300 Demonstranten machen vor dem Landtag gegen Straßenausbaubeiträge Front

Mit vor Ort waren zahlreiche Mitglieder der Barsinghäuser Siedlergemeinschaften

HANNOVER/BARSINGHAUSEN (red). Viele Mitglieder der Barsinghäuser Siedlergemeinschaften haben zusammen mit anderen Mitgliedern des Verbands Wohneigentum Niedersachsen und Interessengruppen aus ganz Niedersachsen an der Demonstration vor dem Niedersächsischen Landtag teilgenommen und anschließend die öffentliche Anhörung als Zuhörer besucht. Rund 300 Personen standen vor dem Landtagsgebäude und äußerten ihren Unmut zu den unsozialen Straßenausbaubeiträgen. In der Anhörung gaben 8 Personen ihre Stellungnahmen zum Antrag der FDP ab, die Straßenausbaubeiträge ersatzlos zu streichen. Auch Herr Beckmann und Herr Eggers vom Barsinghäuser Aktionsbündnis für soziale Kommunalabgaben (ASK-BISS) kamen zu Wort. Ulrich Mende, der Vertreter der Kommunalen Spitzenverbände, wurde vom Vorsitzenden des Ausschusses für Inneres und Sport des Niedersächsischen Landtags, Thomas Adasch, zuerst das Wort erteilt. Mende wies darauf hin, dass die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge durch den Niedersächsischen Landtag rechtswidriger Weise in die kommunale Selbstverwaltung eingreifen würde. Darüber, wer was bezahlen soll, sollen auch in Zukunft die Kommunen alleine entscheiden dürfen. Es sollen nur die bezahlen, die von der Sanierung der Straßen einen Vorteil haben. Das sind nun einmal die Anlieger. Die Kosten dafür sind von jedem Eigentümer einplanbar, wie z.B. die Erneuerung des Daches, der Fassade oder der Heizung. Reinhold von Thadden vom Mieterbund vertrat die Auffassung, dass bei einer Abschaffung der Straßenausbaubeiträge dies zu einer Erhöhung der Grundsteuer führen würde. Irgendwie müssen die fehlenden Beiträge ja kompensiert werden. Nach den §§ 1 und 2 der Betriebskostenverordnung kann die Grundsteuer vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden. Die Kosten für die Sanierung der Straßen gehören wie die Kosten für die Erneuerung der Heizung und des Daches zu den  Reparaturkosten, die aber bereits in der Kaltmiete enthalten sind und nicht noch einmal durch die Mietnebenkosten dem Mieter auferlegt werden können. Bernhard Zentgraf vom Steuerzahlerbund hat ermittelt, dass sich die Straßenausbaubeiträge, die die Kommunen in Niedersachen jährlich erheben, sich auf 80 bis 100 Millionen Euro belaufen. Hier ist darauf hinzuweisen, dass die Kommunen in Niedersachsen im Jahr 2017 einen Überschuss von 635 Millionen Euro erwirtschaftet haben. Damit können folglich die 100 Millionen an Beiträgen kompensiert werden. Eine Erhöhung der Steuern ist somit nicht erforderlich. Ein wirtschaftlicher Vorteil durch die Straßensanierung ist außerdem nicht messbar. Die Kommunen dürfen die Straßen nicht verkommen lassen. Die Straßen müssen von den Kommunen regelmäßig repariert werden. Dafür müssen die Kommunen Rücklagen bilden. Ferner könne das Land entsprechende Förderprogramme für die Straßensanierung durch die Kommunen bilden, die mit den Einnahmen aus der KFZ-Steuer finanziert werden. Tibor Herczeg vom Verband Wohneigentum Niedersachsen e.V. (VWE) wies darauf hin, dass es nach §14 des Niedersächsischen Straßengesetzes nicht in Ordnung ist, die Kosten für den Straßenausbau über die Anlieger der Straßen zu kompensieren. Die Kommunen sind für die Unterhaltung ihrer eigenen Straßen zuständig. Die Ermächtigungsgrundlage, auf die die Kommunen ihre Straßenausbausatzungen stützen, ist daher sehr problematisch. Zumal es in § 6 des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes heißt: „Die Kommunen müssen keine Straßenausbaubeiträge erheben. Auch die Wiederkehrenden Beiträge gemäß § 6b des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes lehnt Herr Herczeg ab, da sie mit einem immens hohen Verwaltungsaufwand verbunden sind. Die Stadt Springe musste 4 neue Mitarbeiter einstellen und eine Kanzlei beauftragen, die die Satzung formulierte. Die Kanzlei hat dafür 250.000,00 € bekommen und kann nicht garantieren, dass die Satzung vom Oberverwaltungsgericht Lüneburg nicht für rechtswidrig erklärt wird. Für die Kommunen ist es daher finanziell günstiger die Sanierung ihrer Straße aus dem laufenden Haushalt zu bezahlen. Sie sparen Personalkosten, Beratungskosten, Prozesskosten und vermeiden unnötige streitige Auseinandersetzungen und Diskussionen. Und das wichtigste ist, es werden keine Existenzen bedroht und vernichtet, insbesondere die von Rentnern oder jungen Familien. Dr. Reinhold Horst vom Eigentümerverband Haus&Grund lehnte die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen durch die Kommunen ab, weil sie ruinös und existenzvernichtend sind. Warum soll der Anlieger für eine Straße bezahlen, die ihm gar nicht gehört. Der aktuelle Instandhaltungsstau bei den kommunalen Straßen wurde von den Kommunen in böswilliger Weise hervorgerufen, um die Anlieger mit den Kosten belasten zu können. Dafür erhielt Horst spontanen Beifall der vielen Zuhörer, obwohl dies nicht erlaubt war. Herr Beckmann von der ASK-BISS wies darauf hin, dass auch die Straßen, die im Eigentum der Kommunen stehen, dem Gemeingebrauch unterliegen. Jedermann hat somit ein Teilhaberecht auch an allen kommunalen Straßen. Herr Eggers von der ASK-BISS machte deutlich, dass die Straßen alle bezahlen müssen, weil alle sie benutzen. Harald Wedemeyer vom Landesbauernverband kritisierte, dass im ländlichen Bereich die Anlieger, die Eigentümer großer Grundstücke sind, mehr bezahlen müssen, als die Anlieger, die Eigentümer kleiner Grundstücke sind. Im Durchschnitt leben auf jedem Grundstück zwei Eheleute mit zwei Kindern. Also gibt es auf jedem Grundstück zwei Erwachsene mit je einem Auto, die die Straße nutzen. Die mit dem größeren Grundstück nehmen die Straße nicht mehr in Anspruch, als die mit dem kleinen Grundstück. Von den acht angehörten Interessenvertretern waren 6 der Auffassung, dass die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen unsozial ist. Alle acht Interessenvertreter beantworteten die Fragen der Ausschussmitglieder. Am Schluss der Anhörung teilte der Ausschussvorsitzende Thomas Adasch mit, dass alle Abgeordneten das Protokoll dieser Anhörung erhalten werden, sodann wird der Ausschuss für Inneres und Sport beraten und danach wird das Plenum voraussichtlich nach der Sommerpause über den Antrag der FDP entscheiden.

Foto und Text: Joachim Bauer, 1. Vorsitzender der Siedlergemeinschaft Goltern