NFV begrüßt Ehrenamtliche zum Dankeschön-Wochenende mit Abstecher zu den kriselnden „Roten“

Dierßen: „Ein Spieler kann nur dann gute Leistungen bringen, wenn in der Mannschaft einer für den anderen eintritt“

96-Boss Martin Kind (2. von rechts) empfing die vom NFV-Vizepräsidenten Christian Röhling (rechts) begleiteten niedersächsischen Ehrenamtspreisträger*innen vor dem Zweitliga-Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim im Innenraum der Heinz von Heiden-Arena. Nach dem Fototermin bat er seine Gäste auf die andere Seite des Marathontores zum Gespräch.

BARSINGHAUSEN/REGION (red). Vor dem Anpfiff war Martin Kind noch zu Scherzen aufgelegt. „Mensch, ist das laut hier. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich für alle Hörgeräte mitgebracht“, flachste der Boss von Hannover 96 bei der Begrüßung der niedersächsischen Ehrenamtspreisträger*innen im Vorfeld des Zweitligaheimspiels gegen den 1. FC Heidenheim am vergangenen Freitag. Also bat der Mann, der aus dem kleinen Laden seines Vaters in Großburgwedel ein weltweit operierendes Hörgeräte und OptikUnternehmen gemacht hat, seine Gäste aus dem Innenraum der Heinz von HeidenArena auf die andere Seite des Marathontores in der Südkurve. Dort nahm er sich Zeit für die Teilnehmer*innen am DankeschönWochenende, mit dem der NFV bereits seit 1998 jene Menschen würdigt, ohne deren Engagement der Fußball in Deutschland nicht funktionieren würde auch nicht der bezahlte. Rund 1,6 Millionen Frauen und Männer engagieren sich als Ehrenamtliche oder Freiwillige in den fast 24.500 Fußballvereinen in Deutschland. In Niedersachsen sind es knapp 134.000. Stellvertretend für sie lädt der NFV aus jedem seiner Fußballkreise einmal im Jahr den jeweiligen Kreissieger bzw. Kreissiegerin zu einem sogenannten DankeschönWochenende ins Sporthotel Fuchsbachtal nach Barsinghausen ein. Von Anfang an dabei waren und sind die Partnerinnen und Partner, denn zur ehrenamtlichen Tätigkeit gehören immer zwei Personen: Die eine, die sie ausübt, und die andere, die sie mitträgt. Dies verdeutlichte auch NFVVizepräsident Christian Röhling bei seiner Begrüßung, in der er die Partnerinnen und Partner zudem als „Rückgrat der Ehrenamtlichkeit“ bezeichnete. Seinen Dank an die Preisträger*innen verband er mit dem Wunsch, „dass ihr auch in Zukunft weiterhin so engagiert seid und dabei helft, euren Verein, eure Organisation besser zu machen.“

Abschließend stimmte Röhling den Saal auf den bevorstehenden Besuch des Spiels in Hannover ein. Dabei blickte er zunächst noch einmal zurück. „Als leidenschaftlicher HSVFan muss ich mich für das vergangene Wochenende entschuldigen, an dem Hamburg 6:1 gegen Hannover gewonnen hat. Meiner Meinung nach zwei bis drei Tore zu hoch. Umso kräftiger drücke ich heute beide Daumen, dass 96 gegen Heidenheim einen oder besser sogar drei Punkte holt.“ Nun, sein Wunsch auf Schützenhilfe sollte sich nicht erfüllen. Mit 3:0 behielten die Schwaben die Oberhand, verdrängten damit den HSV von Platz zwei der ZweitligaTabelle und verlängerten die Krise von Hannover 96 mit nur einem Sieg aus den vergangenen zwölf Spielen. Der zweite Tag des DankeschönWochenendes begann mit einem Rundgang über die NFVAnlage im Fuchsbachtal, ehe die Ehrung der Ehrenamtspreissieger*innen auf dem Programm stand. Es folgte eine Talkrunde, an der aus jedem der vier NFVBezirke jeweils ein Vertreter bzw. eine Vertreterin teilnahmen. Claudia Budde (WeserEms), Christian Block (Lüneburg), Christoph Kröner (Hannover) und Marion Pospiech (Braunschweig) äußerten sich zu Themen des ehrenamtlichen Engagements. Präsentationen zum DFB-Mobil, der neuen NFV-Homepage sowie dem Netzwerk Junges Ehrenamt schlossen sich am Nachmittag an.

