Gegen Rechtspopulismus: Jürgen Trittin fordert eine Erneuerung der europäischen Gründungsversprechen

Zusammen mit über 100 Besuchern war der Grünen-Politiker heute im Forum für Politik und Kultur zu Gast

Jürgen Trittin (Mitte) wird von Jörg Vandreier (li.) und Helmut Steinert vom Forum begrüßt.

BARSINGHAUSEN (ta). Wie kommt Europa aus der Krise? Dazu hatte das Forum für Politik und Kultur für den heutigen Abend den Grünen-Politiker und ehemaligen Bundesumweltminister, Jürgen Trittin, in den ASB-Bahnhof eingeladen. Nach einleitenden Worten von Helmut Steinert machte Trittin deutlich, dass Europa vor einer Zerreißprobe stehe. Ursache für die momentane Krise sei die noch nicht überwundene Finanzkrise in 2008, als eine neoliberale Politik durch Deregulierung versucht habe, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Im Zuge der folgenden Banken- und Wirtschaftskrise seien dann die Schulden der Banken in Staatsschulden umgemünzt worden, für die die Steuerzahler und Rentner aufkommen sollten. Die Art und Weise, wie mit dieser ökonomischen Krise umgegangen worden sei, habe dann die Nationalisten auf den Plan gerufen. Man müsse in Deutschland aber verstehen, dass die Arbeitslosen in Spanien und Griechenland „auch unsere Arbeitslosen sind“.

Bundeskanzlerin Merkel lüge, wenn sie sage, die griechischen Staatsfinanzen seien ohne einen Schuldenschnitt zu bewältigen, dies werde sich nach der Bundestagswahl ändern, prophezeite Trittin. Nötig sei eine Erneuerung der europäischen Gründungsversprechen, zu denen Frieden, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Wohlstand gehörten. Genau diese Versprechen gerieten nun durch die Autokraten und Rechtspopulisten unter Druck, daher komme den anstehenden Wahlen in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland eine besondere Bedeutung zu, denn hier werde auch gegen oder für Europa entschieden. Klar zu erkennen sei die Taktik der Rechten, die soziale Frage für sich nutzen zu wollen. So behaupte die AfD, der Anwalt der kleinen Leute zu sein, obwohl das Parteiprogramm insbesondere die Superreichen bevorteile. Auch liege das Heil nicht in einer irgenwie gearteten Volksgemeinschaft, betonte Trittin, denn ohne Europa werde es keine Souveränität geben. Nun habe die Wahl Trumps zum neuen US-Präsidenten die Welt noch unsicherer gemacht, denn die USA seien auf dem Weg hin zu Abschottung und Wirtschaftsnationalismus. Geostrategisch habe Trump China zum neuen Hauptfeind erklärt, aber gleich dahinter folge schon die Europäische Union, wo Trump auf weitere Spaltung hoffe, um die Verhandlungsposition der USA zu stärken, analysierte Trittin. Zu den Themen Migration und Flüchtlinge schrieb der Grünen-Politiker den Europäern eine gemeinsame Außenpolitik ins Stammbuch, damit Menschen nicht mit Booten über das Mittelmeer nach Europa gelangen müssten. Dem Vorschlag von SPD-Fraktionschef Oppermann, Flüchtlingslager in Nordafrika zu errichten, erteilte Trittin eine Absage. Nötig seien vielmehr eine gemeinsame Flüchtlingspolitik der EU und Antworten auf die Verbitterung aus der Finanzkrise.

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