Windpark: Stadt will gegen das Regionale Raumordnungsprogramm Klage einreichen

Bauausschuss stimmt mit 7:4 Stimmen für rechtliche Schritte / Zahlreiche Bürger melden sich zu Wort / Investor WPD stellt Pläne vor / Landesregierung soll zu größeren Abständen zwischen Windenergieanlagen und Wohnbebauungen aufgefordert werden

BARSINGHAUSEN (ta). Rund drei Stunden wurde gestern das Streitthema Windenergieanlagen zwischen Egestorf, Gehrden und Degersen im Bauausschuss diskutiert. Zu Wort kamen neben den Politikern und der Verwaltung auch zahlreiche Bürger sowie die Vertreter des Windenergieanlagenbetreibers und Investors WPD. Am Ende stimmten CDU, FDP, UWG, AfD und AfB mit sieben Ja-Stimmen dafür, dass die Stadt Barsinghausen beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg einen Normenkontrollantrag gegen das von der Region Hannover beschlossene Regionale Raumordnungsprogramm (RROP) stellen soll, in dem das strittige Windvorranggebiet aufgeführt ist. Vier Gegenstimmen gab es von der SPD und den Grünen. Die Verwaltung hatte zuvor die Ansicht vertreten, dass das RROP in mehreren Punkten schwere Fehler, wie die Nicht-Berücksichtigung des Grundwasserschutzes, die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch 240 Meter hohe Anlagen, den fehlenden Schutz der Anwohner oder auch die Nichtberücksichtigung des Modellflugvereins, beinhaltet. Außerdem bemängelt die Verwaltung, dass die Regionsversammlung beim RROP-Beschluss von sehr viel niedrigeren Anlagen ausgegangen sei. Da die von der Stadt vorgebrachten Bedenken nicht berücksichtigt worden seien, bleibe nur der Klageweg. Baudirektor Tobias Fischer gab aber in der Sitzung durchaus zu, dass der Klageweg risikoreich sei. Man glaube aber, vor Gericht erfolgreich zu sein und wolle als Stadt einen eigenen Flächennutzungsplan aufstellen. Fischer räumte zudem ein, dass wenn das jetzige RROP zu Fall gebracht werde, die Region ein völlig neues RROP mit mehr Vorrangflächen für Windenergie aufstellen könnte. Bei ebenfalls sieben Ja-Stimmen und vier Gegenstimmen wurde darüber hinaus ein Antrag der FDP beschlossen, dass die Klage gegen das RROP oder nur einen Teil des RROP möglichst gemeinsam mit den Nachbarkommunen Wennigsen und Gehrden eingereicht werden solle und dass die Verwaltung einen Flächennutzungsplan aufstellt, der die Nutzung der Windkraft nicht generell ausschließt. Zudem wurde auf Antrag von FDP und AfB beschlossen, eine Resolution an die niedersächsische Landesregierung zu richten, die das Ziel hat, die vorgeschriebenen Mindestabstände zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauungen deutlich zu vergrößern.

Zuvor hatten WPD-Niederlassungsleiter Holger Groß und WPD-Projektleiter Heinz Herbort ihre Pläne zur Errichtung von fünf 240 Meter hohen Windenergieanlagen erläutert. Der Abstand der Anlagen zur Wohnbebauung solle 1000 Meter anstelle der im RROP vorgesehenen 800 Meter betragen. Bei der Schallimmission sollte der Grenzwert von 35 DB eingehalten und auch auf das nächtliche Blinklicht könne bedarfsweise verzichtet werden. Für die Errichtung der Anlagen und die Erweiterung der Zuwegungen müssten pro Anlage rund 5000 Quadratmeter an Grundfläche versiegelt werden, wobei die Einbindungstiefe in den Boden je 3,70 Meter betragen würde. Nach Ansicht von WPD bestehe auch keine Beeinträchtigung des Grundwassers, da sich die Vorrangfläche zum einen in einer Wasserschutzzone der Stufe III B befinde und die Entfernung zu den Wassergewinnungsbrunnen in Eckerde groß genug sei. Laut Holger Groß habe die Höhe der Anlagen keine Auswirkung auf die entstehende Lautstärke und man habe konstruktive Gespräche mit der Modellfluggruppe geführt. Der Standort sei zwar eine technische Herausforderung, aber durch den Windpark könnten immerhin 18.500 Haushalte mit Strom versorgt werden. Geplant sei auch, eine der fünf Anlagen als sogenannte Bürgeranlage zu konzipieren, so Groß.

Eine ganze Reihe von empörten Bürgern wendeten sich in ihren Beiträgen gegen die Anlagenhöhe. 240 Meter seien unzumutbar, würden den Roten Milan (Greifvogel) gefährden und würden zu unerträglichen Geräuschen und Schlagschatten führen. Außerdem wurde bemängelt, dass das Problem der Stromspeicherung noch gar nicht gelöst sei und dass die Firma WPD lediglich auf hohen Gewinn aus sei. Die WPD-Vertreter erwiderten, dass die Windgeschwindigkeiten in größerer Höhe natürlich höher seien und somit die Anlagen wirtschaftlicher betrieben werden könnten. Den Vorwurf der Lärmbelästigung mochten sie nicht gelten lassen, die Kritiker sollten mal schon bestehende Windkraftanlagen aufsuchen und sich vor Ort selber ein Bild machen. Außerdem würden momentan technische Methoden entwickelt, mit denen das Problem der Stromspeicherung gelöst werden könne. Die Verwaltung informierte auf Nachfrage auch noch, dass von den fünf von WPD geplanten Anlagen nur eine auf Barsinghäuser Gebiet liegen würde. Dies habe aber keinen Einfluss auf das Klageverfahren der Stadt. Und Grünen-Vorsitzender Helmut Freitag meinte, dass die von der Verwaltung vorgebrachten Klagegründe wohl rechtlich nicht ausreichend sein dürften.

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