Beim Neubau des Wasserwerks treten erhebliche Differenzen in der Zielsetzung zutage

Finanzausschuss debattiert zwei Stunden über die Zukunft von Barsinghausens Wasserversorgung

BARSINGHAUSEN (ta). Politik und Verwaltung suchen weiterhin Antworten auf die Fragen, unter welchen wirtschaftlichen Bedingungen künftig die Wasserversorgung in Barsinghausen aufgestellt und welches technische Verfahren zur Aufbereitung des Wassers im neu zu bauenden Wasserwerk ausgewählt werden soll. Unter Einbeziehung von Sachverständigen und den Führungskräften der Stadtwerke wurde gestern im Finanzausschuss rund zwei Stunden diskutiert.

Dirk Härdrich vom Aufsichtsrat der Stadtwerke

Dirk Härdrich, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Stadtwerke, betonte eingangs, man habe unter Einbeziehung der Beratungsfirma H2U dem Stadtrat das sogenannte CARIX-Wasserausbereitungsverfahren als geeignet, den Neubau des Wasserwerks und den Antrag bei der Region Hannover für die größtmögliche Fördermenge empfohlen. Wichtig sei, sowohl den Grundwasserleiter als auch die Wasserversorgung in Barsinghausen sicher zu stellen, so Härdrich. Gutachter Dr. Urban von H2U erklärte, man habe eine Studie zu drei unterschiedlichen Enthärtungsverfahren erstellt, die Kosten für die Bauinvestitionen und den Betrieb des neuen Wasserwerks geschätzt und am Ende habe dann eine Nutzwertanalyse gestanden. Bei den technischen Verfahren habe das CARIX besser abgeschnitten. Schon am 15. Mai seien die Ergebnisse der Verwaltung vorgestellt und im Juni eigentlich auch die letzten Fragen beantwortet worden. Auf Drängen von Bürgermeister Marc Lahmann habe es in der Folge einen weiteren Gesprächstermin gegeben.

Gutachter Dr. Urban

In seinen 25 Jahren als Gutachter sei noch nie eine derartige Tiefe der Studie gewünscht worden, unterstrich Urban, allerdings hätten auch diese Nachfragen nichts an den Ergebnis der Untersuchung geändert: das CARIX-Verfahren sei am besten geeignet. Für viele völlig überraschend war aber die Stadtverwaltung in Form der Beschlussempfehlung zu ganz anderen Schlussfolgerungen gekommen. Sie spricht sich für die Beibehaltung des Verfahrens zur Schnellentcarbonisierung vor, das im Wasserwerk aktuell noch angewendet wird. Außerdem soll die Geschäftsführung der Stadtwerke beauftragt werden, Gespräche mit anderen Wasserversorgern über einen möglichen Verkauf von „überschüssigem“ Wasser oder für Kooperationen zur Abgabe von Trinkwasser zu führen. In diesem Zusammenhang ist in den Unterlagen der Verwaltung von einer Menge in Höhe von rund 360.000 Kubikmeter pro Jahr die Rede, um die die Fördermenge erhöht werden könne. Und ferner solle die Geschäftsführung der Stadtwerke mit Nachbarversorgern Verhandlungen zur Herstellung eines leistungsstarken Leitungsverbundes aufnehmen. Lahmann begründete auch seine Nachfragen bei den Gutachtern. So seien ihm bei der Wirtschaftlichkeit erhebliche Schwankungen bei den Kosten aufgefallen. Wünschenswert sei zwar, dass es beim Neubau des Wasserwerks zu keinen weiteren Verzögerungen komme, allerdings müsse noch geprüft werden, inwiefern Wasser künftig weiterhin in die Südaue eingeleitet werden könne. Ergebnisse einer solchen Prüfung seien erst im kommenden April zu erwarten. Grundsätzlich präferierte Lahmann die Schnellentcarbonisierung vor dem CARIX-Verfahren, auch weil letzteres den Wasserpreis um 16 Cent pro Kubikmeter erhöhen könnte, führte Lahmann aus.

