Pflegebonus für die Altenpflege: „Einmalige Prämie ist ein Tropfen auf den heißen Stein“

Die Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Gleichstellungsbüros übt scharfe Kritik

REGION/NIEDERSACHSEN (red). Eine einmalige Prämie bis zu 1.000 Euro sollen Pflegekräfte für ihren außerordentlichen Einsatz während der Corona-Pandemie erhalten, weitere 500 Euro sollen von den Ländern und den Arbeitgeber*innen dazu gegeben werden. Ist dieser Pflegebonus nun ein Grund zum Jubeln? Ist er eine angemessene Entschädigung für diejenigen, die mit ihrem Einsatz für erkrankte und pflegebedürftige Manschen in den letzten Wochen bis an ihr Limit und oft genug über die Belastungsgrenze hinausgegangen sind? Für die Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauen- und Gleichstellungsbüros Niedersachsen (lag) ist der Pflegebonus in Höhe von maximal 1.500 € nicht viel mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. „Völlig unzureichend und ungenügend,“ sagt Angelika Kruse aus dem Vorstand der lag, „und ein viel zu geringer Betrag gemessen an der Leistung in der Altenpflege, besonders unter den erschwerten Bedingungen und den besonderen Belastungen in der Corona-Krise.“ Die Einkommenssituation in der Altenpflege ist von jeher miserabel. So wie viele andere Frauenberufe gehört gerade die Pflege zu den Berufsgruppen, die äußerst schlecht bezahlt sind. Das ist seit Jahren bekannt und unter anderem Ursache für den extremen Personalmangel. Der Kreislauf von schlechter Bezahlung, Fachkräftemangel und unzureichenden Arbeitsbedingungen wurde bedauerlicherweise in der Vergangenheit stillschweigend in Kauf genommen. Doch wie durch ein Vergrößerungsglas hat nun die Corona-Pandemie die Strukturprobleme in der Altenpflege überdimensional sichtbar gemacht. Eines ist jedoch sicher: Strukturelle Probleme lassen sich nicht durch eine finanzielle Einmalzahlung beheben. Insofern ist der Pflegebonus aus Sicht der lag eine reine Augenwischerei. Denn gleichzeitig ist in den vergangenen Wochen klar geworden, dass unsere Gesellschaft ohne die Altenpflege nicht funktioniert. Pflegearbeit – ganz überwiegend schlecht bezahlt von Frauen geleistet – ist systemrelevant! In Pandemiezeiten ist gute Pflege wichtiger als vieles, vieles andere. Sicherlich, die beschlossene Einmalzahlung erscheint vordergründig für die Altenpflege als ein wertvoller Anerkennungsbetrag. Aber insgesamt benötigen die Beschäftigten in dieser Branche sehr viel mehr. Die Altenpflege braucht tiefgreifende strukturelle Veränderungen. Es bedarf dringend einer kompletten Neubewertung dieser Arbeit, einer kontinuierlichen finanziellen Aufwertung, geregelt in allgemeinverbindlichen Tarifverträgen. Es braucht mehr Personal in der stationären und ambulanten Altenpflege und insgesamt eine weitreichende Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Für die lag darf sich die neue Aufmerksamkeit, die die Altenpflege in der Pandemiezeit erhalten hat, nicht auf eine einmalige Prämie in Höhe von 1.500 Euro begrenzen. Das Thema Pflege muss in allen Facetten, in denen sich jetzt die Schieflagen überdeutlich gezeigt haben, neu betrachtet werden. Vor allen Dingen müssen Maßnahmen folgen, die anhaltend zu deutlichen finanziellen Verbesserungen in der Altenpflege führen. Die lag fordert, sofort damit zu beginnen, die Altenpflege strukturell neu auszurichten, nicht erst nach der Corona-Pandemie!

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