Zum Zwist um die Gültigkeit von Beschlüssen äußert sich Bürgermeister Marc Lahmann jetzt schriftlich

BARSINGHAUSEN (red).

Marc Lahmann nimmt wie folgt Stellung:

Lahmann„Entgegen der Rechtsauffassung der Region bleibe ich bei meiner Auffassung, dass eine Entscheidung durch den Rat zulässig war. Durch meinen Bericht an die Kommunalaufsicht nach dem von mir für rechtswidig erachteten Beschluss des Verwaltungsausschusses, das Einvernehmen zu erteilen, war das Verfahren zur Einvernehmenserteilung noch nicht endgültig abgeschlossen, insbesondere hatte ich den Beschluss des Verwaltungsausschusses nicht vollzogen, weil mein Bericht an die Kommunalaufsicht aufschiebende Wirkung hatte (ich hätte ihn gar nicht vollziehen dürfen). Deshalb war eine Heranziehung durch den Rat möglich (vgl. auch Thiele, a. a. O., § 58 Anm. 3 – Seite 160 oben). Thiele führt dort aus, dass, wenn das zuständige Organ entschieden hat, eine Heranziehung dann nicht mehr möglich ist, wenn die Entscheidung bereits ausgeführt worden ist und begründet dies mit dem Interesse der Rechtssicherheit. Im Umkehrschluss ergibt sich aus dieser Kommentierung, dass, soweit die Entscheidung noch nicht ausgeführt ist, das Heranziehungsrecht des Rates immer noch besteht. Insoweit ist auch die Regelung des § 45 Abs. 1 Satz 1 NKomVG zu berücksichtigen, dass die Vertretung das Hauptorgan der Kommune ist. Es handelt sich bei der Entscheidung über die Einvernehmenserteilung auch nicht um eine speziell dem Verwaltungsausschuss zugewiesene Zuständigkeit. Insbesondere vor dem Hintergrund der Regelung des § 45 Abs. 1 Satz 1 NKomVG, dass das Hauptorgan der Kommune die Vertretung ist und des verfassungsrechtlich eingeräumten kommunalen Selbstverwaltungsrechts führt sowohl die systematische als auch die verfassungskonforme Auslegung dazu, dass dem Hauptorgan die streitentscheidende Regelung bei Streitigkeiten zweier nachgeordneter Organe (BM – VA) entweder direkt aus  § 88 Abs.2 S.2 NKomVG oder über die Heranziehung nach § 58 Abs.3 S.1 NKomVG zuerkannt werden muss. Soweit die Region davon ausgeht, dass ich gegen den von mir für rechtswidrig erachteten Beschluss des VA Einspruch im Sinne von § 88 Abs. 2 i. V. m. § 88 Abs. 1 Satz 2 NKomVG eingelegt habe, ist diese Annahme falsch. Ich habe mich vielmehr bewusst dafür entschieden, gem. § 88 Abs. 2 i. V. m. § 88 Abs. 1 Satz 1 NKomVG der Kommunalaufsichtsbehörde zu berichten. Insoweit lässt mein entsprechendes Schreiben, welches ich im Betreff mit „ Bericht“ und nicht mit „Einspruch“ bezeichnet habe, auch keinerlei Auslegung zu. Bereits aus dem Wortlaut des § 88 Abs. 1 Satz 2 NKomVG ergibt sich, dass es zwei alternative Entscheidungsmöglichkeiten des Hauptverwaltungsbeamten bei einem für rechtswidrig erachteten Beschluss gibt, und zwar zum Einen den Bericht an die Kommunalaufsichtsbehörde (§ 88 Abs. 1 Satz 1 NKomVG) und zum Zweiten den Einspruch (§ 88 Abs. 1 Satz 2 NKomVG). Dies macht unmissverständlich die Verwendung des Wortes „stattdessen“ in § 88 Abs.1 S.2 NKomVG deutlich. Bei der Wahl der beiden Möglichkeiten handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des Hauptverwaltungsbeamten (vgl. Ipsen, Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz – Kommentar § 88, RdNr. 3, 4; vgl. auch Thiele, Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz – Kommentar, § 88 Anm. 1). Die Ermessensentscheidung, vorliegend keinen Einspruch einzulegen, sondern gem. § 88 Abs. 1 Satz 1  NKomVG der Kommunalaufsicht zu berichten, habe ich auch deshalb getroffen, weil ich in der Sitzung des Verwaltungsausschusses am 12.8.2015 ausführlich dargelegt habe, dass ich die Erteilung des Einvernehmens für rechtswidrig halte, und ich aufgund der Diskussion sicher war, dass bei einem Einspruch meinerseits nach § 88 Abs.2 i.V.m. § 88 Abs.1 S.2 NKomVG der Verwaltungsausschuss in einer erneuten Sitzung trotz meiner Rechtsaufassung den Beschluss nicht aufheben würde. Ich habe deshalb in der Sitzung am 12.8.2015 auch erklärt, dass ich der Kommunalaufsicht berichten werde. Insofern geht die Region unzutreffend davon aus, dass vorliegend der gesetzlich vorgesehene Verfahrensabschluss in einem Einspruchsverfahren nach § 88 Abs. 2 Satz 1 NKomVG  i. V. m. § 88 Abs. 1 Satz 3 NKomVG noch nicht vorliegt, denn es handelt sich vorliegend nicht um ein Einspruchsverfahren, sondern um ein Berichtsverfahren nach § 88 Abs. 2 Satz 1 NKomVG  i. V. m. § 88 Abs. 1 Satz 1 NKomVG. In diesem Berichtsverfahren ist eine erneute Befassung allenfalls nach einer Beanstandung durch die Kommunalaufsichtsbehörde vorgesehen. Eine solche Beanstandung ist nicht erfolgt. Dieses Berichtsverfahren ist durch den Beschluss des Rates vom 24.9.2015 und meine mit Schreiben vom gleichen Tag gegenüber der Region erfolgte Versagung des Einvernehmens abgeschlossen ist. Davon geht offensichtlich auch das Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport (MI) als oberste Kommunalaufsichtsbehörde aus. Dieser hatte ich gemäß § 88 Abs.2 i.V.m. § 88 Abs.1 S.1 NKomVG ebenfallsüber den von mir für rechtswidrig erachteten Beschluss des VA berichtet. Zu einer Entscheidung des MI, die gemäß § 88 Abs.1 S.6 NKomVG unverzüglich zu erfolgen hat, ist es nicht gekommen. Vielmehr hat das MI, nachdem es telefonisch und durch eMail vom 28.9.2015 über die Entscheidung des Rates, das Einvernehmen zu versagen, durch mein Haus informiert worden ist, ein weiteres Tätigkeitwerden nicht für notwendig befunden. Daraus lässt sich ableiten, dass das MI als oberste Kommunalaufsichtsbehörde den Beschluss des Rates für rechtmäßig hält, denn ansonsten hätte das MI schon längst eine Entscheidung treffen müssen, denn ein Zeitraum von mehr fast drei Monaten kann nicht mehr als unverzüglich im Sinne von § 88 Abs.1 S.6 NKomVG angesehen werden. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen ist ein weiteres Vorgehen meinerseits als Hauptverwaltungsbeamter nicht vorgesehen“, so der Bürgermeister.