Naturschützer fordern Maßnahmen
REGION (red). Der Insektenschwund betrifft nicht nur die Honigbiene, sondern sämtliche Wildbienen und Hummeln, Schmetterlinge, Käfer und weiterer flügellose Insekten sowie zahlreiche andere Bestäuber. Das Summen verstummt, die Anzahl und Vielfalt der Insekten nimmt seit Jahren dramatisch ab. Dieser Rückgang bedroht nicht nur einzelne Arten des vielfältigen Insektenreiches, es stellt auch eine mittlerweile erkennbare Bedrohung für die Vogelwelt, diverse Kleinsäuger und zahlreiche durch Insekten bestäubte Pflanzenarten dar – und damit auch für die für den Menschen lebensnotwendigen Nutzpflanzen. Zahlreiche Ökosysteme und die gesamte Biodiversität hängen von der Arbeit der Bestäuber ab und sind entsprechend anfällig. Der Insektenschwund betrifft dabei nicht nur die Honigbiene, sondern sämtliche Wildbienen und Hummeln, Schmetterlinge, Käfer und weitere flügellose Insekten sowie zahlreiche andere Bestäuber.
Jetzt muss gehandelt werden. Der notwendige Einsatz dafür reicht von Maßnahmen zur Vermeidung von Herbiziden und Insektiziden bis hin zur Gestaltung neuer Lebens- und Nahrungsräume für die Insekten. Nachdem die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die Schadwirkung der Neonikotinoide im Februar 2018 bereits bestätigt hatte, wurden drei der Mittel (Imidacloprid, Thiamethoxam, Clothianidin) im April 2018 von der EU-Kommission verboten. Doch das Verbot gilt nur für Freiflächen und nicht für den Einsatz in Gewächshäusern. Außerdem sind viele weitere Insektizide aus der Gruppe der Neonikotinoide weiterhin erlaubt und zusammen mit Mitteln wie Glyphosat, das noch immer eingesetzt werden darf, tragen sie weiterhin als Kontakt- und Fraßgift zum Verlust der Artenvielfalt unter den Insekten bei. Neben dem Rückgang strukturreicher Landschaftsräume befördern des Weiteren penibel gepflegte „Gärten“ in Form von Steinwüsten oder trostlosen Rasenflächen den Artenschwund.
Naturnahe Gärten retten Insektenleben: Dabei kann jeder Hobbygärtner und Balkonbesitzer dazu beitragen, einen naturnahen, vielfältigen und gleichzeitig für uns Menschen ansprechenden Lebensraum für Insekten zu schaffen. Allerdings muss in diesem Fall auf z. B. Geranien oder Forsythien verzichtet werden, denn ihre für uns Menschen so ansprechend gefüllten Blüten bieten den Insekten keinen Nektar bzw. keinen Zugang dazu. Hingegen gibt es eine lange Liste an pollen- sowie nektarspendenden und auch optisch ansprechenden Pflanzen, die im heimischen Grün genutzt werden können, z.B. Winterling, Wiesensalbei, Wegwarte oder Wilde Möhre. Auch Wildsträucher wie Berberitze, Holunder oder Johannisbeere können eingesetzt werden. Idealerweise sollten diese Pflanzen so ausgewählt werden, dass von Frühling bis Herbst ein Nahrungsangebot für Insekten besteht. Zusätzlich bieten Obstbäume und Wildstrauchhecken den fleißigen Bestäubern ausreichend Nahrung. Neben der Nutzung solcher insektenfreundlichen Pflanzen gibt es noch weitere Möglichkeiten, Biene & Co. zu unterstützen – Stichwort „Insektenhotel“: Niststängel aus Schilfrohr, Bambus oder Holunderzweigen sowie angebohrte Hartholzklötze und mit Löchern versehene Lehmwände sind vor allem für Solitärbienen und Wespen gut geeignet. In einer Insektennistwand können die unterschiedlichen Lebensraumangebote kombiniert werden. Wichtig dabei ist eine sonnenexponierte, trockene und wettergeschützte Lage.
Doch die Möglichkeiten, den Insekten wieder verlorengegangenen Nahrungs- und Lebensraum zu schenken, sind noch wesentlich vielfältiger: Totholz und Trockenmauern bieten Unterschlupf – und Gartenwege aus Kies und Sand sind ein geeigneter Lebensraum für die Tiere. Wer das ebenfalls für Insekten hilfreiche „Unkraut“ bekämpfen möchte, sollte in diesem Fall statt chemischer Mittel wenigstens auf ökologisch unbedenkliche Produkte zurückgreifen, z.B. Brennnesseljauche. Schließlich können auch Vogeltränken oder andere Wasserquellen das Vorkommen der Insekten im Garten unterstützen – denn auch sie müssen gelegentlich Wasser zu sich nehmen. Wichtig dabei ist, dass die Wasserbereiche mithilfe von herausragenden, flachen Steinchen nicht zur Todesfalle werden.
Auch Kommunen und Unternehmen müssen handeln: Doch welche Möglichkeiten, den Insektenschwund zu reduzieren, gibt es außerhalb der Gärten? Auch hier sind die Maßnahmen vielfältig – im Bereich der marktwirtschaftlich orientierten Landwirtschaft jedoch nicht einfach umzusetzen. Zu den möglichen Verbesserungen zählen: blühende Feldraine, Hecken, Blühstreifen und in der Größe reduzierte Felder (diese besitzen gleichzeitig mehr strukturreiche Feldränder mit Nisthilfen und dienen außerdem als Orientierungshilfe). In Stadtgebieten sind außerdem die Erhaltung und Erschaffung von Grünflächen mit einheimischen Gehölzen und regionalem Wildblumensaatgut eine Option zu großflächig asphaltierten Gewerbeflächen. Auch im Verkehrsraum gibt es zahlreiche Alternativen: Fahrbahnränder, Verkehrsinseln oder Bahntrassen sind nur einige der Bereiche, die durch Wildblumenwiesen aufgewertet und für Insekten nutzbar gemacht werden können. Positiver Nebeneffekt laut wissenschaftlicher Untersuchungen: Wiesen mit Wildblumen sind in ihrer Pflege wesentlich günstiger für die Kommunen als regelmäßig zu mähende Rasenflächen und Staudenbeete.
Foto: Gerhard Papenburg