Bürger, Politiker und die Verwaltung gedenken der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft

Zum 71. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz hielt Bürgermeister Marc Lahmann eine Rede und legte einen Kranz am Gedenkstein nieder

IMG_9792BARSINGHAUSEN (ta/red). Heute jährt sich der Jahrestag der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz zum 71. Mal. Aus diesem Anlass versammelten sich zahlreiche Bürger sowie Vertreter von Kirche, Politik und Verwaltung am Gedenkstein zwischen der Klosterkirche und dem Rathaus, um den Opfern des nationalsozialistischen Terrors zu gedenken. Bürgermeister Marc Lahmann, der zusammen mit Ratsfrau Bettina Klein einen Kranz niederlegte, sagte: „Auschwitz – dieser Name gilt weltweit als Inbegriff eines organisierten Massenmordes. 1,35 Millionen Juden, 20.000 Sinti und Roma und 100.000 weitere Insassen wurden hier vom nationalsozialistischen Regime ermordet. Dies geschah aus rassistischen oder politischen Gründen oder einfach deswegen, weil sie anders waren. Neben Auschwitz existierten damals noch sieben weitere Vernichtungslager. Diese Todesfabriken forderten schlussendlich ca. sechs Millionen Menschenleben. Am heutigen Tage, den 27. Januar, jährt sich die Befreiung des Lagers Auschwitz-Birkenau im Jahre 1945 durch die alliierten Soldaten zum 71-igsten Mal. Die Welt war über die Gräuel, die damals ans Licht kamen, schockiert. Damit die Erinnerung und das Gedenken an diese furchtbaren Ereignisse und Taten nicht verblasst, hat 1996 der damalige Bundespräsident Roman Herzog den 27. Januar mit den Worten „Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen“ zum nationalen Gedenktag erklärt. Denn auch heute noch werden überall auf der Welt Verbrechen begangen, die ihre Grundlage in der Diskriminierung und Ablehnung von Menschen haben, die eine andere Religion ausüben, aus einem anderen Land kommen, eine andere sexuelle Orientierung haben, andere politische Ansichten vertreten oder einfach nur Ihre eigene Meinung vertreten. Man sollte meinen, dass die Menschheit aus der Schreckensherrschaft des nationalsozialistischen Regimes gelernt hat. Doch dem ist leider nicht so. Durch die Ausübung von Macht durch einzelne Personen oder Organisationen, sowie auch aus Unwissen, Vorurteilen und Ablehnung, werden immer wieder schrecklichste Verbrechen und verabscheuungswürdige Handlungen begangen. Wie gegenwärtig die Gefahr durch Krieg, Vertreibung und den brutalen Terrorismus des Islamischen Staates ist, zeigt sich durch die große Menge an Flüchtlingen, die in Europa und insbesondere Deutschland, Zuflucht suchen. Mittlerweile leben gut 500 von Ihnen hier unter uns in Barsinghausen. Nur gemeinschaftlich konnte es erreicht werden, dass diesen hilfsbedürftigen Menschen eine menschenwürdige Unterkunft zur Verfügung gestellt wird und erste Schritte zur Integration getätigt werden. Den Vereinen, Verbänden, Unternehmen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung und den Bürgerinnen und Bürgern, seien diese hauptamtlich oder ehrenamtlich organisiert, Danke ich an dieser Stelle ausdrücklich und zolle Ihnen Anerkennung und Respekt für das bisher Geleistete. Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Leider vergeht fast kein Tag, an dem nicht in Deutschland rassistische oder gewalttägige Übergriffe auf Flüchtlinge der Flüchtlingsunterkünfte erfolgen. Umso bestürzter bin ich, dass vergangenen Samstag in Barsinghausen ein Brandanschlag auf die in Bau befindliche Flüchtlingsunterkunft an der Hannoverschen Straße verübt worden ist. Diese verabscheuungswürdige Tat ist in keinster Weise zu entschuldigen oder zu tolerieren. Sie wiegt umso schwerer, da billigend in Kauf genommen wurde, dass die Kameradinnen und Kameraden der Feuerwehr durch explodierende Gasflaschen verletzt und getötet hätten werden können. Ich kann verstehen, dass Bürgerinnen und Bürger verunsichert sind und Angst haben, ob Deutschland oder wir hier lokal in Barsinghausen diesem großen Flüchtlingsaufkommen gewachsen sind. Wofür ich kein Verständnis habe, sind Verbrechen, die aus die-sen Motiven erfolgen. Nur durch gemeinsamen Dialog, Respekt und Toleranz voreinander können Vorurteile abgebaut werden, damit solche Verbrechen nie mehr entstehen. Jeder von uns hat in seiner Familie, im Freundeskreis, auf der Arbeit und im Verein Menschen um sich, die hier in Deutschland oder in anderen Teilen der Welt, Vorurteilen, Diskriminierungen, Verfolgungen und Verbrechen ausgesetzt sind bzw. waren, auf Grund einer vermeintlichen Andersartigkeit. Der heutige Gedenktag, welcher das gemeinsame Erinnern und Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und des Krieges hat, um sie und ihre Leiden vor dem Vergessen zu bewahren, sollte uns auch Anlass dazu geben, auf diese Menschen zuzugehen, um aus der „Andersartigkeit“ eine Gleichheit hervorzurufen. Denn im Grunde sind alle Menschen gleich. Auch deshalb steht der Schutz der Menschenrechte ganz am Anfang unserer Verfassung, des Grundgesetzes. Dort heißt es: Die Würde des Menschen ist unantastbar! Ohne Respekt für die Menschenrechte und die Würde des einzelnen Menschen kann kein Land und keine Gesellschaft Fortschritte machen oder sich weiterentwickeln. Dies ist die Lehre und das Vermächtnis, das die Erinnerung an Auschwitz von Generation zu Generation weiterreicht. Wir gedenken der Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes und legen ihnen zu Ehren einen Kranz am Gedenkstein nieder. Gedenken wir Ihnen aber nicht nur am heutigen Tag, sondern an jedem Tag, so dass das Vermächtnis und die Lehre von Auschwitz unser tagtägliches Handeln und Wirken bestimmen mag, damit solch schreckliche und unvorstellbaren Taten, die im Namen des deutschen Volkes verübt worden sind, sich niemals auf unserer schönen Welt wiederholen. Wir werden das Geschehene nicht vergessen.“

IMG_9787

IMG_9789

IMG_9788

IMG_9790Foto: ta