Ökostation fordert deutlich mehr Einsatz für den Klimaschutz

Auch sollte die Stadt zügig für Ersatz für die ausgeschiedene Klimaschutzmanagerin sorgen

BARSINGHAUSEN (red). Der Vorsitzende des Vereins Ökostation Deister-Vorland, Frank Roth, zieht zu den Bemühungen für mehr Klimaschutz in Barsinghausen eine gemischte Zwischenbilanz: „Wieviel Zeit haben wir noch?  Wie geht es weiter mit dem Klimaschutz? – Der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase muss bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990 mindestens 65 Prozent gesenkt werden – so die Landesregierung. Wie kann Barsinghausen die Klimaneutralität erreichen, wenn nicht durch massives praktisches Handeln?

Klimaschutzmanagerin der Stadt weg: Der plötzliche Weggang unserer Klimaschutzmanagerin überrascht. Die Erwartungen in die selbst gesteckten und auch anerkannten Ziele sind kaum erfüllt: Plattformen für Betriebe, Vernetzung zwischen den Akteuren, Bürgerinnenbeteiligung an der Energiewende. „Ich möchte die Weichen für eine Wärmeversorgung der Barsinghäuserinnen und Barsinghäuser, die möglichst wenig Kohlenstoffdioxid produziert, stellen“, – so die Klimaschutzmanagerin zu Beginn ihrer Tätigkeit. Zur Wärmewende: Fast 50% des Wärmebedarfs benötigen die Wohnhäuser in Deutschland. Unser Althausbestand von ca. 5000 Wohngebäuden erfordert seit Jahren eigentlich ein lokales Beratungsangebot – aber sowohl lokale Kapazitäten als auch ausführende Firmen stehen kaum zur Verfügung. Und die Klimaschutzagentur in Hannover verlegte sich wegen der extrem hohen Anfragen vorwiegend auf die digitale Beratung. Aber Haus für Haus und Straße für Straße wären zu überprüfen. Wer füllt nun die Lücke und zwar möglichst bald? Offenbar ist die Stelle noch gar nicht wieder ausgeschrieben.

Nachbargemeinden hochaktiv: Barsinghausen prüft. Während die Umlandgemeinden mit kreativen Klimaschutzmanagern erfolgreich punkten, bewegt sich in Barsinghausen wenig: Wir prüfen – die Klimaneutralität für Neubaugebiete und die Geothermie an Schacht 4. Bis da was konkret wird, sind wieder Jahre vergangen.

Hilfe aus Berlin: Die von der Ampel geförderte Klimaschutz-Konzeptarbeit ist vom Rat beschlossen worden. Auch gibt es neue Umsetzungshilfen für Kommunen –  aber wer kann sich jetzt schwerpunktmäßig darum kümmern?

Sind die Klimaziele in Barsinghausen noch erreichbar? Aktuell erfreulich sind einige  PV-Installationen auf Gewerbehallen  mit ca. 700 kWp. und auch kleinere PV-Anlagen auf Kitas sollen kommen. Das alles ist gut und notwendig. Aber reicht das? Natürlich nicht. Bundesweit werden bereits 48% aus erneuerbarem Strom verbraucht und dazu kommt, dass Deutschland auch noch Strom in großen Mengen exportiert – 25 Milliarden kWh – die auch aus Braunkohle stammen. Das wäre mit mehr PV so nicht passiert. Aber die Gletscher in den Alpen sind bereits verloren, und um das Klimaziel 1,5 Grad muss man sich nicht mehr streiten: Die Industrienationen als Verursacher stellen sich bereits auf 2,0 Grad ein – die Folge-Folge-Generationen werden es danken. Barsinghausen tut sich seit Jahren schwer (insbesondere unter dem vorherigen CDU-Bürgermeister Lahmann). Für den Haushalt 2022 wurde auf Antrag der Grünen eine Bezuschussung von 100 Mini-PV Anlagen (bis 600W) mit je 100€ genehmigt. Das ist aber eher ein Trostpflaster für Klima-verängstigte Menschen als ein wirklicher kommunaler Schritt nach vorn: Maximal erzeugen diese 100 Mini-PV-Anlagen je ca. 500kWpro Jahr, zusammen also etwa 50.000kW pro Jahr. Das ist schön, weil jede so erzeugte Kilowattstunde zählt und es auch für Einzelne bestimmt eine Ersparnis bringt. Aber: Allein gerade jetzt in den aktuellen 60 Minuten verbraucht Barsinghausen bereits ca. 25000 kW! Soweit zum möglichen Beitrag dieser 100 Anlagen. Und dann wird dieser Beschluss im Rat noch mit Sperrvermerk versehen, das hat den Effekt noch um ein halbes Jahr verzögert. Warum dieser Sperrvermerk von der CDU durchgesetzt wurde – welches Interesse steckt dahinter? Solche Blockaden der erneuerbaren Energien kennen wir von der Merkel-Regierung, sie haben die Republik nachhaltig beschädigt – die Gas- und Kohlefirmen haben gewonnen, das Klima hat verloren.

Deswegen sieht unsere Strombilanz ziemlich schlecht aus:

Zum Beispiel 12.02. um 8.30 Uhr: Die aktuellen Stromwerte im Avacon-Energiemonitor bei Starkwind und PV auf null:

Erzeugung Strom je 15min:    ca. 1.200 kW Wind  

Verbrauch Strom je 15 min:  ca. 6.200 kW gesamt                      

                                                       4.100 kW Industrie + Gewerbe

                                                       2.000 kW Privathaushalte                                                            

                                                    159 kW kommunale Anlagen

  1. Es werden gerade ca. 22% des aktuellen Stromverbrauchs fast allein durch Wind erzeugt. Mehrere Windräder sind also noch nötig!
  2. Die kommunalen Anlagen verbrauchen relativ wenig und der Verbrauch verändert sich kaum, so die Werte in den vergangenen Wochen.

Die Stadt kann mit mehr PV auf eigenen Dächern einen Großteil ihres Stromverbrauchs selbst abdecken, denn zur Zeit sind nur 20% der kommunalen Dachflächen belegt.

  1. Industrie und Gewerbe haben als größte Verbraucher auch das größte Potential zum Einsparen und zur Selbstversorgung mittels PV. Deswegen ist der Versuch der Verwaltungsspitze, den Firmen PV-Investitionen nahezulegen, sicher sinnvoll.
  2. Wir von der Ökostation haben die Selbstbau-Initiative für PV angeschoben. Mittlerweile sind bereits über dreißig TeilnehmerInnen dabei.
  3. Erfreulich ist auch die neue Gruppe um Udo Sahling. Hauptaspekte werden sicher Windräder für Barsinghausen und ggf. eine Energiegenossenschaft o.ä. sein.

 

Und was macht die Politik? Abwarten und Teetrinken? Bei dem aktuellen Durcheinander ist nicht viel Eigeninitiative der Parteien für den Klimaschutz zu erwarten. Vielleicht könnten wenigstens einige der letzten Wahlprogramme zur Energieerzeugung genutzt werden, allerdings nur mit Feinstaubfilter“, so Frank Roth.

Foto: Ökostation