Leserbrief zur Lisa-Tetzner-Schule: „Groß denken – kein Schnellschuss!“

Die Verwaltung habe ein völlig krudes Wirtschaftlichkeitsgutachten auf den Rat losgelassen, kritisiert Carmen Eickhoff

BARSINGHAUSEN (red). „In Barsinghausen geht es mal wieder um Kinderbildungs-Institute (Schulen) und Zukunftspläne. Mal wieder bedeutet das: ein Bildungsinstitut wurde investorisch lange vernachlässigt, jetzt ist der Knall da und angeblich darf das Gebäude so nicht weiter betrieben werden. In diesem Fall übrigens nur ein renovierungsfähiger Teil einer Schule, keine ganze Schule. Zwingende, sofortige Investitionen will die Verwaltung am liebsten vermeiden und hat ein völlig krudes Wirtschaftlichkeits-Gutachten (extrem teuer!) auf den Rat der Stadt Barsinghausen losgelassen. Der Rat muss als gewähltes Volksgremium solche Dinge wie Schulschließungen, Neubauten etc. beschließen. Die Verwaltung soll und muss dann den Beschluss des Rates umsetzen. Das Gutachten ist, um nur die gravierendsten Punkte zu nennen, inkongruent, operiert mit falschen Schülerinnenzahlen (männliche Schüler mit eingeschlossen) und mit nicht nachvollziehbar falschen Flächenangaben. Im Fazit empfiehlt es den ehrenamtlichen Ratsmitgliedern, den Standort zu schließen und die Schule einer anderen zuzuschlagen. Die Ehrenamtlichen sollen sich dankbar auf die falsche Schlussfolgerung einlassen und dementsprechend abstimmen, wenn in der letzten Ratssitzung vor Weihnachten dieser Punkt auf der Tagesordnung aufgerufen wird.

Was wäre das für eine vermeintlich saubere Entscheidung auf Basis eines hochwertigen (weil ja teuer!) Gutachtens. Falsch! Es wäre ein vermeidbarer, schlechter Schnellschuss! Der Effekt von guten Schulen lässt sich nicht berechnen und der ROI (return of investment – beliebter Wirtschaftsfaktor, Zeitpunkt an dem die Investitionen wieder eingespielt sind) auch nicht. Aber der schlechte Eindruck, den die Schulpolitik hinterlässt, der ist ganz leicht auszurechnen: langfristig negativ! Imagekiller! Was passiert mit dem Schulzentrum am Spalterhals, sollte die Lisa-Tetzner-Oberschule nicht mehr präsent sein? Nur weil momentan bis zu 80 Prozent aller Kinder eines Jahrgangs in Klasse 5 zunächst das Gymnasium ansteuern, heißt das nicht, dass das künftig so bleiben wird. Und die Oberschule mit ihren traditionell mehr als 400 Kindern  wird fehlen, aus dem Schul-Zentrum wird ein Gymnasium. Mit viel Leerstand. Und noch mehr Freiflächen drumherum. Vielleicht kommt ein wenig innerörtliche Bebauung ja ganz gelegen? Einen guten Bauplatz am Waldrand wird man immer los  … – keine Ahnung!

An der ohnehin schon drängend vollen KGS quetschen sich dafür noch weitere Kinder auf die Flächen innen und außen (trotz Ausbau ein Maßstab wie bei Legehennenhaltung), es wird im Wohngebiet der Nordstadt noch mehr Verkehr geben und sämtliche Pizza-Bringdienste werden den Umsatz des Jahrzehnts machen. Denn in der Ganztagsschule speist man nicht in der Schul-Mensa bei Ganztagsunterricht. Man ist Gourmet und sowohl Eleven als auch Lehrkörper verköstigen sich gemäß Erhebungen der letzten Jahre aushäusig. Ein völlig unerwarteter Wirtschaftsfaktor für die Stadt, ganz en passant. Es wird dann in Barsinghausen also ein überlastetes Schulzentrum in der Goethestraße geben und ein Gymnasium in Kirchdorf. Wird der allgemeine Zulauf an den Gymnasien aber so bleiben? Wie sehen Zukunftsszenarien aus? Werden in den kommenden Jahren Schülerinnen* wieder die kurze Laufbahn bevorzugen, weil Handwerk zunehmend goldenen Boden hat und sich viele eine familiengesponsorte Langzeitausbildung gar nicht mehr leisten können? Was passiert, wenn noch viel mehr Schülerinnen* als erwartet das KGS Zentrum ansteuern? Werden sie in Nachbarkommunen verwiesen oder aufs Gymnasium gezwungen? Das sind die mindesten Überlegungen, für die Antworten vorliegen müssen. Die Prognose der Schülerinnenzahlen* in Barsinghausen hat in den letzten Jahren immer unter extremen Schwächen gelitten. Man kann nur vom heutigen Stand gewiss ausgehen, und dass es morgen/ in zehn/ zwanzig Jahren anders sein wird.

Ein großer Schritt wie der über den weiteren Werdegang der Lisa-Tetzner-Schule zu beschließen, ohne einen mindestens durchgespielten Plan für die gesamte Schullandschaft zu haben, ist leichtsinnig und voreilig. Den künftigen Ratsgenerationen, den künftigen Schülerinnen* und ihren Eltern werden durch einen Schnellschuss, damit das Thema vor Weihnachten vom Tisch ist, lediglich ziemlich berechenbar erhebliche Kopfschmerzen bereitet. Unnötige. Was wäre mit einem völlig neuen, räumlich flexiblen Schulzentrum, dessen Räume jeweils der Schulform zugeschlagen werden, die Bedarf hat? Dafür aber kurze Wege bei Schulwechseln, ein Schulweg für alle und endlich mal ein richtig zeitgemäßes Gebäude für unsere Zukunft, nämlich unsere Kinder. Mit riesiger Aula, Turnhallen, städtischer Veranstaltungsfläche? Bedauerlicherweise schließt mein Appel an offene Köpfe mit der Feststellung, dass es enorm viele Bürgerinnen* in dieser Stadt gibt, die Barsinghausen wegen Entwicklungen wie diesen bestimmt als vieles, aber ganz sicher nicht als familien- oder kinderfreundliche Stadt beschreiben. Leider ist das ein berechenbar garantierter Image-Killer.“

Carmen Eickhoff, Bantorf

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