Der Abschlusstag war wie immer einem Überraschungsgast vorbehalten. In diese Rolle schlüpfte diesmal Bernd Dierßen, stellvertretender Direktor des NFV und Geschäftsführer des Sporthotel Fuchsbachtal. „Die Ehrenamtlichkeit ist das Herz des NFV“, sagte Dierßen, ehe der heute 63-Jährige im Gespräch mit Heiko Wiehn, der für den aus privaten Gründen verhinderten Landesehrenamtsbeauftragten Hermann Wilkens durch das Dankeschön-Wochenende führte, seine Profikarriere Revue passieren. Sie umfasst 140 Bundesligaspiele und 247 Zweitligaeinsätze für Arminia Hannover, Hannover 96 und Schalke 04. Anekdotenreich blickte Dierßen zurück. Zum Beispiel auf einen Spruch des Kult-Schiedsrichters Wolf-Dieter Ahlenfelder gegenüber seinem damaligen Hannoveraner Mitspieler und späteren NFV-Kollegen Bastian Hellberg. „Im Spiel gegen Stuttgart wurde Basti so richtig weggeräumt. Als er daraufhin am Boden lag, beugte sich Ahlenfelder über ihn und sagte: „Wenn Du Tischtennis spielen würdest, dann wäre Dir das nicht passiert.“ Dierßen, der 1977 schon mit 17 Jahren für Arminia Hannover sein Zweitligadebüt feierte, stand als Jugend-Nationalspieler auf dem Sprung zum 1. FC Köln. „Ich habe damals beim DFB zusammen mit Pierre Littbarski, Thomas Kroth und Bernd Schuster, mit dem ich auf einem Zimmer gelegen habe, gespielt. Wir hatten uns vorgenommen, bei dem ersten größeren Profivertrag zum selben Verein zu wechseln. Köln mit Trainer Hennes Weisweiler hatte ebenso Interesse wie Gladbach, wo Udo Lattek auf der Bank saß“, berichtete Dierßen. Auf Empfehlung seines DFB-Trainers Herbert Widmayer, einem alten Kumpel Weisweilers, entschied er sich für die Geißbock-Elf, machte aber bei seinem Aufenthalt in der Domstadt einen Fehler. „Der Vertrag wurde unterschrieben, allerdings nur von mir. Eine Woche später habe ich mich am Meniskus verletzt. Danach hat sich der 1. FC Köln nie mehr gemeldet.“

Unter dem Eindruck der Niederlage gegen Heidenheim wurde Dierßen nach der Zukunft des Hannoveraner Trainers Stefan Leitl gefragt. „Wenn man zum Ende der Saison noch immer keine erste Elf gefunden hat, dann wirft das schon Fragen auf. Allerdings sehe ich die Verantwortung eher bei den Spielern. Das ist für mich keine Mannschaft, die da auf dem Platz steht.“ Die heutigen Spieler, so Dierßen, hätten eine wesentlich höhere Qualität als die Spieler seiner Generation, „weil sie anders trainiert werden und andere Möglichkeiten haben. Aber die Faktoren, die früher sehr wichtig waren, sind es auch heute noch. Ein Spieler kann nur dann gute Leistungen bringen, wenn er sich in seinem Umfeld wohl fühlt, wenn er sich wie in einer Familie fühlt und wenn in der Mannschaft einer für den anderen eintritt. Ein Team muss zueinanderstehen – das ist das wichtigste.“ Deshalb hoffe er für 96 und Leitl, „dass sie in der nächsten Saison zu dieser mannschaftlichen Geschlossenheit finden werden.“

Bei der Ausrichtung des Dankeschön-Wochenendes wurde der NFV einmal mehr von Hannover 96 und der VW Sportkommunikation großzügig unterstützt. 96 stellte 90 Eintrittskarten für das Spiel gegen Heidenheim kostenlos zur Verfügung. VW Sportkommunikation spendete fünf VIP-Tickets für zwei Personen für ein Heimspiel in der kommenden Saison. Über diese durften sich die Sieger des Bundesliga-Tippspiels freuen. Zwar tippte keiner der Ehrenamtspreisträger*innen das richtige Ergebnis der Partie Bayern München gegen Hoffenheim (1:1), doch bei acht von ihnen stimmte immerhin die Halbzeitprognose (1:0). Deshalb wurde per Los ermittelt, welche drei Tipper sich den „Pott“ teilen durften und an wen die fünf VIP-Tickets gingen.

Foto: Kaletta