Hydrgeologe Ralf Ronscke

Ralf Ronschke, Hydrogeologe in Diensten der Stadtwerke, widersprach dem Verwaltungschef in Teilen seiner Darstellung. Keineswegs gebe es in Barsinghausen eine Mehrkapazität bei der Fördermenge in Höhe der besagten 360.000 Kubikmeter Wasser. Bei der Zahl handele es sich vielmehr um eine Reserve, die in dieser Größenordnung in einem Gebiet vom Deister bis zum Steinhuder Meer vorhanden sei. Der hiesige Grundwasserkörper sei kritisch und biete in keinster Weise die Möglichkeit einer zusätzlichen Wasserentnahme, so Ronschke. Dem schloss sich auch der technische Leiter der Stadtwerke, Thorsten Holzhausen, an.

Thorsten Holzhausen, technischer Leiter der Stadtwerke

„Wir müssen nachhaltig mit dem Grundwasser umgehen, das ist keine Handelsware.“ Holzhausen erinnerte auch daran, dass der Neubau eines Wasserwerks immerhin vier Jahre dauern dürfte. Kein Verständnis für Lahmanns Pläne zum Verkauf von Trinkwasser äußerte auch Georg von Ilten aus Langreder, immerhin werde es immer trockener. Zur Sprache kam auch das Thema Sulfat im Grundwasser. Sulfat sei generell kein unproblematischer Faktor und man könne heute noch nicht abschätzen, ob künftig diese Belastung des Wassers höher ausfallen werde. Momentan sei festzuhalten, dass insbesondere die Brunnen, die die größeren Wassermengen lieferten, eher mit Sulfat belastet seien. Und ein weiterer Anwohner aus Langreder gab zu bedenken, dass Landwirte aufgrund der geringen Niederschläge künftig wohl verstärkt Anträge zur Wasserentnahme aus privaten Brunnen einreichen dürften. Allein dadurch werde der Verbrauch des vorhandenen Grundwassers steigen. SPD-Ratsherr und Mitglied im Stadtwerke-Aufsichtsrat Maximilian Schneider betonte, die Stadt solle sich jetzt rasch für einen Neubau des Werkes und für das CARIX-Verfahren entscheiden. Ein entsprechender SPD-Änderungsantrag sieht unter anderem auch vor, dass der Verkauf von Trinkwasser außerhalb des Versorgungsgebietes nur zur kurzfristigen Überbrückung von zeitlich begrenzten Engpässen in angrenzende Versorgungsgebiete zulässig ist. Für die SPD sei außerdem völlig klar, dass das Wasserwerk neu gebaut und nicht saniert werden müsse. CDU-Ratsherr und Regionsabgeordneter Roland Zieseniß betonte, keiner wolle den heimischen Grundwasserleiter „leer verkaufen“. Eine zusätzliche Leitung zu einem anderen Anbieter würde die Wasserversorgung allerdings für die Zukunft schon sicherer machen, gab er zu bedenken. Außerdem wollte Zieseniß wissen, in wie vielen Fällen der Bau von CARIX-Anlagen genehmigt worden sei. Darauf antwortet Holzhausen, es sei keine Anlage bekannt, die nicht genehmigt worden sei. CDU-Fraktionsvorsitzender Gerald Schroth hielt den Bau einer neuen Schnellentcarboniserungsanlage für günstiger. Auch hätte er sich einen besseren und früheren Dialog zwischen Dirk Härdrich und den Ratsfraktionen gewünscht. Dies sei ein Versäumnis der Verwaltung, betonte der Ausschussvorsitzende und SPD-Vorsitzende Reinhard Dobelmann. Dass Härdrich bei der Sitzung des Finanzauschusse anwesend sei, habe er organisiert. Lobend zu den Stadtwerken äußerte sich Grünen-Ratsherr Thomas Lux. Diese hätten die Entscheidung für ein neues Aufbereitungsverfahren sehr gut vorbereitet. Seine Fraktion werde sich dem Antrag der SPD anschließen, Wasser zu verkaufen, habe Barsinghausen keinesfalls, so Lux. Da sowohl die CDU als auch „Aktiv für Barsinghausen“ noch Beratungsbedarf anmeldeten, wurde eine Abstimmung vertagt.

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