Biber erobern sich in Hannover ihre Lebensräume zurück

Die fleißigen Nager sind an der Leine auf dem Vormarsch

Junger Biber frisst Brennnessel – Foto: Siegfried Klaus

HANNOVER (red). „In Hannover sind an der Leine zwar mittlerweile alle Biberreviere besetzt, aber dass der Biber Eingang ins Stadtwappen findet, halte ich doch eher für unwahrscheinlich“, lacht Sabrina Schmidt, Biber-Expertin des NABU Niedersachsen. Vollbesetzte Reviere – das bedeutet, es tummeln sich rund 24 Tiere in der Landeshauptstadt. Die Zahlen ergeben sich aus der Kartierung im vergangenen Jahr, bei der in Hannover sieben Reviere gezählt wurden, die im Schnitt von 3,4 Tieren bewohnt werden. Das ist eine gute Nachricht, wenn man bedenkt, dass der Biber in Deutschland vor nicht allzu langer Zeit nahezu ausgerottet war. In ganz Niedersachsen gab es bis zum Jahr 1993 gerade einmal 22 gesicherte Bibermeldungen. „Offenbar stimmt die Wasserqualität und auch das Nahrungsangebot genügt dem sich rein pflanzlich ernährenden Biber, um sich und seinen Nachwuchs ausreichend versorgen zu können“, sagt Sabrina Schmidt. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit benagt der Biber bevorzugt Pappeln und Weiden. Denn diese Bäume regenerieren sich schnell und können ihm so viele Jahre als Nahrungsquelle dienen. Die Anwesenheit des Menschen indes scheint bei der Wahl des Lebensraums keine entscheidende Rolle zu spielen. „Biber sind keine besonders störungsempfindlichen Tiere“, erklärt Schmidt. „Weil sie dämmerungs- und nachtaktiv sind, also in der Zeit auf Nahrungssuche gehen, wenn die meisten Menschen nicht mehr draußen unterwegs sind, leben sie recht unbehelligt in unserer Mitte. Zudem bauen die Biber ihre Behausungen an Orten, wo der Mensch nicht so ohne weiteres hinkommt.“

Hier war ein Biber am Werk. – Foto: Dieter Mahsarski

Unser größtes einheimisches Nagetier lebt im Familienverbund: Die Elterntiere teilen sich den Biberbau mit den vorjährigen Jungen sowie den im aktuellen Jahr geborenen Jungtieren. Im Alter von zwei Jahren verlassen die Halbwüchsigen die Familie und suchen sich entlang des Wasserlaufs ein eigenes Revier. Anhand der Kartierungen lassen sich die Ausbreitungswege des Bibers in Niedersachsen sehr gut nachvollziehen. Außer der Population an der Leine finden sich Biber-“Hotspots“ in Niedersachsen im Emsland, wo in den 1990er-Jahren Biber gezielt wieder angesiedelt wurden, im Großraum Gifhorn sowie in der Elberegion um Lüneburg und in der Grenzregion zu Sachsen-Anhalt. Dabei wächst die Biberpopulation nicht besonders schnell: Sie nimmt nur um 20 bis 25 Prozent pro Jahr zu. Das aktuellste Monitoring (Stand 2019) zählt 229 besetzte Revieren in ganz Niedersachsen, den Biber-Bestand beziffern Experten auf 432 bis 504 Tiere. Ist ein Biberrevier einmal besetzt, wird es vehement verteidigt und es kann zu blutigen Revierkämpfen kommen. Der Biber ist eine nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützte Art. Ihn ohne vernünftigen Grund zu töten oder seine Lebensstätte zu zerstören, ist verboten. Zu Konflikten mit Landnutzer*innen kann es kommen, wenn der Biber Fließgewässer aufstaut, die landwirtschaftlich genutzte Flächen überfluten. Auch die Unterminierung von Dämmen und Deichen sind oft genannte Probleme, die der Biber in der Landschaft verursacht. „Dass der Biber tatsächlich Dämme oder Deiche untergräbt, so dass eine Gefahr für den Menschen besteht, passiert eher selten“, berichtet Sabrina Schmidt. „Dem Verbiss von Bäumen kann durch das Anbringen von Gittern begegnet werden, das Einbringen einer Drainage verhindern meist Überflutungen von landwirtschaftlichen Flächen.“ Die Umweltwissenschaftlerin weist darauf hin, dass viele Probleme erst durch eine nicht-naturnahe Nutzung der Flächen entstehen.

Fotos: Dieter Mahsarski / Siegfried Klaus