Initiativen gegen Motorradlärm appellieren mit offenem Brief an die Landtagsabgeordneten

REGION/NIEDERSACHSEN (red).

Die Vereinigte Arbeitsgemeinschaften gegen Motorradlärm, Region Weserbergland und die Initiativen gegen Motorradlärm (Landkreis Osnabrück) wenden sich in Form eines offenen Briefes an die Abgeordneten im Niedersächsischen Landtag: „Auch in Niedersachsen liegt wieder eine Lärmsaison hinter zigtausenden Anwohnern an zahlreichen Hotspots, und die Betroffenen sind nun froh über einige Wochen „Lärmpause“. Das Lärmproblem für die Anwohner entsteht in Summe aus einer schlecht gemachten Norm, bewusster technischer Ausnutzung der Schlupflöcher, einer bislang nachlässigen Gesetzgebung und wenig abschreckender Sanktionierung. Hinzu kommt das Selbstverständnis vieler Motorradfahrer, die auf ein Mehr an „Sound-Lärm“ nicht verzichten wollen – ja sogar Geld dafür ausgeben oder selbst Hand dafür anlegen. Nachgewiesen ist, dass die Ausnutzung der technischen Möglichkeiten das „durchschnittliche“ Fahrzeug in den vergangenen Jahren erheblich lauter gemacht hat. Testiert ist auch, dass gerade seit der novellierten Norm auf der Straße ein Vielfaches dessen ankommt, was als „Grenzwert“ im Fahrzeugschein deklariert wird. Und viele dieser Fahrzeuge sind im Sinne der Norm „legal“ viel zu laut – und damit nicht sanktionierbar.

Der Bundesrat hat im Mai 2020 einen weitreichenden Entschluss zur wirksamen Kontrolle und Minderung des Motorradlärms gefasst1. Damit positioniert sich die Länderkammer eindeutig gegen ein zunehmend ausuferndes Problem in den Regionen, wo sich der Motorradverkehr konzentriert. Der neue Verkehrsminister, Dr. Volker Wissing, hat bereits als Minister in Rheinland-Pfalz zu diesem Thema deutlich Stellung bezogen. Im Deutschlandfunk2 wurde er am 6.7.2020 mit der Aussage zitiert: „Wir wollen, dass der Spaß an der Lärmbelästigung anderer Menschen aufhört.“ Die „Reduzierung von mutwilligem Verkehrslärm“ steht als Ziel jetzt auch im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, und die Notwendigkeit von Maßnahmen und Verbesserungen zugunsten der Anwohner kann seriös nicht mehr bestritten werden.
Das Bundesministerium für Verkehr hat kürzlich nochmals bestätigt, dass auf Länderebene durchaus Handlungsspielraum für verschiedene Beschränkungen zum „Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen“ besteht.

Wir Initiativen werden dafür in 2022 verstärkt und auf Landesebene vernetzt weiterkämpfen: Zwar gibt es mittlerweile einige Ansätze auch in unseren niedersächsischen „Lärmregionen“. Die Probleme indes sind leider keinesfalls gelöst, und die neue Lärm-Saison steht den betroffenen Menschen wortwörtlich mit viel Krach bereits wieder drohend „ins Haus“. Deshalb müssen dazu in den kommenden Winter- und Frühjahrswochen unverzüglich grundlegende Entscheidungen in unseren Parlamenten getroffen und umgesetzt werden. Ein „Weiter so“ mit Abschieben der Problemlösungen auf die lokale Ebene bzw. das „Hin und Her“ von Zuständig- und Verantwortlichkeiten, wie bisher u.a. von den betroffenen Landkreisen praktiziert, werden wir nicht akzeptieren. Wir, die niedersächsischen Initiativen gegen mutwilligen Motorradlärm, appellieren daher an Sie als zuständige Abgeordnete, auch wenn Sie persönlich nicht betroffen sind, anzuerkennen, wie schwerwiegend die Beeinträchtigung durch die Lärmbelastung und der dringende Handlungsbedarf ist. Wir bitten Sie, konkrete Pilotprojekte in den jeweiligen Regionen in Zusammenarbeit mit den betroffenen Bürgern, die zum Teil von ihren zuständigen Behörden alleine gelassen werden, aktiv als „Best-Practice-Modelle“ zu unterstützen, die auch in einigen anderen Bundesländern bereits durchgeführt werden.

Nachfolgend einige Beispiele:
• Unterstützung der zeitnahem Umsetzung der anhängigen Bundesratsinitiative in allen Punkten
• „Lärmtrichter“ – standardmäßig 1 km Geschwindigkeitsbegrenzungen auf 50 km/h an den Ortseingängen stark frequentierter Strecken
• generelle Lärmbegrenzung von Motorrädern in einzelnen Regionen – analog dem „Tiroler Modell“
• Temporäre saisonale Durchfahrtsbeschränkungen an besonders belasteten Strecken
• Einbau Akustisch-Mechanischer-Bremsen (Rüttelstreifen) an Gefahrenschwerpunkten und besonders belasteten Strecken
• Einrichtung eines fachkundigen Bereichs „Lärmschutz“ als kompetenten Ansprechpartner auf Landesebene

Unsere niedersächsischen Motorradlärminitiativen treten dazu gerne in einen Dialog mit Ihnen und hoffen auf neue Perspektiven für kurzfristig umzusetzende echte Verbesserungen für die leidenden Anwohner an Motorradstrecken in Niedersachsen.“

  1. www.bundesrat.de/DE/plenum/bundesrat-kompakt/20/989/10.html?nn=4352768#TOP-10
  2. www.deutschlandfunk.de/volker-wissing-fdp-zu-motorenlaerm-spass-an-der-100.html

 

Foto: ta