbeitgeberseite keinerlei soziale Ausgleichsmaßnahmen oder Zahlungen an die FM-Mitarbeiter in Aussicht gestellt worden. Auch lägen noch keine Informationen über die Bildung einer Transfergesellschaft vor, die vom Arbeitgeber finanziert werden müsste, sagte Spengler.

V.li.: Die Betriebsratsvorsitzenden Özkan Turan und Stefan Basler sowie Martin Spengler von der IG Metall wollen sich für die Rettung des Federal Mogul-Werkes in Barsinghausen einsetzen.

Bekannt geworden sei hingegen, dass das Werk an das Unternehmen Apollo veräußert werden solle, wobei es wohl eher um die Abwicklung des FM-Standortes gehen dürfte. Spengler betonte, die Gewerkschaft habe in den letzten Jahren ihren Teil dazu beigetragen, damit das Werk fortbestehen könne. Die Kollegen arbeiteten produktiv und auch lukrativ, doch nun wolle der Arbeitgeber die Beschäftigten am langen Arm verhungern lassen. „Wir wollen weiterhin über eine strukturierte Zukunft des Werkes verhandeln, die Gewerkschaft ist verhandlungsbereit.“ Betriebsrat und IG Metall kündigten für die kommenden Wochen Aktionen, Gespräche und Kundgebungen für den Erhalt des FM-Standorts an. Den Kontakt zur niedersächsischen Landesregierung habe man hergestellt, zudem habe ein Gespräch mit Bürgermeister Henning Schünhof stattgefunden, der seine Unterstützung zugesagt habe. „Wir sind kampfbereit“, unterstrich Turan. Der Schulterschluss der FM-Werke in Barsinghausen, Beckedorf und Blumberg mit insgesamt 1100 Mitarbeitern sei hergestellt. Darüber hinaus werde die Arbeitnehmervertretung die Betroffenen über mögliche Sozialpläne informieren. Gewerkschaft und Betriebsrat erinnerten außerdem daran, dass in Barsinghausen seit 2019 bis Juni dieses Jahres unter den Bedingungen der Kurzarbeit gearbeitet worden sei, während an anderen Standorten volle Auslastung vorgeherrscht habe. Die Mitarbeiter vor Ort hätten zuletzt also schon erhebliche Abstriche beim Verdienst hinnehmen müssen, nur um jetzt von der Geschäftsleitung vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden. Vorerst werde die Produktion in Barsinghausen fortgesetzt. Man habe das Finden einer Lösung noch nicht abgeschrieben.

Foto: privat / ta